Obwohl ich als alter Hase schon viel erlebt habe, musste ich am letzten Wochenende wieder feststellen, dass es doch noch eine ganz besondere Veranstaltungen im Motorsport gibt: die 24 Stunden von Le Mans. Ein Rennen, bei dem selbst ich noch eine Gänsehaut bekomme. Ich kann nur vor allen Fahrern den Hut ziehen, egal ob sie vorne, hinten, in einem Prototypen oder GT fahren. Bei diesem Rennen gibt es einfach so viele verschiedene Bedingungen, mit denen man klar kommen muss: die Dunkelheit, der Regen, die Ermüdung oder einfach die extrem hohen Geschwindigkeiten auf den Landstraßen.

Le Mans lässt sich nicht mit anderen Rennen vergleichen. Stefan hat in der Nacht und im Regen eine Höchstgeschwindigkeit von 340 km/h erreicht - und das auf einer Landstraße mit Spurrinnen. Zwei Drittel der Runde in Le Mans fährt man auf öffentlichen Straßen, ganz anders als beispielsweise auf der Nordschleife, die eine permanente Strecke ist. Das sind zwei paar Schuhe, jede Strecke hat ihre eigenen Herausforderungen. Aber es ist falsch zu sagen, dass ein Fahrer von der Nordschleife in Le Mans nichts Neues erleben kann.

Stefan Mücke wurde mit seinem Team Neunter, Foto: Patching/Sutton
Stefan Mücke wurde mit seinem Team Neunter, Foto: Patching/Sutton

Für Stefan lief es mit seiner Mannschaft und dem Lola Aston Martin das ganze Wochenende recht gut. Es fing schon in der Qualifikation an, wo man sensationell einen Audi hinter sich lassen konnte. Bei denen ist Marco Werner am Ende noch einmal mit weichen Reifen und wenig Sprit auf die Strecke gegangen, man kann also nicht sagen, dass sie sich kampflos geschlagen gegeben haben.

Von Position sechs in das Rennen zu starten, war bestimmt eine tolle Sache. Leider hatte Stefan zu Beginn Probleme mit der Zündunterbrechung und musste kuppeln, um richtig schalten zu können - das hat sicher einiges an Zeit gekostet. Aber die Welt war noch in Ordnung, der eigentliche Rückschlag war der Fahrfehler von Jan Charouz. Er hat das Auto in der ersten, sehr schnellen Kurve verloren; die Schäden waren groß. Zwar konnte man die Karosserie schnell ersetzen, aber die Runde zurück in die Box hat viel Zeit gekostet. Jan musste 13 Kilometer im Schneckentempo schleichen und sogar unterwegs anhalten, weil Teile ein Rad blockierten. Damit hat sich das Team gute zehn Runden eingefangen, die man im Laufe des Rennens gegen die Spitzenleute nicht mehr aufholen konnte.

Letztlich haben es die Jungs noch vom 47. Platz auf die neunte Position nach vorne geschafft, haben also einen klasse Job abgeliefert. Das Ziel waren die Top-Ten, das hat man auch erreicht. Insgeheim habe ich gehofft, dass von den sechs Diesel-Fahrzeugen einige ausfallen. Bei den Rennen der Le Mans Serie gab es bei Audi und Peugeot immer wieder Probleme, daher war mein Tipp, dass zwei oder drei Boliden auf der Strecke bleiben. Für sie muss das Rennen unheimlich hart gewesen sein, weil sie ständig gegeneinander kämpften und sich nie ausruhen konnten. Umso erstaunlicher ist es, dass bis zuletzt alle Autos im Rennen blieben - das spricht für die Werke und die Teams.

Zwischendurch war ich auch als Gast und Co-Kommentator bei den Kollegen von Eurosport in der Sprecherkabine. Ich muss gestehen, dass es mir dort unheimlich gut gefallen hat und ich gerne noch einmal hochgekommen wäre, leider hat es nicht mehr geklappt. Von dort oben hat man einfach einen fantastischen Blick über die Strecke, man kann von den Porsche-Kurven bis zum Dunlop-Bogen sehen. Die Atmosphäre mit den vielen Lichter, dem Riesenrad und dem Sound der Boliden sorgte einfach für Gänsehaut. Das war schon ein starker Eindruck.

