Nach zwei dicken Patzern zu Saisonbeginn schien Francesco Bagnaia endlich aus seinen eigenen Fehlern gelernt zu haben und befand sich dank beeindruckender Konstanz und Dominanz zur Saisonhälfte in völliger Kontrolle über die MotoGP-WM 2023. Nach dem Sprint in Barcelona führte er bereits mit 66 Punkten Vorsprung. Knapp drei Wochen später ist der Titelkampf jedoch wieder völlig. Im Indien-GP verfällt Bagnaia in alte Muster, ein Fehler bei der Reifenwahl kostet ihn Platz zwei.

Was war passiert? In Runde 13 war Bagnaia nach rundenlangem Anlauf in Turn 9 wieder an Martin vorbeigegangen, nachdem ihn dieser in der Frühphase des Rennens mit einem harten Manöver in T4 überholt hatte. Der Italiener schien zu diesem Zeitpunkt die bessere Pace zu haben und wollte sich sofort absetzen, um einen Konter zu verhindern. Das klappte zunächst auch, Bagnaia konnte sich binnen weniger Kurven um mehrere Zehntel von Martin distanzieren.

Dann jedoch der große Schock-Moment: Keine vollständige Runde nachdem 'Pecco' den zweiten Platz von Martin übernommen hatte, stürzte er in Kurve fünf aus dem Rennen. Der 26-jährige Turiner hatte in der ersten von zwei schnellen Linkskurven die Front seiner Ducati Desmosedici GP-23 verloren und war mit hoher Geschwindigkeit ins Kiesbett gerutscht. An eine Wiederaufnahme des Rennens war nicht zu denken, vielmehr musste Bagnaia von außen mitansehen, wie Martin als Zweiter auf das MotoGP-Podest in Indien fuhr und weitere Bigpoints sammelte.

Am Sonntagnachmittag zeigte sich der Ducati-Pilot im Interview bei 'DAZN' dann ziemlich ratlos: "Es war kompliziert heute. Wir arbeiten schon das gesamte Wochenende, finden aber keine Lösung für unsere Probleme. Wir müssen uns vor Japan alles genau anschauen. Auf der Bremse fühle ich mich nicht wohl, das muss mechanisch sein." Die Folge: Bagnaia musste im Indien-GP als einer von nur zwei Piloten den harten Vorderreifen wählen, um so stark wie gewünscht bremsen zu können. Das führte dann zum Sturz: "Ich habe hart gebremst, dann begann der Reifen zu wackeln und ist eingeklappt."

Bagnaia mahnt: In dieser Form chancenlos gegen Martin und Bezzecchi

"Das war mein Fehler, denn ich habe mich so entschieden", nahm Bagnaia anschließend sämtliche Schuld auf sich. "Ich wollte hart bremsen, weil ich wusste, wie wichtig das bei den Temperaturen ist. Dann habe ich das Vorderrad verloren. Ich habe mich beim ganzen Team entschuldigt. Es war mein Fehler, aber es war die einzige Möglichkeit, vorne zu kämpfen. Ich musste ans Limit gehen und wenn man so fährt, ist es unvermeidlich, dass man stürzen kann. Das ist etwas, das passieren kann."

Nur 13 Punkte trennen den amtierenden Weltmeister nun noch von seinem ersten Verfolger Martin, Indien-Sieger Marco Bezzecchi liegt noch 44 Zähler zurück. Großes Interesse zeigte Bagnaia daran aber nicht: "Natürlich sind die Punkte am Ende sehr wichtig, aber wir müssen mehr darauf achten, dass ich mich dort nicht gut fühle, wo wir stark sind: Beim Bremsen und am Kurveneingang." Seit Misano klagt der Ducati-Pilot über starke Vibrationen: "Wir wissen nicht, woran das liegt. Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, wird es sehr schwierig, gegen Bez zu kämpfen, der im Moment sehr stark ist, und gegen Martin, der besser ist als ich."