Mercedes durchschritt 2013 ein wahrhaftiges Wellental der Gefühle. Nach dem Wechsel von Norbert Haug zu Toto Wolff in der Chefetage mit nur sechs Autos angetreten, feierten die Stuttgarter zwar zwei Rennsiege, blieben oftmals aber weit hinter den selbst gesteckten Zielen zurück, sodass man am Ende mit der Titelvergabe nichts zu tun hatte. Motorsport-Magazin.com wirft einen Blick zurück und wagt eine Vorschau auf die Saison 2014.

So lief 2013: Mercedes verschrieb sich 2013 ganz dem Weg der Jugend. Nach dem Wegfall von Persson Motorsport ging man mit nur mehr sechs Piloten an den Start, von denen sich lediglich Gary Paffett die Bezeichnung Routinier verdiente, während Christian Vietoris, Robert Wickens, Daniel Juncadella, Roberto Merhi sowie der beim Saisonauftakt erst 18-jährige Pascal Wehrlein als Nachwuchshoffnungen galten. Die zumeist geringe Erfahrung der Piloten spiegelte sich auf der Rennstrecke nicht selten gnadenlos wider, denn so hatte Mercedes im verkürzten Training oftmals große Probleme, das richtige Setup für das Qualifying zu finden und ging daher mit einer schweren Hypothek ins Rennen.

Robert Wickens gewann sein erstes Rennen, Foto: RACE-PRESS
Robert Wickens gewann sein erstes Rennen, Foto: RACE-PRESS

Für die Glanzlichter sorgten in Form von Siegen Gary Paffett auf dem Lausitzring sowie Robert Wickens in der Eifel. Im Endklassement lagen beide Piloten jedoch deutlich hinter Meister Mike Rockenfeller zurück und nahmen so bei der Titelvergabe lediglich Statistenrollen ein. Pascal Wehrlein, der jüngste Fahrer der DTM-Geschichte, ließ sein Können schon beim ersten Rennen in Hockenheim aufblitzen und führte das Feld sogar für einige Runden an, letztlich sollte der Jungspund in der gesamten Saison aber nicht mehr als drei Punkte sammeln.

Das ist für 2014 bekannt: Während die Konkurrenz von BMW und Audi ihre Pläne für die neue Saison bereits vorstellte, herrscht bei Mercedes das große Schweigen. Obwohl es noch nicht offiziell ist, kann davon ausgegangen werden, dass Gary Paffett weiterhin als Speerspitze für die Stuttgarter ins Lenkrad des gelb-blauen C-Coupé greifen wird - die Partnerschaft mit EURONICS wurde bereits im Herbst verlängert. Zudem wird Mercedes wie die Gegnerschaft versuchen, dem Boliden im Rahmen des engen Reglements ein paar Verbesserungen zu entlocken.

Gary Paffett ist wohl wieder in gelb-blau am Start, Foto: Simninja Photodesignagentur
Gary Paffett ist wohl wieder in gelb-blau am Start, Foto: Simninja Photodesignagentur

Neu aufgestellt geht HWA in die nächste Saison. Seit 1. Dezember gehört Ulrich Fritz, dessen Hauptaufgaben im kaufmännischen Bereich und dem Teammanagement liegen, dem Vorstand an. Fritz war seit 2003 für Mercedes-AMG tätig und übernahm 2010 die Gesamtverantwortung für das Geschäftsfeld AMG Customer Sports, welches sich seitdem zu einem der erfolgreichsten Kundensportprogramme entwickelte. Durch den Neuzugang soll sich Gerhard Ungar, der Vorstandsvorsitzende der HWA AG, wieder verstärkt auf die sportlichen und technischen Aspekte fokussieren können.

Das ist für 2014 unbekannt: Die alles überlagernde Gretchenfrage für 2014 lautet: Sechs oder acht Autos? Während BMW im zweiten Jahr nach der DTM-Rückkehr auf acht Boliden aufstockte, ging man bei Mercedes den umgekehrten Weg und reduzierte das Programm, womit man sich bei der Konkurrenz jedoch nicht unbedingt beliebt machte. "Wir sind am überlegen, ob wir wieder mit acht Autos fahren", nahm Toto Wolff zu den Plänen des Stuttgarter Autobauers Stellung.

