Nachdem er im Indien-Sprint von Teamkollege Luca Marini am Start abgeschossen wurde, zeigte Marco Bezzecchi eine unglaubliche Aufholjagd und fuhr in nur elf Runden vom letzten auf den fünften Platz nach vorne. Seine Leistung war wie eine Drohung an die Konkurrenz, und diese machte der VR46-Pilot am Sonntag im Grand Prix wahr. Der Italiener gewann nicht einfach nur, sondern er fuhr das gesamte MotoGP-Feld in Grund und Boden. Dank des Sturzes von Francesco Bagnaia ist nun selbst der WM-Titel nicht auszuschließen.

Nur am Start musste sich 'Bezz' seinen WM-Kontrahenten Jorge Martin und Francesco Bagnaia kurzzeitig geschlagen geben. Aber schon in der letzten Kurve der ersten Runde hatte er wieder die Führung inne und fuhr danach konstant in einer eigenen Liga. Am Ende Betrug sein Vorsprung auf den zweitplatzieren Jorge Martin 8,6 Sekunden. Einen größeren Vorsprung in einem Trockenrennen gab es zuletzt 2019, als Marc Marquez auf Phillip Island mit über 11 Sekunden Vorsprung gewann.

Indien-Strecke vom ersten Moment an Bezzecchi-Land

Nach der Enttäuschung des Startcrashs am Samstag, fühlte Bezzecchi die Genugtuung: "So zurückzuschlagen ist fantastisch." Auch der kleine Rückschritt am Start, als er von Pole-Position auf Rang drei fiel, machte ihm nicht zu schaffen: "Ich versuchte ruhig zu bleiben, als Jorge und Pecco [Bagnaia] mich am Start überholten. Ich wusste, dass der Vorderreifen wichtig wird, also ging ich in Führung. Das war ein bisschen aggressiv, aber ich musste es tun, denn sonst wäre ich in Probleme geraten."

Doch warum brannte er trotz befürchteter Reifenprobleme der Konkurrenz danach dermaßen die Sekunden auf? Der VR46-Pilot konnte nur teilweise eine Erklärung liefern: "Ich mag diese Strecke sehr, aber ehrlicherweise weiß ich es nicht. Ich konzentrierte mich auf das Bremsen, denn das ist auf dieser Strecke sehr schwierig. Es ist schwer zu stoppen und du blockierst häufig die Front. Normalerweise machen Pecco und Jorge da den Unterschied." Während er auf der Bremse das Niveau seiner beiden Rivalen einholte, fuhr er in seinem Lieblingssektor des Buddh International Circuit allen davon: "Ich mochte die Strecke vom ersten Training an, es machte mir wirklich Spaß. Die schnellen Passagen gefallen mir sehr. Der dritte Sektor mit den zwei Schikanen und der langgezogenen Steilkurve macht wirklich Spaß."

Bezzecchi ohne Titel-Kampfansage: Ehre gegen Bagnaia und Martin zu fahren

Durch seine Galavorstellung liegt in der WM-Wertung der Rückstand auf Spitzenreiter Francesco Bagnaia bei nurmehr 44 Punkten. Dazwischen rangiert Jorge Martin, der 31 Zähler vor Bezzecchi liegt. Bei noch sieben ausstehenden Rennen und damit noch 259 zu vergebenen Punkten sind die Chancen des 24-Jährigen mehr als intakt. Von dieser guten Lage für ihn wusste Bezzecchi während des Rennens aber gar nicht. Den Sturz Bagnaias konnte er nur erahnen: "Das hat mir das Team nicht mitgeteilt, ich habe es erst nach dem Rennen realisiert. Ich sah etwas auf der Leinwand, aber ich war mir nicht sicher. Ich hatte keine Zeit, genau hinzusehen. Erst im Parc Ferme haben sie mir es gesagt." Von Freude über den Ausfall des Weltmeisters war nichts zu hören. Stattdessen fühlte Bezzecchi mit seinem Freund: "Es tut mir sehr leid für ihn."

Doch auch als Bezzecchi erfuhr, wie sehr sich seine Lage in der Weltmeisterschaft verbessert hat, gab es keine große Kampfansage für das Titelrennen. Stattdessen schickte der Italiener ein Lob in Richtung seiner beiden Rivalen: "Ich denke nicht darüber nach, denn diese Meisterschaft geht noch lange. Es wäre aber auch gelogen zu sagen, dass es mir nicht gefällt, näher dran zu sein. Mit Pecco und Jorge zu kämpfen ist mir eine Ehre, sie sind fantastische Fahrer. Ich will das einfach genießen." Warum dies so ist, teilte er ebenfalls mit. Ein privates Erlebnis aus der Vorwoche machte ihm klar, dass Rennsport nicht das wichtigste im Leben ist: "Die Woche war nicht einfach für mich. Ich habe vor ein paar Tagen einen Freund verloren. Ich möchte diesen Sieg ihm und seiner Familie widmen."