Das diesjährige 24h-Qualifikationsrennen ist vorbei. Am Samstag und Sonntag fanden die ersten Rennveranstaltungen statt, bei denen erstmals die neuen Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der Nordschleife galten. Wer kann das neue Tempolimit besser beurteilen, als die Piloten selbst? Motorsport-Magazin.com hörte sich im Fahrerlager des Nürburgrings um.

Zum Vergleich vorweg: Die Bestzeit von Kevin Estre im Top-30-Qualifying des letztjährigen 24-Stunden-Rennens betrug 8:10.921 Minuten - eine absolute Fabelzeit! Dem Zweitplatzierten Maxime Martin fehlten damals bereits mehr als 2,5 Sekunden auf die Bestzeit des McLaren-Piloten. Trotz der Leistungssenkung und der Einführung von Tempozonen, war die Polezeit von Maximilian Götz am Samstag lediglich 15 Sekunden langsamer.

"Die Veranstalter mussten nach dem tragischen Unfall reagieren und das war die Variante, die man auch in kurzer Zeit realisieren konnte", weiß Sebastian Asch im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Ob das jedoch überall - zum Beispiel auf der Döttinger Höhe - Sinn macht, ist fraglich. Dennoch finde ich es gut, dass an der Sicherheit gearbeitet wird. Wir möchten nicht, dass sich solch ein Unfall wiederholt."

"Ich muss sagen, dass das Thema Speedlimit von den Verantwortlichen und den Leuten, die am Runden Tisch vertreten waren, sehr gut gelöst wurde", war Christopher Brück zufrieden. Vor allem die Haltbarkeit über 24 Stunden sieht der Bentley-Pilot jedoch kritisch: "24 Stunden im Speedlimiter zu fahren geht extrem auf das Material des Fahrzeugs und des Motors." Darüber hinaus fordert Brück Änderungen an den Tempozonen. "Meine Idee wäre es, die 200er-Zone am Flugplatz etwas zu verlängern und damit die 250 Stundenkilomter aufzuheben, das wäre einfacher für uns Fahrer."

Marc Basseng war an diesem Wochenende zum Zuschauen verdammt. Da Phoenix Racing mit dem neuen Audi R8 LMS beim Langstreckenrennen in Monza an den Start geht, war eine Teilnahme am 24h-Qualifikationsrennen nicht möglich. Dennoch reiste der Audi-Pilot in die Eifel. "Für uns ist das eine große Umstellung", weiß Basseng "Wir müssen schauen, wie sich diese Maßnahmen auf das Rennen auswirken. Die Tempozonen wurden allerdings sehr Bedacht gewählt: Man fährt hinein, muss aber nicht bremsen. Das macht das ganze sicherer."

Die Tempozonen wurden gut angenommen, Foto: Patrick Funk
Die Tempozonen wurden gut angenommen, Foto: Patrick Funk

Dem konnte sich auch Dieter Weidenbrück anschließen. Der BMW-Pilot absolvierte im Vorfeld des 24h-Qualifikationsrennens einen Lauf der Rundstrecken-Challenge. "Ich sehe keine Risiken durch Auffahrunfälle", berichtete Weidenbrück auf Facebook. "Wir haben hier eine völlig andere Situation als bei Code-60. Alle Autos - ohne Ausnahme - passieren den jeweiligen Beginn der Zone voll beschleunigend, weil sie eben noch weit unter der dort erlaubten Geschwindigkeit fahren."

Einzig die gewählten Enden der Tempozonen, sieht Weidenbrück kritisch. "Beide Zonen enden in Bereichen, in denen volle Konzentration auf die Strecke gefordert ist", erklärt er. "Kommt man mit 250 Stundenkilometern an der Antoniusbrücke an, dann muss man die Linkskurve und den Tiergarten anpeilen, dazu noch den Verkehr. In dieser Situation im Rennbetrieb dann noch bis 20 Meter vor der Brücke auf den Tacho schauen zu müssen, damit man nicht zu schnell wird, ist nicht ohne, besonders dann nicht, wenn man sich im Zweikampf befindet."

Auch Lance-David Arnold sieht die neue Maßnahme mit gemischten Gefühlen. "Tempolimit und Rennstrecke, das passt nicht wirklich zusammen", meint der Bentley-Pilot. "Wenn man aber im Auto sitzt, ist man froh, dass die Winterzeit wieder vorbei ist. Ich war zudem erstaunt, wie sich die GT3-Ingenieure mit der Thematik auseinandersetzen. Das eine oder andere Gimmick ist schon im Auto eingebaut, sodass wir optimal auf diese Zonen vorbereitet sind. Da ist auch ein gewisser Ehrgeiz hinter den Kulissen spürbar."

