In der Wüste von Bahrain war auf Grund der interessanten Startkonstellation bereits vor Lauf eins alles für ein aufregendes GP2-Rennen angerichtet. Während Davide Valsecchi nach einer eindrucksvollen Leistung am Freitag von der Pole-Position aus ins Rennen ging, fuhr Hauptkonkurrent Luiz Razia am Sonntag nur von Startplatz acht aus los - dafür hatte der Brasilianer an der Spitze der Meisterschaft vor dem Start noch drei Zähler Vorsprung auf seinen Herausforderer aus Italien. Trotz einer Galavorstellung des Arden-Piloten, der sich im Rennen auf P2 vorarbeitete, musste er seine Führung im Gesamtklassement schlussendlich abgeben, denn auch Valsecchi ließ am Samstag nichts anbrennen und sicherte sich in dominanter Manier seinen ersten Saisonsieg. Weniger gut lief es in Bahrain bereits zu Beginn für Jolyon Plamer.

Für den Briten war das Rennen auf Grund eines technischen Problems schon beendet, bevor die Ampel überhaupt auf grün schaltete. In einer turbulenten aber überraschenderweise nahezu reibungslosen Startphase behauptete Valsecchi gleich einmal seine Spitzenposition. Hinter ihm sortierten sich Gutierrez und Cecotto ein, wobei der Venezolaner einen Raketenstart erwischte und sich von Rang fünf aus in die Spitzengruppe katapultierte. Auch Luiz Razia wollte weiter hinten nichts anbrennen lassen und machte gleich einmal einige Positionen gut. Für einen Dreher am Ausgang der zweiten Kurve sorgte hingegen Nathanael Berthon - er konnte aber weiterfahren.

Kollision zwischen Van der Garde und Coletti

In der Verfolgergruppe ging es derweil heiß her. James Calado und Dani Clos lieferten sich einen harten Zweikampf auf der Gegengeraden, Nigel Melker ging kurze Zeit später in der letzten Kurve an Julian Leal vorbei. Während Fabio Onidi sich in Turn drei außenherum an Stephane Richelmi vorbeischob, fiel Fabio Leimer von P4 auf Rang sechs zurück, da er sich auf den härteren Reifen im Vergleich zur Konkurrenz im Nachteil befand. Der Schweizer war zu diesem Zeitpunkt der beste Pilot auf Prime-Reifen, die Top-5 fuhren geschlossen auf den weicheren Pneus. Bereits nach wenigen Runden sorgte ein starker Dreikampf zwischen Richelmi, Marcus Ericsson und Tom Dillmann für reichlich Spannung.

Giedo van der Garde machte sich am Samstag wenig Freunde, Foto: GP2 Series
Giedo van der Garde machte sich am Samstag wenig Freunde, Foto: GP2 Series

Kurze Zeit später kam es zwischen Giedo van der Garde und Stefano Coletti in Kurve acht zur ersten Kollision des Rennens, durch die der Italiener mit erheblichen Schäden im Frontbereich seines Coloni-Boliden ausschied. Beide Piloten hatten im Positionskampf am Ausgang der Haarnadel auf dem Kerb keinen Millimeter nachgegeben, der Holländer den Italiener dabei so weit rausgedrängt, dass sich die Autos der Streithähne verhakten. Eine Untersuchung des Vorfalls durch die Rennleitung steht derweil noch aus. Unbeeindruckt davon setzte sich Valsecchi an der Spitze etwas von den Verfolgern ab, fuhr zweitweise eine schnellste Runde nach der anderen.

Van der Garde zog hingegen mit dem nächsten Aussetzer die Augen auf sich, fuhr sich in aussichtsloser Position in der Haarnadel seinen Frontflügel am klar vor ihm liegenden Berthon ab. Anschließend begann die Boxenstoppphase - während Richelmi und Melker den Anfang machten, ging Dillmann vorbei an Ericsson. Nach acht Runden kamen sowohl Calado als auch Clos an die Box, wobei der Lotus-Fahrer bei seinem Wechsel auf die Prime-Reifen etwas Zeit verlor. Auf der Strecke setzte Razia seinen Vormarsch fort und schob sich mit einem starken Manöver vorbei an Felipe Nasr. Valsecchi, der seinen Pflichtstopp sehr lange herauszögerte, fuhr zu diesem Zeitpunkt ganz vorne zum Teil eine Sekunde pro Runde schneller als der Rest des Feldes.

Razia auf dem Durchmarsch

Razia sah so seine Felle in Sachen Meisterschaftsführung davonschwimmen und blies anschließend sofort zur Attacke auf Cecotto. Einen ersten Versuch auf der Gegengeraden wehrte dieser noch ab, ehe beide zeitgleich in die Box kamen, genauso wie der vor ihnen platzierte Gutierrez. Da die Konkurrenz in der Box patzte, ging Razia vorbei an Gutierrez, bei dem das rechte Hinterrad nicht schnell genug festgezogen werden konnte. Auch Cecotto fiel zurück. Große Profiteure waren Max Chilton und Calado, die ihre Stopps vorgezogen hatten und so an den drei Streithähnen vorbeischlüpfen.

