Die Teams und Fahrer der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) atmen auf: In einem späten Beschluss haben die FIA und der ACO entschieden, dass bei den 24 Stunden von Le Mans (10./11. Juni 2023) Reifenwärmer zum Einsatz kommen dürfen. Nach dem Verbot der Heizdecken zum Beginn der diesjährigen WEC-Saison, soll es sich dabei um eine einmalige Ausnahme handeln.

Die Verantwortlichen informierten die Öffentlichkeit über den Schritt am Donnerstagabend dieser Woche mit einer Pressemitteilung. "Die FIA und der ACO haben gemeinsam mit den exklusiven Reifenlieferanten Michelin und Goodyear eine umfassende Bewertung der Reifenverwendungsdaten durchgeführt und beschlossen, das Reifenwärmen für die 24 Stunden von Le Mans zu genehmigen", hieß es da.

Mit dieser Ausnahmegenehmigung solle sichergestellt werden, dass "Fahrer aller Erfahrungsstufen unter allen Streckenbedingungen und Temperaturen in einer möglichst sicheren Umgebung antreten können". Die benötigten Reifenwärmöfen sollen in Le Mans mit 100 Prozent nachhaltigem Kraftstoff betrieben werden. Das Verbot der Reifenwärmer führte auf die Idee zurück, mit dem Verzicht die Umwelt zu schonen.

Diese Entscheidung war seit den ersten WEC-Saisonrennen und vor allem nach dem letzten Lauf in Spa-Francorchamps auf massive Kritik von allen Seiten gestoßen. Fahrer und Teams befürchteten schwere Unfälle durch kalten Reifen, mit denen sich die Autos bei kalten Streckenbedingungen oder wie bei Le Mans in der Nacht nur bedingt kontrollieren lassen. Ebenso herrschten Sorgen über Amateur-Fahrer in den LMP2- oder GTE-Am-Autos, die mit nicht vorgeheizten Reifen für große Gefahr sorgen können.

Großer Ärger über das Verbot der Reifenwärmer in der WEC, Foto: LAT Images
Großer Ärger über das Verbot der Reifenwärmer in der WEC, Foto: LAT Images

Zunächst gab es Spekulationen, ob in Le Mans - dem Saisonhighlight und einzigem 24-Stunden-Rennen im WEC-Kalender - nur die GTE-Autos mit Heizdecken würden arbeiten dürfen. FIA und ACO stellten klar: "Die Rückkehr der Reifenwärmer gilt für alle drei Klassen der FIA WEC, um Konsistenz und Fairness zu gewährleisten."

Mit der Entscheidung pro Reifenwärmer haben die Verantwortlichen gerade rechtzeitig einer Diskussion vorgebeugt, die die Feierlichkeiten anlässlich des 100. Geburtstags von Le Mans zu überschatten drohte. Vor allem beim 6-Stunden-Rennen in Spa gab es angesichts einiger riskanter Vorfälle eigentlich kein anderes Thema mehr in der Langstrecken-WM, die dank Rückkehrern wie Porsche, Ferrari und Peugeot einen großen Hype erlebt.

Betroffen waren in Spa neben mehreren Amateuren auch Profis wie Brendon Hartley (Toyota), der im Qualifying crashte sowie Renger van der Zande, der mit seinem Cadillac im Rennen spektakulär abflog und von einer Streckenbegrenzung in Eau Rouge gestoppt wurde.

Mehrere Piloten äußerten sehr kritisch ihre Bedenken, die schon seit den Testfahrten vor Saisonbeginn die Runde machten. In Spa war das Fass endgültig übergelaufen. "Mit kalten Reifen eine Outlap zu fahren, ist wahnsinnig gefährlich", schimpfte etwa Pole-Setter Kamui Kobayashi, der wie viele andere auch kein Verständnis für die Entscheidung der FIA und WEC hat. "Hier sind doch Profis unterwegs und wenn die ihr Auto nicht auf der Strecke halten können, stimmt etwas nicht. Es kann doch nicht sein, dass wir mit kalten Reifen wie Fahranfänger aussehen und um den Kurs rollen!"