Viele Fahrer sind froh, überhaupt zu fahren, Foto: Patrick Funk
Viele Fahrer sind froh, überhaupt zu fahren, Foto: Patrick Funk

"Ich bin froh, dass wir überhaupt fahren können", stellte Dirk Werner klar. Der BMW-Pilot kämpft für Schubert Motorsport um den Gesamtsieg beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen. "Wir wollen natürlich kein Risiko eingehen und eine Strafe riskieren. Darum ist es nicht so schlimm, wenn wir in den entsprechenden Tempozonen nur 195 Stundenkilometer statt der erlaubten 200 Stundenkilometer fahren."

DTM-Pilot Martin Tomczyk steht hinter der Entscheidung des DMSB: "Wir stehen voll und ganz hinter den Low Speed Zones, sie sind toll beschildert und die Sicherheit geht für uns vor. Im Vordergrund stand an diesem Wochenende die Gewöhnung an die neu installierten Geschwindigkeitsbegrenzungen", berichtet der Rennsieger. "Diese wurden meiner Meinung nach sehr gut kommuniziert und auf der Strecke angezeigt. Für mich als Fahrer war es kein Problem, mich damit zurechtzufinden. Dafür ein großes Lob an den Veranstalter."

Auch Rennleiter Walter Hornung zog eine positive Bilanz des Wochenendes: "Ich muss den Fahrern ein großes Kompliment machen: Wir haben keinen einzigen Tempo-Verstoß auf der Strecke ahnden müssen. Das zeigt mir, wie professionell die Fahrer und Teams mit der neuen - und für alle Beteiligten ungewohnten - Situation auf der Nordschleife umgegangen sind. Trotzdem muss man sicher vor dem 24-Stunden-Rennen noch ein wenig Feintuning an den sportlichen Regeln betreiben. Das werden wir gemeinsam mit dem DMSB in den nächsten Tagen angehen."

Tempolimit in der Boxengasse

In der Boxengasse herrscht ab sofort ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern. Besonders für die GT3-Boliden eine große Herausforderung. "Wenn man rausschaut und die GT3-Boliden vorbeifahren sieht, denkt man, man ist in der Fußgängerzone in der Stadt. Der SLS tuckert gerade so im Standgas herum", berichtet Sebastian Asch gegenüber Motorsport-Magazin.com von seinen Erfahrungen mit dem Zakspeed-Mercedes. "Die Veranstalter sind natürlich übervorsichtig und wollen, dass nirgends etwas passiert. Das verstehe ich. Ob aber alle Maßnahmen Sinn machen, weiß ich nicht. Vielleicht ändert sich bis zum 24-Stunden-Rennen noch etwas."

"Das Tempolimit in der Box war ein schöner Versuch, aber das geht absolut gar nicht", bilanzierte auch Christopher Brück. "Wir haben extreme Probleme unsere Autos mit dem Drehmoment überhaubt anzufahren, auch das geht wieder extrem auf das Material der Kupplung. 50 Stundenkilometer wären echt ein schöner Mittelweg aber bitte keine Dreißig." Auch Motorsport-Magazin.com stellte fest, das viele GT3-Fahrzeuge bereits beim Anfahren Probleme hatten, das Tempolimit einzuhalten.

Vor allem die GT3-Boliden hatten Probleme in der Boxengasse, Foto: Patrick Funk
Vor allem die GT3-Boliden hatten Probleme in der Boxengasse, Foto: Patrick Funk

Dieter Weidenbrück, der am Samstag das RCN-Rennen bestritten hatte, präzisierte die Meinung vieler Piloten: "Ganz einfach gesagt: das ist Blödsinn", fand der BMW-Fahrer deutliche Worte. "Ich habe es selber ausprobiert, mit meinem SP6-Z4 erreiche ich im Leerlauf im ersten Gang knapp über 30 Stundenkilometer. Lasse ich das Auto im Leerlauf trudeln, dann stehe ich nach ein paar Metern, weil dem Motor dazu die Schwungmasse fehlt."

Die geringste Geschwindigkeit, die Weidenbrück fahren konnte, betrug 39 Stundenkilometer - bestätigt durch das Radarsystem. Eine ganze Reihe anderer Fahrer hatten das gleiche Problem. Bereits im 24h-Zeittraining am Samstagabend hagelte es reichlich Strafen. Einige Teams beließen den Pit-Limiter der Fahrzeuge jedoch auf 60 Stundenkilometern - schließlich gibt es häufiger Code-60-Phasen auf der Strecke als Boxenbesuche im Rennen. Bleibt abzuwarten, ob das Tempolimit auch zukünftlich gilt.