Raffaele Marciello hat Mercedes-AMG beim Macau GT World Cup das perfekte Abschiedsgeschenk bereitet: Der Schweizer, der die Marke mit dem Stern nach sieben Jahren verlässt und vor dem Wechsel zu BMW steht, gewann das Hauptrennen auf dem Guia Circuit. Marciello feierte seinen zweiten Gesamtsieg nach 2019 und bescherte Mercedes den vierten Sieg beim sechsten FIA-GT-Weltcuprennen seit 2015.

Pole Position, Sieg im Qualifying-Lauf und am Sonntag der Sieg im prestigeträchtigen Hauptrennen über 16 Runden: Marciello dominierte das GT-Wochenende mit seinem knallgelben Landgraf-Mercedes auf dem 6,12 Kilometer langen Stadtkurs praktisch nach Belieben.

Start zum Macau GT World Cup 2023
Raffaele Marciello feiert seinen zweiten Macau-Sieg, Foto: Macau GP

Marciello siegt vor Mortara und Farfus

Im Rennen über 16 Runden, das nur durch eine Safety-Car-Phase (Unfall von Lokalmatador Weian Chen) unterbrochen wurde, ließ der 28-Jährige nichts anbrennen und siegte mit einem Vorsprung von 2,5 Sekunden vor dem siebenmaligen Macau-Sieger Edoardo Mortara (Audi). Augusto Farfus, Macau-Sieger von 2018, komplettierte das Podest als Dritter.

In einem über weite Strecken unspektakulären Rennen - sicherlich eine Ausnahme auf dem ansonsten unfallträchtigen Straßenkurs - ereigneten sich jedoch zwei Dramen: Der dreifache Macau-Sieger Maro Engel (Mercedes-AMG) sowie Rookie und Ex-DTM-Champion Sheldon van der Linde (BMW) fielen in Folge von Schwierigkeiten auf Podestkurs liegend zurück bzw. mussten im Falle des Südafrikaners einen ungeplanten Boxenstopp einlegen.

Marciello: "Guter Start war der Schlüssel"

"Dieser Sieg fühlt sich toll an", sagte Marciello, der zu den besten und erfolgreichsten GT3-Fahrern der Welt zählt. "Ein guter Start war der Schlüssel. Später ging es darum, den Re-Start richtig hinzubekommen, weil Überholmanöver hier sehr schwierig sind. Maro kam näher, hatte aber leider ein Problem. Danach hatte ich einen guten Vorsprung und konnte das Rennen bis zum Ende kontrollieren."

Mortara, der seinen insgesamt achten Sieg auf dem Guia-Stadtkurs verpasste: "Mein Rennen war von Anfang bis Ende intensiv. Ich musste mich ständig gegen meine Verfolger zur Wehr setzen. Ich konnte nach vorne nicht angreifen, weil uns bei der Beschleunigung noch mehr Speed fehlte als gestern. Keine Ahnung, wie wir es geschafft haben, Zweiter zu werden."

Mortara über Engel: "Das fand ich ziemlich schmutzig"

Unglücklich zeigte sich Mortara über Engels Verhalten beim Re-Start nach der Safety-Car-Phase, als der Mercedes-Fahrer wegen eines offensichtlichen Problems zurückfiel. "Ich denke, dass Maro ein Problem hatte. Und wenn man ein Problem hat, dann soll man in die Box abbiegen", meinte der Schweizer, und führte später aus: "Er bremste beim Re-Start. Das machte das Timing ziemlich schwierig. Er hat versucht, dass ich ihn vor der Linie überhole. Ich fand das ziemlich schmutzig. Raffaele brauchte das nicht, er hätte eh gewonnen."

Mercedes-AMG-Kundensportchef Stefan Wendl in einer ersten Reaktion auf der Sieger-Pressekonferenz: "Ich kenne noch keine Details. Maro konnte nicht hochschalten. Er hat es nicht absichtlich gemacht, um ihn (Mortara) einzubremsen. Es gibt eine Routine für den Fall, dass etwas mit der Elektronik im Auto ist. Der Fahrer kann unterschiedliche Arten von Resets machen, um es wieder zum Laufen zu bekommen. Das hat Maro wahrscheinlich versucht, aber ich habe noch nicht mit ihm gesprochen."

