Aston Martin war beim Formel-1-Auftakt in Bahrain enttäuschend. Nach vielversprechenden Trainingsrunden und einem guten Qualifying war Fernando Alonso im Rennen nur auf einsamer Flur zwischen McLaren und der hinteren Hälfte des Feldes unterwegs. Ist Aston Martin tatsächlich kein Spitzenteam mehr oder täuschte der erste Eindruck?

In Saudi-Arabien schlug das Silverstone-Team im Freien Training wieder zurück - zumindest im Zeiten-Tableau. In FP1 belegte Alonso knapp hinter Max Verstappen die zweite Position, eine Session später grüßte der Spanier von der Spitze. Obwohl Verstappen seine Runde erst später fuhr.

Aston Martin mit mehr Power: Trainings-Bestzeit nur erkauft?

Das klingt schon wieder viel mehr nach der Aston-Martin-Pace, die wir 2024 gesehen haben. Die Konkurrenz will den Asturier jedenfalls nicht unterschätzen. Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko kalkulierte nach dem Training, dass Alonso im Qualifying der größte Konkurrent sein werde. Auch Verstappen hielt fest, dass er auf eine Runde mit viel Widerstand rechne.

Doch der Weltmeister hob hervor: "Ich denke einige Teams nutzen schon mehr Power, genauso wie in Bahrain." Ein klarer Wink zu Aston Martin, die bereits in Bahrain nach guten Trainingsleistungen wieder abfielen, sobald alle mit voller Leistung und leeren Tanks unterwegs waren. Und ein Faktor, den selbst Alonso nicht leugnet: "Ich denke, wir fahren eine etwas andere Strategie, was die Benzinladungen und Motormodi angeht."

Doch so weit die Theorie für das Qualifying am Freitag. Für das Rennen am Samstag kommt noch einmal ein Fragezeichen bei Aston Martin hinzu. Der Longrun sah sowohl bei Alonso als auch bei Teamkollege Lance Stroll nicht beeindruckend aus, mit einem Muster, welches sich auf beiden Autos abzeichnete: Die Rundenzeiten fielen gegen Ende ihrer Medium-Runs am Ende von FP2 ab. So stark wie bei keinem anderen Team.

Allgemein ist der Jeddah Corniche Circuit eine Strecke, die die Reifen nicht sehr beansprucht. Dafür sorgt der relativ sanfte Asphalt, der wenig Reibung erzeugt, und die Wahl der mittleren Reifensätze C2 bis C4. Die Reifen halten sich mitunter sogar so gut, dass die meisten am Ende der Longruns ähnlich schnelle oder sogar schnellere Rundenzeiten hinlegen konnten als zu Beginn. Nicht so Aston Martin.

Ein Bild, das sich schon in Bahrain ergab. Dort war Alonso im Qualifying (P6) voll im Verfolger-Pulk dabei, am Renntag kämpfte er hingegen mit stumpfen Waffen gegen das McLaren-Duo und Lewis Hamilton. Ein vollkommen konträres Bild zum Vorjahr: Damals erwies sich der AMR24 als Reifenflüsterer, mit einer klaren Schwachstelle auf eine Runde.

Sergio Perez: Kann er Max Verstappen schlagen?

An der Spitze bietet sich im Renntrimm in Saudi-Arabien wohl ein ähnliches Bild wie so häufig: Ganz vorne Red Bull und dann erstmal lange nichts. Helmut Marko kalkuliert mit einem Vorsprung von zwei bis drei Zehntelsekunden pro Runde, und er kalkuliert mit einem starken Sergio Perez, dem die Strecke in Saudi-Arabien traditionell liegt.

2022 und 2023 startete der Stadtkurs-Spezialist von der Pole Position und gewann im Vorjahr auch das Rennen. Kann er Verstappen gefährlich werden? "Man darf nicht vergessen, Max war im letzten Jahr von einer Grippe angeschlagen. Er hatte keine Power", relativierte Marko. Die Favoritenrolle scheint also klar.

Ferrari überzeugt auf dem Longrun: Leclerc streichelt den Soft-Reifen

Das Bild dahinter ist etwas konfuser, vor allem da sich sowohl Ferrari als auch Mercedes nicht vollends in die Karten blicken ließen. In einem Punkt sind sich jedoch alle einig: Hinter Red Bull wird es sehr eng zugehen. Besser aus den Startlöchern kam aber zunächst einmal Ferrari. Sowohl Carlos Sainz als auch Charles Leclerc zeigten einen ansprechenden Longrun, wenn auch nur einen kurzen.

Vor allem jener von Leclerc hinterließ einen starken Eindruck, denn der Monegasse rückte auf den Soft-Pneus aus und war mit ihnen nicht nur der Schnellste, sondern steigerte sich auch gegen Ende des Runs. Das könnte am Samstag im ersten Stint entscheidend sein. Denn die Entscheidung für den Startreifen fällt am Samstag zwischen dem Medium und dem Soft-Reifen.

Zweitere Option ist natürlich für den unmittelbaren Start ein Vorteil, kommt jedoch nicht für alle Teams in Frage, wie Pirelli feststellte. Viele Teams kämpften mit Graining - aber nicht alle. "Einige Teams waren in der Lage, es zu managen, wie zum Beispiel Ferrari", hob Pirelli-Chefingenieur Simone Berra die Scuderia hervor.

Lewis Hamilton und Lando Norris: Kein Gefühl, schlechte Balance

Mercedes war am Donnerstag hingegen noch damit beschäftigt, das eigene Auto kennenzulernen. In FP1 wurden beide Piloten auf vollkommen unterschiedlichen Setups auf die Strecke geschickt, für FP2 tauschten sie diese. George Russell brachte keine Beschwerden über seinen Boliden an, aber Lewis Hamilton haderte mit dem Handling seines Fahrzeugs, das zu starkem Übersteuern neigte.

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"Das grundlegende Problem war das Heck, mit dem hatte ich Schwierigkeiten. In Highspeed-Abschnitten braucht man volles Vertrauen in das Heck des Autos, das habe ich noch nicht", erklärte Hamilton, der eigener Aussage zufolge mehrmals gegen einen Abflug ankämpfen musste. Infolge dieser Setup-Tests kamen die Longruns bei den Silberpfeilen etwas kurz. Nur jeweils eine vierründige Medium-Ausfahrt war den Fahrern vergönnt.

McLaren scheint genauso wie in Bahrain auch in Saudi-Arabien in ihrer derzeitigen Verfassung nicht in den Kampf um das Podium eingreifen zu können. "Wir sind im Vergleich zu den anderen vier Topteams im Moment vielleicht etwas im Rückstand", schlussfolgerte Lando Norris nach dem zweiten Training. Er fuhr als einer von wenigen Fahrern einen Longrun auf den harten Reifen, der mangels aussagekräftiger Konkurrenz etwas schwierig einzuordnen ist. Vielmehr fallen auch bei ihm Balance-Probleme ins Gewicht. "Es waren zu viele Kurven, in denen ich mich noch nicht wohlgefühlt habe", ärgerte sich Norris.