Sein Markenzeichen ist seine Sonnenbrille. Weißes Gestell und farbige Spiegelgläser – das Ding könnte aus dem Nachlass einer Hippie-Kommune stammen. Doch René Rast, der am Samstag in Abu Dhabi seinen zweiten Titelgewinn im Porsche Mobil 1 Supercup feierte, ist alles andere als ein Paradiesvogel. "Ich bin von Haus aus eher ein ruhiger Typ. Doch wenn es irgendwo was zu feiern gibt, verstecke ich mich nicht", sagt der 25-jährige Steyerberger. Dazu lächelt er so verschmitzt wie ein Pennäler, der seinem Lehrer eine Reißzwecke auf den Stuhl gelegt hat und jetzt gespannt darauf wartet, dass er sich endlich setzt.

Mit dem Porsche 911 GT3 Cup von Lechner Racing ist er als klarer Titelfavorit in die Saison gestartet. Trotzdem kam er nur langsam in die Gänge. Beim Saisonauftakt in Istanbul wurde er Fünfter, in Barcelona musste er sich mit dem siebten Platz begnügen. "Das war alles andere als ein Auftakt nach Maß", sagt er, "aber noch kein Grund zur Panik. Vielleicht waren wir uns nach unserem Titelgewinn 2010 einfach zu sicher." Natürlich spürte er den Druck der großen Erwartungen – aus der Ruhe bringen ließ er sich dadurch aber nicht: "Ich gehe jedes Rennen ruhig und besonnen an, alles andere bringt nichts."

Geduld macht sich bezahlt

Seine Geduld zahlte sich aus: Schon in Monaco meldete er sich mit seinem ersten Saisonsieg eindrucksvoll im Titelkampf zurück. Dieses Erfolgserlebnis in der Glitzerwelt der Schönen und der Reichen war hart verdient, denn im Kurvenlabyrinth von Monte Carlo müssen die Fahrer 34 Mal pro Runde den Gang wechseln. René Rast: "Das ist absolute Schwerstarbeit. Doch wenn du dann in der Fürstenloge den Siegerpokal abholst, ist alles vergessen."

Für den Titelverteidiger war dieser Erfolg im Fürstentum an der Cote d´Azur eine Art Initialzündung nach seinem eher verhaltenen Saisonstart. Mit dem Sieg auf der legendären Nürburgring-Nordschleife, wo der Porsche Mobil 1 Supercup im Rahmen des erstmals ausgetragenen Porsche Carrera World Cup am Start war, dem größten Porsche-Rennen aller Zeiten mit 100 Teilnehmern aus 25 Nationen, feierte er den größten Erfolg seiner Karriere. "Dieses Rennen zu gewinnen war ein unbeschreibliches Gefühl", sagt er zu seinem Parforceritt auf der regennassen Traditionsrennstrecke. "Ich bin vorher noch nie mit einem Porsche auf der Nordschleife gefahren und die Bedingungen waren wirklich sehr schwierig. Der Schlüssel zum Erfolg war, dass ich nicht den kleinsten Fehler gemacht habe."

Der Mann der Stunde

Nach diesem Doppelschlag war René Rast der Mann der Stunde im Porsche Mobil 1 Supercup. Auch in Silverstone blieb er nichts schuldig: Auf der legendären Rennstrecke in den britischen Midlands feierte er seinen dritten Sieg in Serie. Damit übernahm er auch die Tabellenführung. Als der schnellste internationale Markenpokal der Welt zum 200. Rennen seiner erfolgreichsten Geschichte auf den Nürburgring zurückkehrte, war René Rast erneut zur Stelle und setzte bei typischem Eifelwetter seine eindrucksvolle Erfolgsserie mit dem vierten Sieg fort. "Das war ein perfektes Rennen", blickt er zurück. "Für uns war das auch im Hinblick auf die Meisterschaft ein tolles Wochenende."

Eine seiner großen Stärken ist sein grenzenloses Selbstvertrauen. Auch in kritischen Situationen verliert er selten den Überblick. "René ist keiner, der dumme Fehler macht, wenn er unter Druck steht", sagt Kuba Giermaziak, der ihm bis zum Finale in Abu Dhabi einen harten Kampf um den Titel lieferte. Das hat der alte und neue Meister vielen seiner Konkurrenten voraus. "Ich glaube an mich und ich weiß, was ich kann", sagt er. "Innerlich bin ich genauso angespannt wie meine Gegner. Ich lasse mir das nur nicht so anmerken."

Typisch Rast

Das ist typisch René Rast: Die starke Konkurrenz im Porsche Mobil 1 Supercup sieht er nicht als Problem, sondern als Herausforderung. Mit dieser Einstellung ist er schon als Knirps ganz gut gefahren. Sein erstes Rennen bestritt er mit vier Jahren – mit einem Elektroauto auf einem Supermarkt-Parkplatz in Steyerberg. Seine Gegner waren gut und gerne doppelt so alt wie er, trotzdem hat er gewonnen. Er machte einen kurzen Abstecher zum Motocross, bevor ihn sein Onkel in ein Kart setzte.

Von diesem Zeitpunkt an arbeitete er konsequent an seiner Rennfahrerkarriere: 2003 und 2004 war er in der Formel BMW unterwegs, 2005 gewann er den VW Polo Cup. Am Steuer eines Porsche 911 GT3 Cup saß er erstmals 2007, ein Jahr später feierte er den Gesamtsieg im Porsche Carrera Cup Deutschland. In seiner ersten Saison im Porsche Mobil 1 Supercup gewann er die meisten Rennen, war am Ende aber nur Zweiter. 2010 holte er dann den Titel.

Auf dem Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung lag er auf dem Hungaroring vor den Toren Budapests zeitweise in Führung lag, musste seinen Porsche 911 GT3 Cup dann aber mit technischen Problemen abstellen. Dadurch verlor er zwar seine Führung in der Gesamtwertung, nicht aber die Zuversicht im Titelkampf. Schon nach dem Rennen in Spa-Francorchamps, wo er sich mit dem zweiten Platz begnügte ("Wenn ich keine Chance sehe, lasse ich es lieber"), lag er wieder an der Spitze. Auch in Monza ging er kein unnötiges Risiko ein, kam erneut als Zweiter ins Ziel und war damit überaus zufrieden: "Für die Meisterschaft sieht es jetzt ganz gut aus", sagte er. "Jetzt müssen wir in Abu Dhabi nur noch einigermaßen vorne mitfahren, dann dürfte nicht mehr viel schief gehen." Diese vergleichsweise einfache Taktik setzte er in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate in die Tat um. Und holte souverän den Titel.