Der Volkswagen Tiguan III, so die genaue Bezeichnung, ist seit Anfang 2024 zu haben. Neu für diese Generation ist, dass es nur mehr eine Außenlänge gibt – der verlängerte Allspace ist Geschichte und wurde durch den eigenständigen Tayron abgelöst. Wir schnappten uns für einen sonnigen Ausflug nach Kroatien die sportliche Version namens R-Line in der Farbe „Cipressino-Grün Metallic“, samt dem Design-Paket „Black Style“ und glanzgedrehten 20-Zoll-R-Felgen. Die 2.150 Kilometer lange Fahrt führte uns durch abwechslungsreiche Landschaften. Von deutschen Autobahnen bis zu den kurvigen Straßen in den kroatischen Bergen war alles dabei, um das SUV zu testen.
Sparsamer Verbrauch und überraschender Komfort
Schon nach den ersten Kilometern beeindruckte der Tiguan mit einem Verbrauch von 6,7 Liter auf 100 Kilometer. Wir staunten, denn so wenig Sprint verbrauchen wir normalerweise auf unseren Testfahrten nie, sind aber meistens auch mit etwas anderen Kalibern unterwegs. Damit schien das Tanken fast zur Nebensache zu werden. Doch das wahre Highlight waren die sogenannten „ergoActive-Plus-Sitze“ samt Lederpaket: Seitenhalt, Sitzheizung, Belüftung und eine Massagefunktion machten selbst lange Etappen zum Wohlfühlprogramm. Dieses Extra mag aufpreispflichtig sein (2.380 Euro), ist jedoch jeden Cent wert. Der Rest des Innenraums machte ebenfalls Eindruck. Schön anzugreifende Materialien, klare Sicht dank schlanker A-Säulen und eine stimmungsvolle Ambientebeleuchtung, die sich auch perfekt auf alle Anzeigen abstimmt, zauberten eine entspannte Atmosphäre. Wenn es draußen dunkel wurde, schätzten wir insbesondere das Matrix-LED-IQ-Licht, welches jeden Zentimeter ausleuchtet und den 4,56 Meter langen Tiguan auch inmitten der Nacht handlich, wendig und alltagstauglich bleiben lässt.
Details, die den Gesamteindruck trüben
Setzt man sich nach dem ersten äußerst positiven Eindruck dann etwas genauer mit dem neuen Tiguan auseinander, offenbaren sich doch ein paar Schwächen, die vielleicht erst beim zweiten Blick auffallen. Die blauen Kontrastnähte der Türtafeln waren beispielsweise ungleichmäßig verarbeitet, was das ansonsten stimmige Interieur-Design irgendwie störte. Im Fond fehlten diese Akzente völlig. Hier so offensichtlich Kosten zu sparen ist unserer Meinung nach der falsche Ansatz. Auch die Technologie ließ in ein paar Bereichen zu wünschen übrig: Der Tempomat verlangte eine Eingewöhnungsphase, und die Wisch-Touch-Bedienung der Klimaanlage war im Alltag schlicht unpraktisch, da man auch keinerlei haptisches Feedback beim Einstellen bekommt. Hier wäre ein klassisches Bedienkonzept sicher die bessere Wahl gewesen. Dafür funktionierte die Apple CarPlay-Einbindung ohne Probleme. Einmal mit Spotify verbunden, stellten wir aber leider fest, dass das Soundsystem „Harman Kardon“ eine weitere Enttäuschung ist: Der Klang blieb flach und uninspirierend, ohne Tiefe oder Raumgefühl. Hier dürften Musikliebhaber ins Grübeln geraten, vor allem, wenn Konkurrenzmodelle wie Cupra in diesem Bereich deutlich mehr bieten.
Der Motor: Ein Laufrad statt Rennpferd?
Wer sich ab Werk einen Tiguan III ordert der kommt in den Genuss vieler verschiedener Motorenoptionen. Insgesamt stehen acht Antriebe zur Verfügung. Ein genauer Blick auf das jeweilige Aggregat und eine Testfahrt vorab ist jedoch wärmstens zu empfehlen, denn gerade bei unserem Testwagen wollten das sportliche Erscheinungsbild der R-Line und der verbaute Motor unter der Haube nicht so wirklich gemeinsam harmonieren. Kurz gesagt: Es fehlte an Leistung. Der 1.5 eTSI-Mild-Hybrid-Motor mit 150 PS versprach viel, erfüllte jedoch nur den sparsamen Verbrauch. Die Beschleunigung mit dem 7-Gang-DSG wirkte eher gequält als sportlich. Dazu gesellten sich störende Windgeräusche ab 130 km/h, die längere Fahrten unangenehm machten. Noch störender wurde es, wenn die Drehzahl über 3.500 Umdrehungen stieg. Für 61.437 Euro (Preis unseres Testwagens) darf man sich dann doch etwas mehr erwarten. Wer sich für einen Tiguan III R-Line entscheidet, sollte bei der Auswahl des Motors lieber zu klassischen Benzinern (2.0 TSI mit 204/265 PS) oder stärkeren Diesel (2.0 TDI mit 193 PS) greifen. Wenn es unbedingt ein Hybrid sein soll, dann aber mit Stecker und 272 kombinierten Pferdestärken.
Fazit: Beim bequemen Allrounder kommt es auf den Motor an
Der VW Tiguan R-Line hat auf dieser Reise mit dem niedrigen Verbrauch, einem Interieur zum Wohlfühlen und dem Sitzkomfort, deutlich seine Stärken aufgezeigt. Doch es wurde auch schnell ersichtlich, wo es hapert – ein schwacher Motor, laute Fahrgeräusche und kleine Schwächen in der Verarbeitung trüben das Gesamtbild. Wer einen komfortablen Alltagsbegleiter mit viel Stauraum sucht, wird mit dem Tiguan sicher glücklich. Doch wer sich vom R-Line-Emblem echte Sportlichkeit erhofft, wird enttäuscht, beziehungsweise hat mit dem 1,5-Liter-Mild-Hybrid-Motor einfach das falsche Aggregat gewählt.
Alle weiteren Bilder zu unserer Testfahrt gibt es hier:
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