Seit dieser Saison hat Ex-DTM-Pilot Maro Engel einen neuen Traumjob: Er fährt in der australischen V8 Supercar-Serie, der mit Abstand populärsten Motorsport-Serie auf dem fünften Kontinent. Und auch wenn es für sein Team noch ein paar Anfangsschwierigkeiten zu überwinden gibt - Engel ist überzeugt, dass er mit der Unterstützung von HWA in der zweiten Saisonhälfte schon weit vorne mitfahren kann:

Wie bist Du eigentlich zu Deinem neuen Job in Australien gekommen?
Maro Engel: Im Rahmen meiner Aufgaben als Mercedes-AMG-Markenbotschafter letztes Jahr bin ich im SLS AMG GT3 für Erebus Motorsport einen Lauf der australischen GT Meisterschaft in Phillip Island gefahren. Ebenfalls als Gaststarter unterwegs war Craig Lowndes, wenn man so möchte das australische Pendant zu Bernd Schneider. Ich konnte mir die Pole Position holen und das Rennen vor Lowndes gewinnen. So entstand ein gutes Verhältnis zum Team.

Und da haben sie Dich gleich verpflichtet?
Maro Engel: Nein, so schnell ging es dann doch nicht. Erebus hat im Verlauf des letzten Jahres das ehemalige SBR Team übernommen und einen Kundensport-Vertrag mit Mercedes-Benz zum Einsatz von drei Mercedes-Benz E63 AMG V8 Supercars unterschrieben. Zwei Fahrer waren unter Vertrag und ein Platz war noch offen - gegen Ende 2012 kam Erebus auf mich zu und fragte, ob ich Interesse hätte. Der nächste Schritt war ein Test, da die meisten internationalen Fahrer sich mit den V8 Supercars sehr schwer tun. Das liegt an einer technischen Besonderheit der Supercars - sie haben ein gesperrtes Differential. Das heißt vereinfacht ausgedrückt: Die Hinterachse ist wie in einem Go-Kart, beide Hinterräder drehen sich mit der gleichen Geschwindigkeit und dementsprechend schiebt das kurveninnere Hinterrad einen in der Kurve förmlich nach außen, da es eigentlich langsamer drehen müsste als das äußere. Das wird dann gepaart mit einer Leistung von ca. 650 PS erst richtig interessant.

Aber Du hattest keine Schwierigkeiten?
Maro Engel: Ich bin von Anfang an instinktiv sehr gut zurechtgekommen, war beim Test auch ganz schnell an den Zeiten meiner erfahreneren Teamkollegen dran. Nach fünf Runden hat mir eine halbe Sekunde gefehlt, nach 20 Runden waren wir gleichauf, am Ende des Tests war ich sechs Zehntel vorne. Daraufhin kam das Vertragsangebot - und ich habe schnell zugegriffen. Eine tolle Chance!

Tischfußball war gestern - Down Under sind wohl eher Rugby & Kricket angesagt, Foto: Audi
Tischfußball war gestern - Down Under sind wohl eher Rugby & Kricket angesagt, Foto: Audi

Beim Australien GP waren die Supercars ja auch im Rahmenprogramm unterwegs. Da hat man gesehen, dass das ganze Team noch ein bisschen hinterherfährt. Woran liegt das?
Maro Engel: Das Programm und der angesprochene Vertrag zwischen Erebus und Mercedes wurde erst Ende September unterschrieben, die Autos wurden in 109 Tagen entwickelt und gebaut, das ist fast ein Jahr weniger Zeit als unsere Konkurrenten hatten. Dementsprechend muss man es realistisch betrachten, es war schon eine unglaubliche Leistung vom gesamten Erebus-Team sowie HWA, die Autos in der kurzen Zeit auf die Rennstrecke zu bekommen. Es stimmt jedoch, dass wir aktuell noch deutlich zu langsam sind - im Moment fehlt es vor allem an Top-Speed. Daran wird aber bereits sehr engagiert gearbeitet, vor allem auch bei HWA, die ja unsere Motoren liefern. Parallel wird in der Erebus-Fabrik an der Gold Coast weiter am Chassis gearbeitet.

Wie lange wird es dauern, bis der Rückstand aufgeholt ist?
Maro Engel: Ziel muss es sein, bis Mitte des Jahres mit dem Auto konkurrenzfähig zu sein und im letzten Drittel des Jahres um Podiumsplätze zu kämpfen.

Was ist für Dich persönlich noch das größte Problem?
Maro Engel: In den bisherigen Rennen war ich leider stark von technischen Defekten beeinträchtigt. Wenn ich frei fahren konnte, war ich durchaus auf dem Level meiner Teamkollegen, teilweise sogar davor. Das muss in diesem frühen Teil der Saison mein Ziel sein. Generell ist meine größte Herausforderung, alle neuen Strecken in der wenigen Trainingszeit zu lernen. Wir haben nur etwas weniger als 2 Stunden freies Training bevor es ins Qualifying geht - da gilt es mit dem Lernen natürlich keine Zeit zu verlieren. Zusätzlich wird sehr wenig getestet in der Serie, ich hatte bisher lediglich einen richtigen Testtag. Technisch hat man zusätzlich noch die Möglichkeit, etwa die Stabilisatoren während des Fahrens vom Auto aus zu verstellen - auch das ist etwas ganz neues für mich. All diese Faktoren führen natürlich dazu, dass es aus fahrerischer Sicht sehr anspruchsvoll ist. Aber es ist eine Herausforderung, die mir sehr viel Spaß macht und die sicherstellt, dass ich alles aus mir herausholen muss.

Das ganze Projekt Australien ist für Dich aber auf jeden Fall auf mehrere Jahre ausgelegt?
Maro Engel: Klar, anders würde es ja auch keinen Sinn machen. Wie eben angesprochen, muss ich dieses Jahr sehr viel lernen - das Gelernte möchte ich dann natürlich in den folgenden Jahren umsetzen. Zusätzlich sind die V8 Supercars wirklich eine fantastische Serie und hierzulande sogar deutlich beliebter als die Formel 1. Beim Saisonauftakt in Adelaide kamen über das Wochenende 286 000 Zuschauer. Das Interesse ist enorm, die Meisterschaft riesig und ich habe hier die Chance, mit einem sehr professionellen Team an einem aufregenden Projekt zu arbeiten, bei dem ich zusätzlich noch meiner Marke treu bleiben kann.

Bist Du dafür auch komplett nach Down Under ausgewandert?
Maro Engel: Mein Hauptwohnsitz ist nach wie vor in Monaco, es war mir wichtig, mein Leben in Europa nicht ganz aufzugeben. Allerdings habe ich hier in Australien natürlich auch einen Wohnsitz an der Gold Coast, nur ein paar Minuten von Surfers Paradise und 30 Minuten von der Erebus-Fabrik entfernt. Ich werde während der Saison die meiste Zeit in Australien verbringen.

Aber Dir gefällt es auch privat in Australien?
Maro Engel: Auf jeden Fall. Es ist ein tolles Land, mit unglaublich vielen Facetten, sehr entspannten und netten Leute, überall sehr viel Platz - zudem gibt es viele Möglichkeiten, auch in der Freizeit. Auch wenn ich eine Erfahrung nicht unbedingt noch einmal brauche: Ich war Jet-Ski fahren und danach wurde mir gesagt, dass das Meer da, wo ich unterwegs war, voller Haie ist...