George Russell wird den Großen Preis von Singapur aus der ersten Startreihe in Angriff nehmen. Lediglich Carlos Sainz, der auf dem Marina Bay Street Circuit an diesem Wochenende in jeder Session die Bestzeit fahren konnte, war im finalen Qualifying-Showdown schneller als der Brite. Am Ende fehlten Russell 72 Tausendstel auf die Spitzenzeit des Ferrari-Piloten. "Ich bin sehr zufrieden mit dem kompletten Wochenende bisher", zeigte sich Russell unmittelbar nach dem Qualifying begeistert. "Ich habe mich sehr wohl gefühlt im Auto. Das Team hat einen großartigen Job bei der Strategie gemacht. Wir waren auf einer entgegengesetzten Strategie im Vergleich zu den anderen Teams."

Mercedes setzte im Qualifying auf eine gewagte Strategie. Zunächst sparte die Mannschaft von Toto Wolff bei beiden Fahrern einen zusätzlichen Satz Medium-Reifen für das Rennen auf. Dadurch standen Hamilton und Russell im Qualifying nur vier Soft-Reifensätze zur Verfügung. Ab dem Q2 ging das Team aus Brackley zudem mit Abstand als letztes auf die Strecke für die Zeitenjagd. Auf diese Weise fanden Russell und Hamilton zwar die besten Streckenbedingungen vor, doch bei einem Unfall vor ihnen hätten die Mercedes-Piloten ihre Zeiten nicht verbessern können und wären womöglich früh ausgeschieden. Das Risiko wurde schlussendlich mit dem zweiten und dem fünften Startplatz belohnt.

Qualifying: Russell stellt Hamilton erneut in den Schatten

Die Formel-1-Saison 2023 war für George Russell bisher eine Medaille mit zwei Seiten. In den ersten Rennen konnte der 25-Jährige seinen Teamkollegen noch deutlich hinter sich lassen. Vor allem im Qualifying sah der deutlich erfahrenere Hamilton teilweise kein Land. Das Blatt wendete sich allerdings, als Mercedes in Monaco mit einem großen Update-Paket in das Fürstentum reiste. Mit der neuen Spezifikation kam auf einmal Hamilton deutlich besser zurecht - Russell musste im teaminternen Vergleich eine Niederlage nach der anderen einstecken.

Doch seit dem Ende der Sommerpause erlebt Russell eine kleine Renaissance. In Zandvoort, Monza und nun auch in Singapur konnte der Brite seinen deutlich erfahrenen Teamkollegen wieder in den Schatten stellen. In Singapur kam Hamilton in keiner der Sessions an seinen Teamkollegen heran. "Lewis hatte am ganzen Wochenende bereits Probleme an der Vorderachse. Das siehst du dann direkt", erklärte Mercedes-Teamchef Toto Wolff die Diskrepanz seiner Fahrer. Am Ende der Zeitenjagd trennten die bei beiden Mercedes-Piloten über vier Zehntel.

"Er macht einen phänomenalen Job", lobte Toto Wolff Russell nach dem Qualifying. "Ich glaube, manchmal muss man die Dinge vereinfachen. Nicht zu viel denken, nicht zu viel auf die Ingenieurs-Seite fokussieren. Einfach fahren. Das hat er großartig gemacht", erklärte der Österreicher den positiven Performance-Trend von Russell. Statt wie bislang zu sehr selbst nach Lösungen für die Probleme mit dem W14 zu suchen, gibt Russell jetzt nur noch Feedback an seine Ingenieure. Wie verhält sich das Auto? Und: Wie sollte es sich verhalten? Die nötigen Änderungen bestimme nun das Team, so Wolff.

George Russell kann wieder mit Lewis Hamilton mithalten, Foto: LAT Images
George Russell kann wieder mit Lewis Hamilton mithalten, Foto: LAT Images

Singapur GP: George Russell möchte den Sieg

Auf dem Marina Bay Street Circuit ist das Überholen traditionell ein schwieriges Unterfangen. Zwar bekam der enge Stadtkurs in diesem Jahr eine neue Gerade dazu, allerdings ist diese zum Bedauern vieler Fahrer ohne DRS-Vorteil ausgestattet. Überholmanöver dürften weiterhin rar gesät sein. Von der ersten Startreihe bieten sich Russell allerdings Möglichkeiten. "Ich werde es auf jeden Fall versuchen", kündigte Russell eine Attacke am Start an. "Aber ich bin nicht beunruhigt, wenn ich nach Kurve 1 Zweiter oder Dritter bin. Der Reifenverschleiß schaut ziemlich schlimm aus."

Mercedes scheint nach dem Trainingsfreitag laut den Longrun-Daten auf Augenhöhe mit Ferrari zu sein. Allerdings ist das Feld an der Spitze generell sehr eng zusammen. Im FP2 bewegten sich die Top-5 innerhalb von zwei Zehnteln. George Russell stützt sich für das Rennen auf einen klaren Vorteil. "Wir haben eine gute Möglichkeit, an diesem Wochenende einen Sieg zu holen. Wir können eine andere Reifenstrategie fahren, weil wir als einziges Team noch zwei frische Medium-Reifensätze haben. Dadurch können wir entweder ein Ein- oder Zweistopp-Rennen fahren."

Selbst Russells Mercedes-Teamkollege Lewis Hamilton drückt ihm, trotz der neuerlichen Qualifying-Niederlage, die Daumen: "Ich hoffe, dass George morgen einen guten Start erwischt und Ferrari unter Druck setzen kann", so Hamilton. "Es wäre toll, wenn er gewinnen würde." (Formel 1 live aus Singapur: News von heute im Ticker)