Viel zitiert, gerne überstrapaziert, kurzum: nahezu überstrapazitiert - so präsentierte sich auch in diesem Jahr in der Eifel das Thema Wetter. Pünktlich zu Beginn des ersten Freitagstest war es bereits in aller Munde, mussten doch bereits jetzt die Regenreifen aufgezogen werden. Das für wechselhaftes Wetter sorgende Tiefdruckgebiet über der Eifel sorgte bis einschließlich Sonntag für Hochdruck unter Fahrern und Teams...

Unter Hochdruck fehlerlos

Als "schmierig und schwierig" bezeichnete Mercedes-Sportchef nach Ende des Rennens die Bedingungen zu Beginn desselben in passender Form. War man noch im Qualifying zur Freude Audis von einer feuchten Strecke verschont geblieben, begann es in der Startaufstellung beinahe gewohnheitsgemäß zu regnen: Schon 2005 hatte kurz zuvor einsetzender Regen zum Start auf feuchter Strecke geführt, bevor der Kurs im Laufe des Rennens abtrocknete.

Doch wenngleich ein Start hinter dem Safety-Car zur Freude der Fans diesmal ausblieb, überzeugten die 20 Piloten mit professionellen Leistungen: Vier Wochen nach dem Crash-Spektakel auf dem Norisring gelang es den Fahrern, an Streckencharakteristik und -bedingungen angepasst insbesondere zu Beginn des Rennens packende Zweikämpfe auszutragen, die die Oscherslebener Prozession des dritten Saisonlaufes vergessen machen ließ. "Ich finde, dass heute sehr fair gefahren worden ist; es war ein hochklassiger Kampf zwischen Audi und uns", bestätigte Haug.

Auch am Start präsentierten sich die 20 Protagonisten diszipliniert, Foto: DTM
Auch am Start präsentierten sich die 20 Protagonisten diszipliniert, Foto: DTM

So durfte die Rennleitung weitest gehend untätig bleiben. Neben einer Verwarnung für Heinz-Harald Frentzen, der seinen schon 2005 zu Opel-Zeiten sichtbaren, besonderen Freundschaftsbund mit der NGK-Schikane im Zuge einiger Ausflüge in derselben erneuerte und von den Sportkommissaren zur Mäßigung aufgerufen wurde, sprachen sie lediglich eine Drive-through-Strafe für Alexandros Margaritis aus, der Stefan Mücke im Zweikampf umgedreht hatte. "Es hat mein Rennen kaputtgemacht, denn ich war schon bis auf elf nach vorne gekommen und hatte eine sensationelle Pace. Andere haben für so etwas keine Strafe bekommen", verstand der Persson-Pilot jene Entscheidung ebenso wenig wie die des Vortages, im Zuge derer er nach dem Vorwurf des Blockierens im Qualifying auf Startplatz 20 zurückversetzt und im Rennen sein rheinisch-griechisches Temperament herausgefordert worden war...

Spengler unter Tiefdruck

War bislang Bernd Schneider als "Regenmeister" bekannt, so bekam er auf dem Nürburgring eine Konkurrenz, der selbst er nicht gewachsen war. Mit Leichtigkeit setzte sich Bruno Spengler insbesondere in der Anfangsphase des Rennens von Bernd Schneider ab, ein Audi-Sieg rückte rasch in weite Ferne: Nach fünf Runden betrug der Vorsprung Spenglers auf Martin Tomczyk im bestplatzierten Audi bereits knapp fünf Sekunden, nach gut zehn Runden war er auf Meisterschaftsaspirant Tom Kristensen auf 16 Sekunden angewachsen, nach 15 Runden auf 22 Sekunden...

Für Spengler war weit und breit keine Konkurrenz in Sicht, Foto: Sutton
Für Spengler war weit und breit keine Konkurrenz in Sicht, Foto: Sutton

Trotz seiner noch begrenzten Regenerfahrung bot Spengler eine so abgeklärte Leistung dar, dass er zu einem der in der DTM eher limitierten Start-Ziel-Siege kam - schon sein erster Boxenstopp brachte auch vorübergehend keinen Verlust der Führung mit sich. Während Bernd Schneider die Audi-Boliden Tomczyks und Kristensens bei zunehmend trockenerer Strecke immer formatfüllender im Rückspiegel sah, erreichte der Konkurrenzdruck auf Spengler Tiefstniveau. Auch vom übergelaufenen Benzin beim zweiten Boxenstopp ließ sich Spengler nicht aus Ruhe bringen - dass jener Vorfall den HWA-Youngster anders Mika Häkkinen nicht zu einem dritten Boxenstopp und somit zur Aufgabe der Führung zwang, war Spengler auch angesichts seiner eigenen Topleistung zu wünschen gewesen.