Luiz Razia war kaum aufzuhalten, Foto: GP2 Series
Luiz Razia war kaum aufzuhalten, Foto: GP2 Series

Während sich Felipe Nasr nach seinem Boxenaufenthalt hinter Razia einsortierte, blieben Leimer, Gonzales, Haryanto und Berthon neben Leader Valsecchi lange draußen. In Runde 13 kam dann auch der führende DAMS-Pilot herein und wechselte von Option auf Prime - nach seinem blitzsauberen Stopp lag er weit vor den Verfolgern. Bei diesen überraschte Cecotto Gutierrez in der Haarnadel und sicherte sich eine weitere Position. Für Simon Trummer setzte es derweil eine Durchfahrtsstrafe für zu schnelles Fahren in der Boxengasse. Probleme hatte dort auch Landsmann Leimer. Ein nicht funktionierender Radwechsel links hinten kostete ihn einige Plätze. Anschließend wurde es auf der Strecke hektisch.

Berthon, als letzter Pilot noch ohne Stopp unterwegs, hielt auf alten Reifen die Verfolgergruppe auf. Sein Versuch mitten im Pulk in die Box abzubiegen, obwohl er gerade von Razia attackiert wurde, war äußerst gefährlich. Wenige Sekunden zuvor hatte sich Calado mit einem grandiosen Manöver in der letzten Kurve an die Spitze der Verfolgergruppe gesetzt - Razia ließ sich aber auch von Berthons Aktion nicht beirren und versuchte dem Lotus-Piloten seinerseits die Position wieder streitig zu machen. Weiter hinten in der Kampfgruppe zog Gutierrez alle Register und pflügte spektakulär durch den Sand neben der Strecke, um Cecotto und Nasr auf der Anfahrt zur dritten Kurve gleich beide zu schnappen. Unterbrochen wurde die starke Show der beiden Lotus-Piloten erst durch eine Safety-Car-Phase.

Nasr schimpft mit Cecotto

Nasr war an Cecotto vorbeigegangen, der dann fast Teamkollege Clos rausdrängte. Wenige Meter später kam es in Turn drei dann zur Kollision zwischen Nasr und Cecotto. Nach einem zu optimistischen Versuch des Venezolaners, schieden beide Piloten aus. Während ihre beschädigten Fahrzeuge die Strecke blockierten, standen die beiden Streithähne anschließend am Streckenrand und schimpften miteinander. Für Valsecchi bedeutete der Zwischenfall hingegen, dass sein komfortabler Vorsprung von 12,4 Sekunden an der Spitze weg war. Als 13 Runden vor dem Ziel das Safety Car wieder an die Box kam, lautete die Reihung Valsecchi vor Calado, Razia und Chilton, wobei der Dritte sofort starken Druck auf den Zweitplatzierten ausübte. Weiter hinten ging Leimer an Clos vorbei, Gonzales musste nach einem Duell mit Haryanto durch die Wiese. Stärkster Mann in dieser Phase: Tom Dillmann, der schon bald Leimer hinter sich ließ.

Esteban Gutierrez hatte in Bahrain das Messer zwischen den Zähnen, Foto: GP2 Series
Esteban Gutierrez hatte in Bahrain das Messer zwischen den Zähnen, Foto: GP2 Series

Neun Runden vor Schluss schnappte sich Razia in der Zielkurve Calado und machte sich an die Verfolgung des Führenden Valsecchi, der ihm zu diesem Zeitpunkt bereits 4,6 Sekunden enteilt war. Langsam machten sich bei einigen Piloten die abbauenden Reifen bemerkbar. Leimer musste so durchs Kiesbett, Chilton schnappte sich Calado, der nun wehrlos schien und schob sich auf Rang drei vor. Teamkollege Gutierrez machte es der geschlagene Lotus-Fahrer anschließend auch nicht mehr allzu schwer, sodass der Mexikaner kurze Zeit später durchschlüpfen konnte. In den letzten Runden sorgte somit ein spannender Kampf um die letzte Podiumsplatzierung zwischen Geburtstagskind Chilton und Gutierrez für Aufregung. Die erste Chance den Carlin-Piloten noch abzufangen, musste der Sauber-F1-Tester jedoch verstreichen lassen.

Melkers linker Vorderreifen hatte sich im ersten Sektor in seine Einzelteile aufgelöst, weswegen dort gelbe Flaggen geschwenkt wurden und an einen Überholversuch nicht zu denken war. Gut für die Zuschauer, denn was folgte war ein atemberaubendes Manöver auf der Gegengeraden. Gutierrez zog nach innen, wo Chilton die Tür zumachte. Als der Mexikaner daraufhin außen antäuschte, fiel der Brite auf die Finte herein und machte die Innenseite frei - diese Gelegenheit ließ sich der Lotus-Pilot nicht nehmen und stach in unnachahmlicher Manier in die Lücke, um sich am Ende der Runde mit einer halben Sekunde Vorsprung den letzten Platz auf dem Podest zu sichern.

Ganz vorne hatte Valsecchi seinen Vorsprung derweil sogar noch auf 7,7 Sekunden ausgebaut - Razia musste sich nach seiner beherzten Fahrt von Rang acht auf Platz zwei dennoch mit seiner Leistung zufrieden geben. Nach einer knappen Stunde Renndauer sicherte sich Chilton P4, noch vor Calado und Dillmann. Leimer, Onidi und Haryanto belegten die Plätze - den letzten Punkt schnappte sich GP2-Rückkehrer Brendon Hartley im Ocean-Boliden. Die Führung im Gesamtklassement übernahm mit seinem Triumph in der Wüste Valsecchi, der nun auf 55 Zähler kommt und somit sechs Punkte vor Razia liegt. Dritter ist Gutierrez mit 33 Punkten, vier Zähler vor Calado und Chilton.