Mit der 80. Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans beginnt an der Sarthe eine neue Ära. Nicht nur, dass mit dem DeltaWing ein futuristisches aber auch umstrittenes Projekt außer Wertung startet, erstmals treten Werksteams mit Hybrid-Prototypen die Jagd auf den Gesamtsieg an.

Bei der legendären Hatz zweimal rund um die Uhr startete bisher nur das Schweizer Privatteam Hope im Jahr 2011 mit einem LMP1, der zwei Herzen in sich hatte. Mit dem Budget und dem Know-How von Toyota und Audi hätte dieses Projekt möglicherweise auch erfolgreicher beendet werden können (Ausfall nach 115 Runden).

Audi will Toyota im Rennen abhängen, Foto: Audi
Audi will Toyota im Rennen abhängen, Foto: Audi

Topfavorit auf den Sieg beim 80. Klassiker an der Sarthe dürfte Audi sein. Die Ingolstädter schicken neben den beiden R18 e-tron quattro genannten Hybrid-Coupés zwei überarbeitete R18 ultra mit reinem Dieselantrieb im Heck an den Start. Audi könnte sich 2012 den elften Gesamtsieg sichern, rechnet man den Einsatz des Bentley im Jahr 2003 dazu, sogar den zwölften.

Die Fahrertrios in den R18 wurden im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert. Die Sieger von 2011, André Lotterer, Marcel Fässler und Benoit Tréluyer, sitzen im Hybrid mit der Startnummer "1", Allan McNish, Dindo Capello und Tom Kristensen im zweiten e-tron. In einem der ultras ersetzt Marc Gené den rekonvaleszenten Timo Bernhard und teilt sich das Cockpit mit Romain Dumas und Neuzugang Loic Duval, der zweite ultra unter dem Label von Audi Sport Noth America ist mit Oliver Jarvis, Marco Bonanomi und Mike Rockenfeller besetzt.

Beim traditionellen Vortest am vergangenen Sonntag überzeugte Audi mit Runden von 3:25.927 durch McNish beziehungsweise 3:26.446 Minuten durch Lotterer, die die Spitzenplätze für die e-tron quattros bedeuteten. Auch der dritte Rang ging an einen Audi, Duval erzielte eine Zeit von 3:26.561 Minuten.

Toyota fast auf Augenhöhe

Bei der Generalprobe alles andere als abgeschlagen präsentierte sich Toyota. Obwohl man wegen Nicolas Lapierres Testunfall das WEC-Rennen in Spa auslassen musste, war man nahezu auf Augenhöhe mit Audi und deutlich schneller als die Privatteams. Für die Rückkehr an die Sarthe sicherten sich die Japaner nicht nur die Unterstützung von Oreca, sondern auch die schnellsten Piloten von Peugeot.

Nach dem Rückzug der Franzosen wechselten Alex Wurz, Anthony Davidson und Lapierre vom 908 in den TS030, für Le Mans wurde außerdem Stéphane Sarrazin aus seinem Vertrag mit Starworks freigekauft. Sarrazin, Wurz und Davidson konnten im Peugeot-Werksteam bereits Erfahrungen mit der Hybridtechnik sammeln, die beiden ehemaligen Formel-1-Piloten Sébastien Buemi und Kazuki Nakajima müssen sich im Prototyp erst noch beweisen.

Das Pescarolo-Team hat zwei Eisen im Feuer, Foto: FIA WEC
Das Pescarolo-Team hat zwei Eisen im Feuer, Foto: FIA WEC

Für die Privatteams in der LMP1-Klasse geht es eigentlich nur die inoffizielle Wertung bester klassischer Benziner. Henri Pescarolo hat seinem Team gleich zwei Baustellen auferlegt und setzt zwei Prototypen ein. Zum Einen kehrt Dome mit dem S102.5 zusammen mit Pescarolo zurück nach Le Mans, zum Anderen hat man den gescheiterten Aston Martin AMR-One weiterentwickelt und mit einem Motor von Judd ausgerüstet. Sébastien Bourdais, Nicolas Minassian und Seiji Ara konnten mit dem Dome in Spa mit P5 schon das Potenzial des 2008 vom achten Platz gestarteten Coupés andeuten, der Einsatz des Pescarolo 03 stand bis vor Kurzem noch auf der Kippe. Weil Stammfahrer Julien Jousse gegen seine Ausbootung geklagt hatte und die französische Justiz vergangenen Freitag beide Prototypen beschlagnahmen musste. Jousse sollte durch Stuart Hall ersetzt werden, dessen Gönner Roald Goethe die Fertigstellung des Pescarolo 03 duch eine Geldspritze erst ermöglicht hatte.

Rebellion Racing schickt wieder zwei Lola-Toyota nach Le Mans und vertraut auf die beiden Trios Prost/Jani/Heidfeld sowie Belicchi/Primat/Bleekemolen. Zwei HPD ARX 03a kommen von Strakka und JRM, Oak musste beim Vortest noch einen heftigen Unfall von Guillaume Moreau verkraften, der im Pescarolo-Judd schwer verunfallte und notoperiert werden musste, weil eine Verletzung des Rückenmarks Schlimmes befürchten ließ. Zum Glück gab es mittlerweile Entwarnung aus Frankreich, Moreau hat die Operation gut überstanden, die Genesung wird sich aber noch lange ziehen. Als Ersatz konnte Teamchef Jacques Nicolet den ehemaligen Peugeot-Werksfahrer Franck Montagny verpflichten.

Die LMP2-Klasse verspricht Spannung

Nahezu offen ist die "kleine" Prototypenklasse. Bei den LMP2 sind 20 Boliden gemeldet, davon sieben Oreca 03 und vier Lola B12/80-Coupés neben drei Zytek Z11SN. Zwei Autos kommen jeweils von den Typen HPD ARX 03b und Morgan, der Norma von Extreme Limite erhält keine Unterstützung eines baugleichen Modells.

Lotus muss sich noch steigern, Foto: FIA WEC
Lotus muss sich noch steigern, Foto: FIA WEC

Beim Vortest fuhr der Morgan-Nissan von Oak mit 3:41.291 Minuten auf Gesamtrang 13 und war drei Zehntelsekunden schneller als der HPD von Level 5. Nicht zu unterschätzen sind die Boliden von Pecom, ADR-Delta, Greaves und Signatech, aus Deutscher Sicht besonders im Hinblick auf Pierre Kaffer bei Pecom. Der LMP2 von Lotus, der von Colin Kolles` Vater und seinem Gredinger Team Kodewa eingesetzt wird, konnte bisher nicht überzeugen.

Außer Wertung startet erstmals ein Konzeptfahrzeug aus der zusätzlichen 56. Garage. Im DeltaWing mit Nissan-Vierzylinder-Turbo fahren Marino Franchitti und Satoshi Motoyama neben Michael Krumm, das eigenartige Gefährt stößt aber bei den Fans schon jetzt auf wenig Gegenliebe und wird 2013 vom GreenGT mit Brennstoffzellenantrieb abgelöst.