In einem sonst durchschnittlichen Formel-1-Qualifying überragte die Leistung eines Fahrers diesmal den Rest. Und es war einer, mit dem sechs Stunden davor niemand gerechnet hatte. Nämlich der 18-jährige Oliver Bearman, der kurzfristig für den mit einer Blinddarm-Entzündung ausgefallenen Carlos Sainz einspringen musste.

Bearman beendete sein erstes Qualifying auf dem elften Platz. Bei so einer Mini-Vorbereitung mit nur einem Training beeindruckt das auch die Altmeister Fernando Alonso und Lewis Hamilton. "Er hat mich fast rausgekickt!", lacht Hamilton nach dem Qualifying. Nur 36 Tausendstel hatte er in Q2 auf Bearman Vorsprung gehabt und wäre damit fast vom Neuling um Q3 gebracht worden.

"Er hat einen Wahnsinns-Job gemacht", meint Hamilton. "Im 3. Training da ohne Vorbereitung reinzuhüpfen und so abzuliefern ist mega, da bin ich richtig beeindruckt. Das zeigt sein Talent." Bearman fuhr erst im letzten Herbst zum ersten Mal ein echtes Formel-1-Auto. Mehr als zwei freie Trainings und zwei Tests kann er nicht vorweisen. Und vor dem Freitag hatte er keinen Kilometer im SF-24 gefahren.

"Er ist ein toller Fahrer, sehr talentiert", meint auch Fernando Alonso und verweist auf den Highspeed-Stadtkurs von Jeddah als zusätzlichen Beweis: "Das ist nicht die einfachste Strecke für ein Debüt. Er hat fantastisch abgeliefert, und ich denke, das wird er morgen auch tun."

Besonders beeindruckend: Bearman im Ferrari sofort auf Zug

Der ehemalige Red-Bull-Ersatzfahrer Alex Albon unterstreicht die Schwierigkeiten von Jeddah: "Ich glaube nicht, dass irgendein Ersatzfahrer auf so einem Stadtkurs gerne ins Auto hüpft." Natürlich hatte Bearman am Donnerstag bereits zwei Formel-2-Sessions hier gefahren, aber der Sprung zur Formel 1 ist gigantisch. In der Formel 2 hatte er mit 1:42,217 die Pole geholt. Seine beste F1-Qualifying-Zeit war eine 1:28,642.

Albon beobachtete Bearman auch auf der Strecke und stellte fest: "Als ich ihm in FP3 zugesehen habe, war ich überrascht. Er schien sofort Vertrauen ins Auto zu haben." Das beeindruckte Bearmans Kurzzeit-Teamkollegen Charles Leclerc genauso, der bestätigt: "Er war sofort schnell und fühlte sich wohl im Auto."

Die größte Herausforderung für Bearman ist nun, auch die 50 Runden im Rennen zu überstehen. "Er hat keine Longruns gefahren", erinnert Hamilton. "Natürlich hat er Formel-2-Erfahrung, aber das wird eine gigantische Herausforderung. Aber ich denke, er ist bereit. Er scheint toll in Form zu sein. Und sein Auto geht gut mit den Reifen um. Ich würde ihm einfach raten: Cool bleiben, genießen."