Sage und schreibe 28 GT-Autos wollen in diesem Jahr die 24 Stunden von Le Mans in Angriff nehmen, zum ersten Mal seit 2005 werden darunter aber keine GT1-Boliden sein. Nach der Einführung der Weltmeisterschaft durch SRO-Chef Stéphane Ratel im vergangenen Jahr trennten sich die Wege des Automobilweltverbandes FIA und des Ausrichters des wichtigsten Autorennens der Welt. Der ACO schreibt 2011 eine GT-Endurance genannte Klasse für GT2-Renner aus und teilt sie in eine Wertung für Profi- und Amateurfahrer, die GT1-WM kämpft derweil um ein attraktives Feld. Während die GTE mit einer Fülle von jungen und sogar neu entwickelten Fahrzeugen punkten kann, fehlen der WM diese.

2010 fuhren mit Maserati, Ford, Corvette, Nissan, Lamborghini und Aston Martin zwar sechs Marken mit je vier Rennern mit, allerdings waren davon nur der Ford GT und der Nissan GT-R nach dem neuen Reglement aufgebaut. Alle anderen liefen zum Teil schon mehrere Jahre in der LMS und FIA GT, wie beispielsweise der Maserati MC12, der die Meisterschaft von 2005 an fünfmal in Folge gewinnen konnte.

Lässt Michael Bartels die Titelverteidigung unversucht?, Foto: DPPI
Lässt Michael Bartels die Titelverteidigung unversucht?, Foto: DPPI

In diesem Jahr werden die Fans möglicherweise auf die Corvette und den erfolgreichen Maserati verzichten müssen, denn bei General Motors setzt man auf das GT2-Modell aus Detroit und für die italienische Flunder fand sich nach dem Rückzug von Hegersport bis zum Meldeschluss keine zweite Truppe neben den Titelverteidigern von Vitaphone, die notfalls in die GT3 wechseln könnten. Allerdings sind alle Seiten bemüht, über Umwege wieder vier geforderte MC12 am Start zu haben. Einen solchen Umweg werden Sumo Power (Nissan) und Marc VDS (Ford) gehen: weil sich bisher keine Interessenten gemeldet haben setzt man je vier Wagen ein, von denen zwei unter einem anderen Teamnamen firmieren.

Die Gründe der Krise

Obwohl die großen GTs ursprünglich für Langstreckenrennen konzipiert wurden, begeisterte die Debütsaison 2010 mit den beiden einstündigen Sprints am Samstag und Sonntag des Rennwochenendes von Anfang an und stellte die meisten Rennserien in Sache Spannung deutlich in den Schatten. Warum muss die WM also schon in ihrem zweiten Jahr ums Überleben kämpfen?

Die Gründe sind vielfältig, zum Einen kostet der Einsatz eines GT1-Autos und eine Saison mit zehn Rennen rund um den Globus eine Unmenge Geld – Geld das durch Sponsoren erst aufgebracht werden muss. Sponsoren wollen aber eine entsprechende Vermarktung und da konnte die WM noch nicht mit etablierten Serien konkurrieren. Finanziell eher für die Rennstreckenbetreiber wichtig sind entsprechende Besucherzahlen. Weil sich für Sportwagen und GT-Rennen zum großen Teil nur "eingefleischte" (und damit selbstredend weniger) Fans interessieren als für die Formel 1 oder die DTM, sind an einem Rennwochenende oft viele Ränge leer. Wenn sich dann zusätzlich Serien wie die GT1-WM und die LMS einen Konkurrenzkampf liefern, kommt es zu einem Szenario wie am Nürburgring 2010: etwa 10.000 Besucher beim einzigen Auftritt der Weltmeisterschaft in Deutschland, trotz einem attraktiven Rahmenprogramm mit dem ADAC GT Masters und bezahlbarer Tickets, sind ein katastrophales Ergebnis. Als Folge wandert Ratel mit seinem Zirkus zum Sachsenring – der Nürburgring verliert nach der LMS damit auch noch die GT1.

Aber auch auf kaum etablierten Kursen wie Navarra und an der Algarve werden 2011 nicht Besucherzahlen wie bei den 24 Stunden von Spa erreicht werden können. Dass neben dem Nürburgring auch die Ardennenachterbahn überhaupt nicht mehr im Programm verbleibt, stößt nicht nur vielen deutschsprachigen Fans sauer auf. 2010 fuhr die GT1-WM seine Sprintrennen noch im Rahmen der 24 Stunden, nachdem 2009 das letzte Rennen zweimal rund um die Uhr mit Beteiligung der "großen" Gran Turismos stattgefunden hatte.

Steht sich am Ende Stéphane Ratel selbst im Weg? Seine Visionen und die Konfrontation mit dem ACO hat die GT-Szene auf den Kopf gestellt und grundlegend verändert. Selbst wenn die beiden einstündigen Wertungsläufe medienwirksamer in Szene gesetzt werden können als die 500km-Rennen der Vorgängerserie muss der Motorsport zu den Fans gebracht werden und nicht umgekehrt. Sollten am 26. März doch genügend Renner auf der Start/Ziel-Geraden des Yas Marina Circuits in Abu Dhabi auf die grüne Ampel warten, steht einer spannenden Saison mit packenden Duellen zwischen namhaften Fahrern nichts im Weg.