Eine Entscheidung dürfte noch nicht gefallen sein, doch fest steht: Mercedes wird nur mit acht Wagen antreten, wenn dies mit den sportlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vereinbar ist. "Da muss die Prämisse sein - abgesehen von der Finanzierbarkeit -, dass man sie konkurrenzfähig einsetzen kann, da werden wir keinen Kompromiss eingehen", stellte Wolff klar, der sich bewusst ist, dass neben Audi und BMW auch die ITR gerne ein DTM-Feld mit 24 Autos sehen würde. "Ich gehe davon aus, dass Mercedes-Benz in der kommenden Saison wieder acht Autos an den Start bringt", gab sich ITR-Boss Hans Werner Aufrecht im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com jedoch zuversichtlich.

Ob sechs oder acht Cockpits - wer in diesen Platz nehmen wird, steht ebenfalls noch in den Sternen. Neben dem gesetzten Gary Paffett ist davon auszugehen, dass auch Robert Wickens, Christian Vietoris, Pascal Wehrlein und Daniel Juncadella erneut die Chance erhalten werden. Die jungen Sterne zeigten 2013 gute Ansätze - Wickens konnte sogar sein erstes Rennen gewinnen -, sodass es im Interesse von Mercedes liegen dürfte, die nun an Erfahrung reicheren Piloten erneut auf die Strecke zu schicken. Als Wackelkandidat gilt hingegen Roberto Merhi, der sich aufgrund seiner ungestümen Fahrweise nicht nur einmal den Zorn seiner Mitstreiter zuzog, beim Finale in Hockenheim allerdings sensationell Zweiter wurde.

Da man mit Paffett nur über einen wirklich erfahrenen Piloten verfügt, liegt die Vermutung nahe, dass zumindest einer der Neuzugänge - ihre Anzahl wird sich an den schlussendlich eingesetzten Boliden orientieren - bereits einige Erfolge auf der Visitenkarte stehen haben wird. Hartnäckig hält sich das Gerücht über ein Comeback von Paul di Resta, der in der Formel 1 vermutlich kein Cockpit mehr finden wird und dorthin zurückkehren könnte, wo er den bis dato größten Erfolg seiner Laufbahn feierte - den DTM-Titel 2010.

Kehrt Paul di Resta zu Mercedes zurück?, Foto: DTM
Kehrt Paul di Resta zu Mercedes zurück?, Foto: DTM

Doch der Schotte könnte nicht die einzige Blutauffrischung bleiben. Anfang November testete Mercedes in Estoril einige Kandidaten, die womöglich für ein DTM-Cockpit in Frage kommen. Zu den Auserwählten zählten neben den im Kundensport höchst erfolgreichen Maximilian Götz und Maximilian Buhk (es war bereits ihr zweiter Test) auch der ehemalige Formel-1-Pilot Jaime Alguersuari, Force-India-Testpilot James Calado sowie Formel-3-EM-Vizemeister Felix Rosenqvist. Zur jungen Welle bei Mercedes würde des Weiteren auch Raffaele Marciello passen. Der Italiener durfte als Belohnung für den Gewinn der Formel-3-Europameisterschaft ebenfalls testen.

Wie auch immer sich Mercedes in puncto Fahrer- und Teamaufgebot entscheiden wird, mit einer zeitnahen Verkündung ist wohl nicht zu rechnen. Auch 2013 wurde erst Ende Februar bekanntgegeben, dass der Kader verkleinert wird. Und erst im März wurde bestätigt, dass Ralf Schumacher seinen Helm doch an den Nagel hängt und er von Pascal Wehrlein ersetzt wird. Ähnlich könnte es auch diesmal laufen. "Die Entscheidung wird lange nach Saisonende fallen", betonte Toto Wolff.

Redaktionskommentar: Ausblick auf 2014

Motorsport-Magazin.com meint: Mercedes gleicht momentan einer Wundertüte. Abgesehen von Toto Wolff und seinen engsten Vertrauten weiß derzeit wohl niemand, mit welcher Aufstellung die Stuttgarter die Saison 2014 in Angriff nehmen werden. Egal, wie die Entscheidungen schlussendlich ausfallen, sollten die Sternfahrer bestrebt sein, besser als im Vorjahr abzuschneiden, denn oftmals wurden die Leistungen den hohen eigenen Ansprüchen keineswegs gerecht. Hoffnung macht nicht zuletzt die junge Garde: Wehrlein und Co. sollten in der Lage sein, ihre 2013 gesammelten Erfahrungen in bessere Ergebnisse umzusetzen - das Potential dazu ist zweifelsfrei vorhanden. (Philipp Schajer)