Wir verdienen kein Geld

Unter meiner letzten Kolumne haben einige Leser über die hohen Kosten im Nachwuchsbereich diskutiert. Unter dem Strich haben sie natürlich recht, denn Motorsport ist und bleibt eine teure Angelegenheit. Aber man muss auch überlegen, was teuer überhaupt bedeutet. Mücke Motorsport verdient zu 100 Prozent kein Geld an den Fahrern, wir berechnen nur den Aufwand, der für uns entsteht. Die Fahrer wollen eine Profi-Karriere beginnen und bei uns den Grundstein dazu legen, sie erwarten einen Aufwand, den wir betreiben zu müssen um seriös zu bleiben. Wir wollen ihnen eine Chance geben, weiter nach oben zu kommen. Man kann sich nicht einfach reinsetzen und fahren, wie man es vielleicht früher gemacht hat.

Peter Mücke will den Nachwuchs fördern, Foto: Mario Bartkowiak/Jegasoft Media
Peter Mücke will den Nachwuchs fördern, Foto: Mario Bartkowiak/Jegasoft Media

Die Forderungen sind hoch und der Weg der Piloten ist vorgezeichnet. Man kann sicherlich sagen, dass alles zu viel kostet und es zu viel Geld ist. Aber auch ein Mechaniker muss am Ende des Tages Geld bekommen, um seine Familie zu ernähren. Bei Testfahrten haben wir nicht nur die Kosten für den Verschleiß, die Anreise und Benzin, sondern wir müssen auch eine Mietgebühr für die Strecke zahlen. Doch wir versuchen den Nachwuchs zu stützen - zu den Preisen, die wir bieten, könnte man woanders keine Testfahrt auf diesem Niveau absolvieren.

Ohne gute Sponsoren können sich viele Fahrer eine Karriere natürlich nicht erlauben - aber man muss auch einen Schritt weiter denken. Ein krasses Beispiel: Sebastian Vettel hat bei uns angefangen und verdient mittlerweile ein Vielfaches von dem, was er damals an Kosten hatte. Das Ziel eines jeden Weges ist die Formel 1 und den Motorsport zum Beruf zu machen. In den letzten zehn Jahren ist kein Fahrer zu mir gekommen und hat gesagt, dass er nur zum Spaß fahren will. Ich hatte nur Piloten, die sich klare Ziele gesetzt haben und wussten, was sie wollten.

Lob an Christian Vietoris

Die ersten paar Schritte dieses Weges haben meine Jungs aus der Formel 3 EuroSerie schon gemacht. Zuletzt sind sie in Pau gefahren, wo mich Christian Vietoris einmal mehr sehr überrascht hat. Er ist als Rookie auf einer unbekannten Strecke nach sechs oder sieben Runden die schnellsten Zeiten im Feld gefahren, im zweiten Training war er sogar mit einem Abstand von einer halben Sekunde der Schnellste. Dass es dann im Qualifying nicht so gut geklappt hat, hing sicherlich auch mit den Bedingungen zusammen, denn es ähnelte mehr einer Lotterie.

Auch die beiden Rennen waren an Schwierigkeit wohl kaum zu überbieten. Es gab viele Unfälle und einige kaputte Autos, aber das bringen Autorennen auf solchen Strecken und bei diesen Bedingungen einfach mit sich. Jeder Teamchef kommt mit einer bestimmten Kostenkalkulation nach Pau und hofft, es passiert nicht so viel. Ich kann von meiner Seite sagen: wir haben die Kalkulation eingehalten.

Man muss ich aber auch fragen, ob ein solches Rennen wirklich nötig ist. Es gibt zwei verschiedene Perspektiven... Zum einen ist Pau ein Klassiker wie Monaco, dort werden seit vielen Jahren Rennen gefahren. Aber was wir dort finanziell verheizen ist schon enorm. Man muss sich auf jeden Fall fragen: brauchen wir das? Als nächstes geht es bekanntlich zum Norisring, wo der Risikograd nicht so hoch ist. Man fährt zwar auf öffentlichen Straßen mit vielen Bodenwellen, im Schöller-S kommt man den Mauern sehr oder manchmal zu nahe, aber gefährlich wird es eigentlich erst, wenn es anfängt zu regnen. Dann wird es auf auch dem Norisring unkalkulierbar, denn bei diesen Geschwindigkeiten ist Aquaplaning keine lustige Sache...