Wie Phönix aus der Asche steigt Sergio Perez zu Beginn einer Formel-1-Saison jedes Jahr aufs Neue auf. So auch in dieser Saison, in der der Mexikaner bislang wieder einmal vielversprechende Leistungen zeigt. In der WM-Wertung liegt er nach den ersten vier F1-Rennen auf Platz zwei. 13 Punkte hinter seinem Teamkollegen Max Verstappen, der allerdings beim Australien GP aufgrund eines Bremsdefekts vorzeitig an die Box rollen musste. Perez hat drei zweite Plätze eingefahren und war im Qualifying an jedem Wochenende mindestens in den Top-5. Fazit des Red Bull Racing-Teamchefs Christian Horner: "Er hat die Saison auf die bestmögliche Weise begonnen."

2023: Perez kämpft mit einer Formkrise

Demgegenüber war in der Saison 2023 trotz weit überlegenem Top-Auto der Einzug in Q3 für Perez keineswegs selbstverständlich. An 9 von 22 Grand-Prix-Wochenenden musste der sechsmalige GP-Sieger bereits vor dem letzten Qualifying-Segment seinen Boliden abstellen. Zählt man die Sprint-Qualifikationen hinzu, konnte Perez überhaupt nur 2 der insgesamt 27 Gelegenheiten nutzen, um Verstappen auf der Jagd nach der Bestzeit zu schlagen. Im Schnitt sechs Zehntel Rückstand auf den Weltmeister standen am Ende der Saison zu Buche. Durchschnittliche Startposition von Verstappen: 2,3. Durchschnittliche Startposition von Perez: 8,2.

Im Rennen sah es für Perez geringfügig besser aus. Während Verstappen durchschnittlich auf dem ersten Platz ins Ziel kam, war es bei Perez immerhin der vierte Platz. Angesichts der starken Rennpace des RB19, die der fliegende Holländer Wochenende für Wochenende auf der Rennstrecke demonstrieren konnte, war Perez' Leistung trotzdem enttäuschend. Nur zwei Rennen konnte er 2023 für sich entscheiden. Eines davon in Baku - sein bisher letzter F1-Sieg vor fast einem Jahr.

Neben einem überragenden und fehlerfreien Max Verstappen kann wohl kaum ein Formel-1-Fahrer wirklich glänzen. Als Wendepunkt in die negative Spirale identifizierte Perez selbst im letzten Jahr das Rennen in Barcelona. Updates am Unterboden und Diffusor machten ihm das Leben schwer. Von da an fand er sich im permanenten Kampf mit dem Auto wieder, versuchte seinen Fahrstil anzupassen, hatte sich beim Setup teilweise völlig verrannt. Im Vergleich zu Verstappen schien keiner seiner Versuche zu glücken.

Nach den desaströsen Rennen in Singapur und Japan erklärte er in Katar: "Ich habe viel daraus gelernt. Ich erwarte, dass ich dieses Wochenende viel besser dastehe." Daraus wurde jedoch bekanntlich nichts. Die viel beschworenen Änderungen an Setup und Balance konnten nicht in die gewünschten Ergebnisse umgemünzt werden und so ging die letztjährige Saison für Perez ernüchternd zu Ende. Erfolge, die über eine dritte Platzierung hinausgehen, blieben bis zuletzt aus.

Perez-Statistik der Vorjahre: Immer nur im ersten Drittel der Saison gut?

Dabei lässt sich ein regelrechter Trend erkennen: Schon 2022 konnte der Mexikaner am Anfang der Saison noch triumphieren, holte beim prestigeträchtigen Rennen im Fürstentum sogar den Sieg. Er fuhr mit seinem Stallgefährten nahezu auf Augenhöhe und war auf Mission Weltmeisterschaft unterwegs. Plötzlich kam im Sommer der Einbruch. Während Verstappen eine Siegesserie hinlegte, wurden die Podiumsbesuche von Perez seltener.

2022 betrug Perez' Durchschnittsplatzierung nach den ersten vier Saisonrennen (den technisch bedingten Ausfall in Bahrain rausgerechnet) 2,67, auf die gesamte Saison gesehen 3,21. Ein Jahr später ist der Leistungseinbruch noch viel deutlicher zu erkennen: Der Red-Bull-Pilot kam in den ersten vier Rennen der Saison 2023 durchschnittlich auf Position 2,25 ins Ziel, auf das Gesamtjahr gerechnet auf Position 4,50. Im mit Abstand besten Auto des Feldes, mit dem Verstappen nur in drei Rennen nicht zuverlässig auf Platz 1 fahren konnte, gab Perez somit ein ganz und gar schwaches Bild ab.

