Wer sich über die Rennerfolge von Porsche aus dem vergangenen Jahrhundert informiert, der beschäftigt sich ganz automatisch auch mit ihm: Norbert Singer. Als visionärer Renningenieur und begnadeter Aerodynamiker ist er an allen Porsche-Gesamtsiegen in Le Mans von 1970 bis 1998 beteiligt – vom 917 bis zum 911 GT1 '98.
Heute feiert er seinen 85. Geburtstag. „Wir wünschen Norbert Singer alles Gute und danken ihm für seinen unermüdlichen Einsatz für die Marke“, sagt Michael Steiner, Mitglied des Vorstandes Forschung und Entwicklung. „Er hat nicht nur als Projektleiter in Weissach zum Erfolg der Marke im Motorsport beigetragen, sondern auch mit seinen strategischen und taktischen Entscheidungen an der Rennstrecke.“
Zu Beginn der 1970er Jahre kommt Singer zu Porsche
Norbert Singer wird am 16. November 1939 in Eger im Sudetenland, dem heutigen Cheb im äußersten Westen Tschechiens, geboren. Er studiert Maschinenbau mit den Schwerpunkten Luft-, Raumfahrt- und Kraftfahrzeugtechnik in München und schließt als Diplom-Ingenieur ab.
Im März 1970 startet er seine Karriere als Renningenieur in der Entwicklungsabteilung bei Porsche, eingestellt von Peter Falk, Leiter der Vor- und Rennwagenentwicklung im Versuch sowie Versuchsleiter in der Serienentwicklung. Singers Leidenschaft für Motorsport ist nichts Neues, schon als Student hat er Rennen am Nürburgring und beim Grand Prix in Monaco verfolgt.
Sein erstes Jahr bei Porsche ist auch das Jahr des langersehnten ersten Gesamtsiegs in Le Mans. Direkt nach seinem Start in Weissach befasst er sich mit der Getriebekühlung des Porsche 917 Kurzheck, mit dem Richard Attwood und Hans Herrmann wenige Wochen später an der Sarthe siegen. Auf Wunsch des Entwicklungschefs Ferdinand Piëch überlegt sich Singer eine einfache Lösung anstelle eines externen Ölkühlers, der zusätzlichen Luftwiderstand erzeugen würde.
Nach dem Triumph beim 24-Stunden-Rennen widmet er sich der Aerodynamik des 917, später optimiert er den 917 Langheck, den 917/10 und den 917/30 mit Turboaufladung. Es folgen mehr als drei Jahrzehnte, in denen er als Projektleiter viele Fahrzeuge für ihren Einsatz auf der Rennstrecke vorbereitet und währenddessen begleitet, unter anderem: 911 Carrera RSR, 911 Carrera RSR Turbo 2.1, 935, 935/78 „Moby Dick“, 924 Carrera GT, 924 GTP Le Mans, 956, 962, 911 Turbo S Le Mans GT, 962 Dauer Le Mans GT, 911 GT1.
Insbesondere in den 1980er Jahren war Singer sehr erfolgreich
Einer der Höhepunkte seiner Karriere ist die Entwicklung des Gruppe-C-Fahrzeugs 956 und des darauf basierenden Nachfolgers 962. Beim 956 führt Porsche erstmals ein Aluminium-Monocoque ein und verhilft dem Rennwagen – dank einer besonderen Unterbodengestaltung mit Luftkanälen – zum sogenannten Ground Effect.
„Je schneller sie gefahren sind, desto mehr klebten die Fahrzeuge förmlich auf dem Asphalt“, erzählt Singer. Von 1982 bis 1986 erzielen die Modelle 956 und 962 C sieben Gesamtsiege in Le Mans und gewinnen fünf Fahrer-, drei Marken- sowie zwei Team-Weltmeisterschaften. In den Jahren 1984 bis 1991 fährt der 962 als Version für die amerikanische IMSA-Rennserie zahlreiche Siege ein.
Seit seinem Ruhestand im Dezember 2004 steht Singer dem Porsche Museum als Zeitzeuge zur Verfügung. Er ist häufig zu Gast im Porsche Unternehmensarchiv und wirkte unter anderem bei der Aufarbeitung der Geschichte des 956/962 in Buchform mit. Sein Wissen gibt er auch bei der Restaurierung von Rennfahrzeugen weiter. Bis heute ist er eng mit der Marke verbunden.
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