Dunkle Wolken im Audi-Lager

"Wir wissen, dass wir im Regen nicht ganz so stark sind wie die Mercedes. Wir haben uns vorbereitet, aber ob das ausreicht, weiß ich nicht", hatte Audi-Vorjahreswagenpilot Christian Abt am Samstagabend gestanden. Am nächsten Tag hatte der Allgäuer ebenso wie seine Kollegen im Ingolstädter Neuwagen in Erfahrung bringen müssen, dass es nicht ausreichte: Wie 2005 fielen die Audi in der Anfangsphase des Rennens zurück. "Leider haben unsere schnellsten Herren am Start alles weggeschmissen", führte Audi-Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich den schnell Besorgnis erregende Maße annehmenden Mercedes-Vorsprung auch auf die vollkommen misslungenen Starts Tom Kristensens und Mattias Ekströms zurück.

Nicht nur den 2005er-Audi bereite-ten die dunklen Wolken Probleme, Foto: Audi
Nicht nur den 2005er-Audi bereite-ten die dunklen Wolken Probleme, Foto: Audi

"Dann waren sie mal im Gerangel drin und die vorderen sind zehn Minuten lang alleine vorneweg gefahren - und damit war die Sache schon gelaufen", resümierte Ullrich, dessen A4 DTM allerdings erst im Trockenen wieder konkurrenzfähig wurden. Anders als im letzten Jahr reichte jedoch auch eine furiose Aufholjagd Martin Tomczyks, Kristensens und Ekströms auf abtrocknender Strecke nicht mehr aus, um noch in Siegnähe zu kommen. Zu schwach hatten sich die Audi erneut auf feuchter Strecke präsentiert, zu kurz war am Freitagmorgen die Vorbereitungszeit auf ein adäquates Regen-Setup, das die Schwäche des A4 unter Tiefdruckeinfluss hätte kaschieren können. Und zu abgeklärt präsentierte sich Spengler anders als sein Vorgänger Gary Paffett im Umgang mit der weißen Linie an der Boxenausfhart...

Auf Regenwolke sieben

Auf "Wolke sieben" brachten Bruno Spengler nach eigener Aussage die jüngsten Erfolge, Gesellschaft bekam er an jenem Orte diesmal von Jean Alesi und Martin Tomczyk. So niedergeschlagen sich der Franzose noch nach dem unverschuldet jähen Ende seines Norisring-Höhenflugs sowie dem mäßig erfolgreichen Eifel-Qualifying präsentiert hatte, so motiviert ging er im Rennen zu Werke. Für etwa eine Stunde machte Alesi das Alter seines Mercedes sowie sein Karriereende zum Ende der Saison vergessen - der Ex-Formel-1-Pilot erweckte den Eindruck eines siegeshungrigen Neuwagen-Youngsters.

Jean Alesi ging beherzt, aber ungemein effektiv zu Werke, Foto: Sutton
Jean Alesi ging beherzt, aber ungemein effektiv zu Werke, Foto: Sutton

Schon nach zehn Runden hatte sich Alesi von Startplatz 15 auf Position sieben vorgearbeitet, Heinz-Harald Frentzen, Timo Scheider und Tom Kristensen stellten für den früheren HWA-Piloten keine Hindernisse dar, bevor er zum ersten Boxenbesuch einbog. Schließlich nahm Alesi den vierten Rang von Kristensen, der seinem Rennen mit einem Verbremser nach den Querelen um Startprobleme und Reifen mit Bremsplatten ein passendes Ende bereitete, dankend entgegen. Martin Tomczyk stand dem 42-Jährigen in nichts nach: Der 2005 blasse Bayer vollendete seine Formsteigerung des aktuellen Jahres mit seinem ersten Podestplatz seit Hockenheim 2004 - als er sich ebenfalls lange mit Bernd Schneider duelliert hatte. Die lang ersehnte Bestätigung könnte für Tomczyk der Startschuss sein, an vergangene 2004er-Tage anzuknüpfen.

Der Vorsprung vom Winde verweht

Innerhalb von nur drei Rennen verwandelte sich für Tom Kristensen ein Meisterschaftsvorsprung von vier Punkten in einen Rückstand von elf Zählern auf Bernd Schneider, der erste Gesamtrang wurde zum dritten - völlig unerwartet hat sich Bruno Spengler in der Zwischenzeit zum Mitfavoriten in der Meisterschaft entwickelt. Fortan muss der Däne an zwei Fronten kämpfen - und darf sich glücklich schätzen, dass Mercedes in Nürburg zum dritten Mal in Folge den jeweils vor Schneider liegenden Teamkollegen nicht zum Positionswechsel aufgefordert hatte. Dürfte doch ansonsten mit einem 17 Punkte betragenden Polster von einer deutlichen Vorentscheidung zu Gunsten Schneiders gesprochen werden...

So bleibt für Tom Kristensen die Hoffnung, in zwei Wochen in Zandvoort vorzeitigen Schiffsbruch in der Meisterschaft ebenso wenig wie beim ins Salzwasser verlegte Norisring-Bootsrennens zu erleiden - und der siebenfache Le-Mans-Sieger zeigt sich mehr als nur zuversichtlich: "Ich gehe davon aus, dass wir in Zandvoort drei von den Audis, die wir jetzt in den Top Ten hatten, auf den Plätzen eins, zwei und drei haben können..."