Daniel Serra im Ferrari 296 GT3 und Daniel Juncadella (Mercedes-AMG) folgten auf den Plätzen fünf und sechs im Starterfeld der 19 verbliebenen Autos, nachdem Adderly Fong wegen seines Qualirennen-Unfalls mit dem Audi im Hello-Kitty-Design nicht mehr an den Start gehen konnte. Porsche-Werksfahrer Laurens Vanthoor und Macau-Debütant Christopher Haase komplettierten die Top-8. Der frischgebackene DTM-Meister Thomas Preining (Porsche) kam bei seiner Premiere in Macau nicht über den 15. Platz hinaus.

Glimpflicher Start in Macau

Die wichtige Startphase auf dem Guia Circuit verlief äußerst glimpflich. Während es an der Spitze des Feldes keine Positionsveränderungen gab, machte Sheldon van der Linde von Startplatz sechs zwei Positionen gut, während BMW-Markenkollege Farfus von der vierten bis auf die sechste Position zurückfiel. In den folgenden Runden führte Mortara das Feld knapp vor Engels Mercedes-AMG GT3 und Mortara im Audi an, Überholmöglichkeiten ergaben sich jedoch nicht.

Sieben Runden lang folgten sich die GT3-Stars wie an der Perlenschnur, bis es in der 7. Runde erstmals krachte. Lokalmatador Weian Chen verpasste mit seinem Ferrari die Kurve in Lisboa und schlug in die Streckenbegrenzung ein. Die Rennleitung beorderte das Safety Car auf die Strecke, um den roten Rennwagen des Chinesen zu bergen. Kurz zuvor hatte sich Kevin Estre im Mittelfeld gegen Porsche-Markenkollege Earl Bamber durchgesetzt, dabei allerdings das Heck seines 911ers beschädigt.

Dramen um Maro Engel und Sheldon van der Linde

Drama um Engel nach dem Re-Start zur 9. Runde: Der AMG-Fahrer wurde plötzlich langsam und fiel wegen eines zunächst unbekannten Problems vom zweiten bis auf den 18. Platz zurück! Marciello verschaffte sich dank Engels Schiwerigkeiten und ungeplantem Boxenstopp in Führung liegend einen Vorsprung von zwei Sekunden, während van der Linde ordentlich Druck auf den nun Zweitplatzierten Mortara ausübte.

Es blieb dramatisch: Van der Linde musste mit seinem BMW M4 GT3 an dritter Stelle liegend in Runde 11 wegen eines Reifenschadens die Boxengasse ansteuern. Davon profitierte Markenkollege Farfus, der mit seinem ROWE-BMW den dritten Platz vor Serra, Juncadella und Vanthoor einnahm.

In den verbleibenden Runden tat sich bis zum Zieleinlauf nach Runde 16 nicht mehr allzu viel: Marciello brachte seinen Vorsprung souverän mit zweieinhalb Sekunden Vorsprung vor dem Zweitplatzierten Mortara sowie Farfus ins Ziel.

Macau GT World Cup 2023: Ergebnis

Pos.FahrerAutoRückstand
1Raffaele MarcielloMercedes-AMG16 Runden
2Edoardo MortaraAudi+2,510
3Augusto FarfusBMW+4,295
4Daniel SerraFerrari+6,018
5Daniel JuncadellaMercedes-AMG+6,515
6Laurens VanthoorPorsche+7,796
7Christopher HaaseAudi+8,377
8Alessio PicarielloPorsche+8,936
9Earl BamberPorsche+13,172
10Hongli YePorsche+13,935
11Matteo CairoliPorsche+14,805
12Kevin EstrePorsche+16,285
13Congfu ChengAudi+19,826
14Jules GounonMercedes-AMG+32,454
15Thomas PreiningPorsche+59,148
16Sheldon van der LindeBMW+59,287
17Marchy LeeMercedes-AMG+1:05.775
18Maro EngelMercedes-AMGAusfall
19Weian ChenFerrariAusfall