In dieser Grafik lässt sich der Punktevorsprung von Verstappen auf Perez über den Saisonverlauf nachverfolgen. Der in beiden Vorjahren steil wachsende Anstieg ab Saisonmitte gibt zu erkennen, wie Perez anfangs noch mit Verstappen mithalten kann und sich im Laufe des jeweiligen Jahres zunehmend schwer tut.

Gespannt bleibt abzuwarten, wie sich die Kurve für 2024 entwickeln wird. Hat Perez seine Schwierigkeiten endlich überwunden oder fällt er wieder in alte Muster zurück?

2024: Fahrzeug-Setup ohne Experimente und mehr Stabilität dank Vorbild Verstappen

Vor Saisonbeginn gab sich Perez, von der letztjährigen Krise gezeichnet, zuversichtlich: "Wir haben viele Dinge verstanden", bekräftigte er. Insbesondere die stetige Entwicklung und Konstanz seien seine größten Vorsätze für dieses Jahr: "Ich möchte jede einzelne Chance nutzen, mir schon früh eine gute Ausgangsposition verschaffen und diese dann die ganze Saison über beibehalten, mich also weiterentwickeln können." Genau diese Entwicklung fehlte Perez in den beiden Vorjahren, als nach starken Anfängen ein Formtief kam.

Was Perez in diesem Jahr dabei helfen könnte, seine Motivationsparolen einzulösen? Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko zufolge verliere er sich nicht mehr in Experimenten mit den Fahrzeugkonfigurationen, sondern starte mit einem konstanteren Basis-Setup, wobei er Verstappens Beispiel folge. "Die Autos sind in der Abstimmung fast identisch", verriet der Grazer nach dem Japan-Qualifying. Auch Perez selbst benannte Verstappen Anfang des Jahres als großartige Referenz. Christian Horner hob zuletzt das gewachsene Selbstvertrauen des 34-Jährigen hervor, das ihm dabei helfe, entspannter an die Arbeit zu gehen und das Rad nicht ständig neu erfinden zu wollen.

Sieger Max Verstappen und Sergio Perez feiern den Red Bull-Doppelsieg auf dem Podium
Im Doppelpack an der Spitze - das könnte Red Bull dank guter Zusammenarbeit von Verstappen und Perez in diesem Jahr öfter schaffen, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Eigenwillige Wege beim Setup und Fahrstil sind nach Perez' eingehender Analyse seiner schwierigen Rennen über den Winter also Geschichte. "Wir haben verstanden, wie wir mit dem Auto umgingen, wie wir Dinge überkompensierten und das Auto dabei nicht unbedingt besser machten", räumte Perez vor Saisonbeginn ein. Trotzdem sei die Lehre aus dem letzten Jahr nicht, eine exakte Verstappen-Kopie abzugeben. Stattdessen möchte er sich auf sich selbst konzentrieren, so Perez. "Es geht darum, während der Saison offen zu bleiben und sicherzustellen, dass wir eine gute Basis finden, von der aus wir uns weiterentwickeln können."

Stehen Perez' Chancen, in diesem Jahr beständiger zu sein, tatsächlich besser? Immer wieder gab es Phasen, in denen sich der mexikanische F1-Pilot sehr wohl im Auto gefühlt hat und Phasen, in denen genau das Gegenteil der Fall war. Momentan zeigt sich Perez zufrieden mit dem RB20. Er scheint ein besseres Gefühl im Fahrzeug zu haben und wieder Vertrauen zu gewinnen. Der zweite Platz im Rennen und im Qualifying auf einer Strecke wie Suzuka, auf der das Potenzial eines Fahrers gefordert ist und den Unterschied ausmachen kann, könnte ein Fingerzeig sein, dass Perez endlich aus dem Tal herausgefunden hat. Immerhin trennten ihn von der Bestzeit seines teaminternen Rivalen nur 66 Tausendstel.

Einen Dämpfer erhält die ganze Euphorie allenfalls durch eine Nebenbemerkung von Perez im Vorfeld der Saison, die Anlass zur Sorge gibt, dass sich der gleiche Trend wie in den Vorjahren zeigen könnte: "Im Moment richtet sich mein Fokus nur auf die ersten fünf Rennen. Mein Hauptziel ist, das Beste daraus zu machen." Das Versprechen, aus den ersten Rennen möglichst viel herauszuholen, hat Perez jedenfalls schon einmal eingelöst. Er habe eine Performance gezeigt, die genau dem entspricht, was seine beiden Chefs von ihm sehen wollen. Geht es nach Horner, dann "muss er einfach so weitermachen", um sich weiterhin ein Cockpit bei Red Bull zu verdienen. Jetzt gilt es also, nach den Auftaktrennen nicht den Fokus zu verlieren, sondern das Leistungsniveau hochzuhalten.

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