8:10.921 Minuten im Top-30-Qualifying. Der Speed der GT3-Fahrzeuge scheint keine Grenzen mehr zu kennen. Wie jedes Jahr stellt sich die Frage: Sind die GT3 mittlerweile zu schnell für dieses Rennen? Während vorne die GT3-Boliden von einem Rekord zum nächsten jagen, kämpfen im hinteren Teil des Feldes Amateurfahrer mit Fahrzeugen, die gerade einmal über ein Drittel der Leistung der Top-Autos verfügen. Drei von vier VLN-Rennen mussten nach Unfällen abgebrochen werden. Motorsport-Magazin.com traf sich mit verschiedenen Fahrern und befragte sie zu der dauerhaften Diskussion. Einhelliger Tenor: Mit mehr Rücksicht auf beiden Seiten würde es problemlos gehen.

Absolut einig sind sich die Fahrer darin, dass die GT3-Boliden nicht das Sicherheitsrisiko sind. Wohl aber gerate man an eine Grenze: "Ich denke, dass die Autos vom Speed her am Limit sind", sagt Nick Heidfeld, der im Werks-Nissan GT-R an den Start geht. Auch Markus Winkelhock von Phoenix Racing berichtet von "sehr großen Geschwindigkeitsunterschieden" zwischen den kleinsten Fahrzeugen und den GT3-Sportwagen. Christopher Brück, Markus Winkelhock und Uwe Alzen bezeichneten die GT3-Fahrzeuge aber auch als "nicht zu schnell."

Regeln sollten klar befolgt werden

Letzterer findet sogar, dass die GT3-Fahrzeuge trotz schnellerer Rundenzeiten ein wesentlich geringeres Risiko darstellen würden als andere Autos, die er vormals gefahren ist, wie etwa das 700 PS starke ‚Turbinchen‘: "Diese Autos sind extrem sicher und einfach zu fahren, weil sie für ihr Abtriebsniveau vergleichsweise wenig Leistung haben." Er sieht das Sicherheitsproblem an einer anderen Stelle: "Das Problem sind nicht die Rundenzeiten oder die Autos. Das Problem ist einfach, dass hier Profis und gute Amateurfahrer auf Hobbyfahrer treffen, die vielleicht zweimal im Jahr auf der Nordschleife fahren. Die kennen die Strecke nicht so gut und sind überhaupt nicht einzuschätzen."

Viele Amateure sind auf deutlich leistungsschwächeren Fahrzeugen als die Spitze unterwegs, Foto: Patrick Funk
Viele Amateure sind auf deutlich leistungsschwächeren Fahrzeugen als die Spitze unterwegs, Foto: Patrick Funk

So würden immer wieder Piloten in der Mitte der Strecke ohne klares Ziel herumfahren. Alzen beschreibt das Problem aus der Sicht des Überholenden: "Man weiß nicht, was sie als nächstes machen: Fahren sie nach rechts oder links? Das macht die ganze Sache so gefährlich. Aber das ist etwas, was nur ganz schwer abzustellen ist." Der 46-Jährige empfiehlt daher neuen Fahrern, erst einmal in der RCN (Rundstrecken Challenge Nürburgring) zu üben. "Aber irgendwann wollen diese Fahrer natürlich in die VLN und zum 24h-Rennen, und dann kommen solche riesigen Unterschiede zustande, wenn sie den Schritt zu früh machen."

Auch Sabine Schmitz sieht die Amateurfahrer in der Verantwortung: "Jedes Mal wird bei der Fahrerbesprechung erklärt, dass wer links fahren will links blinken soll und wer nach rechts will rechts blinkt. Wenn die es dann trotzdem anders machen frage ich mich schon, ob diese Herrschaften lesen und schreiben können. Da geht mir die Hutschnur fliegen und dann geht auch schon einmal der eine oder andere Finger aus dem Fester, weil sowas echt unnötig ist." Nick Heidfeld formuliert es diplomatischer: "Es gibt eben Fahrer, die das nicht professionell machen. Die geben auch ihr Bestes, aber manchmal ist das eben nicht genug, um einen Unfall zu verhindern."

Kevi Estre sprengte mit seiner Quali-Runde alle Rekorde, Foto: Patrick Funk
Kevi Estre sprengte mit seiner Quali-Runde alle Rekorde, Foto: Patrick Funk

Auch die Profis müssen aufpassen

Sind also nur die Amateurfahrer hier in der Pflicht? Schmitz sieht das ein bisschen anders: "Es gibt hier einige [Profi-Fahrer], die schon sehr aggressiv fahren. Ich überlege mir, wenn ich wo reinstechen will, ob es sich lohnt oder nicht. Wenn man sein Auto immer wieder überall riskiert kann es das auch nicht sein. Ich weiß, dass ich dadurch ein paar Sekunden verliere, aber ich sag‘ mal: Lieber heile durchkommen als mit der Brechstange zu pflügen und alles zu zerstückeln."

Andere Fahrerkollegen schließen sich Sabine Schmitz an und übertragen ebenfalls den Profi-Fahrern eine große Verantwortung: "Es gibt auf den langsamen Autos Fahrer, die nicht auf Profi-Niveau sind. Da müssen wir als Profis mit acht geben und mögliche Fehler in unser Risiko einkalkulieren, wenn wir überholen", äußerte sich Markus Winkelhock. Auch Heidfeld gibt zu: "Es ist immer ein bisschen von beiden anhängig."

Insgesamt lässt sich die Situation also nicht auf eine Variable herunterbrechen. Den Speed der GT3-Autos machen jedenfalls die wenigsten als Schuldigen für die vielen Unfälle zu Beginn der Saison verantwortlich. Viel schneller sollte es aber nicht mehr werden, meint Heidfeld. "Es würde dann zwar noch mehr Spaß machen, aber man schaue sich die Auslaufzonen einmal an: Zwei Meter Gras und dann Leitplanke. Von mir aus muss es nicht schneller werden." Auch Markus Winkelhock und Uwe Alzen stimmen zu, dass die GT3-Fahrzeuge für die Fahrer einen großen Spaßfaktor darstellen. Abschaffen sollte man sie besser nicht.