Peter Clifford, der in der Anfangszeit der 990er-Ära das WCM-MotoGP-Team leitete, sieht die Entwicklungen der letzten Jahre durchaus kritisch und findet auch nicht, dass es unbedingt besser wird, wenn man ständig an den Regeln arbeitet. Er glaubt auch noch nicht daran, dass in Punkto Reglement bezüglich der Motoren das letzte Wort gesprochen ist. "Es ist interessant zu sehen, dass Flammini nicht alle im ersten Augenblick vor das Gericht gezerrt hat, oder ähnliches", kommentierte Clifford die Regeländerungen in der Moto2 und die anstehenden Änderungen in der MotoGP für 2012 auf MotoMatters.com. "Natürlich wissen wir nicht genau, was der Vertrag mit der FIM besagt. Vielleicht hat er den Vertrag anders interpretiert und seine Leute bei der FIM haben ihm gezeigt, wie der Vertrag richtig zu lesen ist. Vielleicht aber, wartet er nur auf die neue Wahl bei der FIM und stellt sicher, dass er die richtigen Leute positioniert und die werden dann den Vertrag für ihn 'richtig' lesen. Dann könnten vielleicht auch die Moto2-Regeln wieder verbannt werden."

Politische Launen spielen heute für Clifford den größten Faktor im Motorradrennsport. "Venemoto [Team begründet von Ippolitos Vater] hat Grands Prix und Weltmeisterschaften gewonnen, mit TZ-Maschinen", erinnerte er an die Zeiten, als es noch Production-Racer gab. "Und da sind wir wieder bei der Sache, die Politik. Und die armen alten Teams, hauptsächlich eben die Privat-Teams, ob nun in der Moto2 oder der MotoGP, sind der Gnade der politischen Launen ausgesetzt. Derzeit läuft alles in die richtige Richtung, doch wenn es wieder in eine Andere geht, dann ändert sich wieder alles. Es ist ein sehr unsicherer Untergrund, auf dem sich hier alle bewegen und auf dem man die Zukunft des Motorradrennsports aufbauen will." Was man brauche sei Stabilität. Hier kommt auch das Beispiel der Formel 1 hinzu. In den letzten Jahren hat es immer wieder Regeländerungen gegeben, was auch ein Grund dafür war, dass die Kosten ins Unermessliche stiegen, Private kaum eine Chance hatten.

"Früher, als es noch 125, 250 und 500er waren, das waren die Regeln, man wusste das man in eine Ausstattung investiert, die man wieder verkaufen kann", erinnerte sich Clifford an die Zeiten, als Motorradsport auch noch einen wirtschaftlichen Sinn machte. "Jetzt geht so etwas natürlich nicht mehr. Die 990er kamen und gingen, dann die 800er jetzt geht es wieder zu den 1000ccm-Maschinen, mal dies und mal das und aus der 250cc wird die Moto2. Man baut etwas auf, was in 12 Monaten vielleicht schon wieder abgeschafft wird." Dies sei seiner Meinung nach nicht hinzunehmen. Eine eigene Maschine aufzubauen sei zwar teuer, doch mache es sich bezahlt, da sie einem selbst gehöre. "Auch wenn sie nicht konkurrenzfähig ist, kannst du immer noch damit Rennen fahren. Und das geht eben nur, wenn es Stabilität in einem Sport gibt. Warum sollte man sich die Mühe machen mit Maschinen Rennen zu fahren die in ein paar Jahren nur noch deine Eingangshalle schmücken?"

Moto2 ist kein Grand Prix-Sport

Für Clifford erfüllt die neue Moto2-Klasse nicht den Anspruch der Weltmeisterschaft. "Es ist kein Grand Prix Sport, oder? Es ist eine Pokalserie. Weißt schon, so wie wir den Rookies Cup haben, gibt es jetzt eben auch den Moto2 Cup. Wenn man so etwas auf nationalem Niveau hat, ist es eine feine Sache, es erlaubt Leuten Rennen zu fahren und Maschinen zu bauen. Von vielen Standpunkten aus gesehen ist es eine gute Sache, aber es ist keine Grand Prix Klasse." Clifford ist der Meinung, dass man mehr Freiheiten brauche, tun können sollte, was man möchte. "Das war ja immer das tolle am Grand Prix-Sport. Man hatte so wenig Regeln, dass man in die Richtung gehen konnte in die man wollte. Sogar mit den ganzen Regeln und Begrenzungen, die man jetzt in der Moto2 hat, kann man die Grauzonen ausmachen, aber sobald man die nutzt, werden sie anfangen es zu verbieten, warum das Ganze dann?"

Zumindest in den ersten Rennen, vielleicht Monaten, werde aber keiner versuchen, in diesen Grauzonen zu arbeiten. Zum einen sei das doch sehr teuer und zum Anderen müsse sich die Serie erst etablieren. "Wenn die Klasse erfolgreich wird und es wert ist, darin Siege einzufahren, dann werden die Leute sicher versuchen um die Regeln herum zu arbeiten, dann wird es teurer und in dem Moment werden sie anfangen das Regelbuch zu ändern." Und das sei für Clifford auch ein Grund, nicht in die Moto2 einzusteigen. Bisher könne er nicht erkennen, dass sie einen kommerziellen Zweck erfüllen wird. "Wenn die Klasse bahnbrechend erfolgreich ist und Sponsoren anzieht, dann wird es sicher toll. Aber das ist alles sehr fraglich, besonders mit dem derzeitigen wirtschaftlichen Gegebenheiten."

Nicht alles ist schlecht

Auf eine gewisse Art gefällt Clifford die Moto2-Idee dann aber doch - gerade wenn man die vielen Hersteller von Chassis bedenkt. "Es wird gut sein so viele verschiedene Maschinen zu sehen. Fast wie zu Beginn der MotoGP, als sie noch extrem aufregend war – von technischen Standpunkt aus gesehen. Du hast viel neues Zeug, viele unbekannte Faktoren. Das ist, was der MotoGP derzeit fehlt, das Unbekannte. Jeder weiß doch schon, wer wohl gewinnen wird. Aber bei der Moto2 werden wir vor den ersten Rennwochenende noch keine Ahnung haben. Das verspricht Spannung, auch wenn die Klasse selbst nicht das ist, was man sich wünschen würde." Dass jedoch eine große Lücke entstehen könnte, glaubt er nicht. Der 600ccm-Motor von Honda sei eine mehr oder weniger bekannte Größe und daher sei es nicht so kompliziert, ein Chassis darum zu bauen. "Es gibt also keinen Grund, dass jemand beim Chassis den 'Griff ins Klo' macht. Es wird niemanden geben, der total daneben liegt, das glaube ich nicht. Ich glaube das ganze Feld wird sehr konkurrenzfähig sein und mindestens drei Chassis sollten eng beieinander liegen und drei verschiedenen Hersteller sollten mindestens um die Spitze fahren können."

Eine kleine Test-Analyse von Valencia, als die Supersport-Piloten Kenan Sofuoglu und Michele Pirro vom Ten Kate-Team geschlossen schneller waren, als die Moto2-Piloten, gab Clifford auch ab. "Darum geht es ja, diese Supersport Maschinen, selbst die Standard-Straßenausgabe, sind nicht schlecht. Es braucht also kein Genie um von da auf Moto2 zu gehen." Und dass der Türke Sofuoglu die Kalex als schlecht abgestimmte Supersport-Maschine sehe, seien einfach nur Anfangsschwierigkeiten, da man mit der Entwicklung gerade erst begonnen hat. "Es wird nicht lange dauern, bis sie das in den Griff bekommen haben."