1. Warum war Verstappen 4 Sekunden schneller?

Dass Max Verstappen auch den eigenen Teamkollegen hin und wieder sportlich demütigt, daran hat man sich inzwischen gewöhnt. Doch als Verstappen plötzlich vier Sekunden in einer Runde schneller fuhr als Sergio Perez, staunten auch die größten Verstappen-Fans nicht schlecht. Was war da los?

Durch den um eine Runde früheren Wechsel auf Intermediates hatte Perez zu Beginn des Rennens einen Vorsprung von rund 13 Sekunden auf Verstappen. Der Weltmeister fuhr die Lücke bis zum Wechsel auf Slicks auf weniger als fünf Sekunden zu. Aber war er bei Mischbedingungen wirklich so viel schneller?

Podium weggeschmissen! Wurde Perez für Verstappen geopfert? (09:52 Min.)

"Er war nicht nur zwei Sekunden schneller als Perez, er war zwei Sekunden schneller als alle", versuchte Teamchef Christian Horner die Differenz kleinzureden. "Es lag daran, dass ich meine Reifen geschont habe. Die Prognose war, dass es wieder regnen würde, deshalb wollte ich dann noch gute Reifen haben", erklärte Perez. Aber auch Verstappen gab an, auf die Reifen Acht gegeben zu haben. Nötig war es nicht, weil ohnehin schnell wieder auf Slicks gewechselt wurde.

2. Hat Red Bull Perez verarscht?

Beim Wechsel zurück auf Slicks bekam Verstappen den Vorzug, er durfte zum richtigen Zeitpunkt wechseln. Perez hingegen musste eine Runde länger warten - obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch führte. Hat Red Bull die Positionen so elegant in der Boxengasse getauscht?

Horner verneint. "Hätten wir Checo zuerst reingeholt, gab es die Gefahr des Undercuts gegen Max. Er wäre dann womöglich auf Position vier zurückgefallen. Durch diese Reihenfolge der Stopps, haben wir die Positionen eins und zwei abgesichert und haben dafür in Kauf genommen, dass Max möglicherweise mit dem Undercut vorbeigeht." Tatsächlich war der Vorsprung von Perez auf die Verfolger groß genug, bei Verstappen bestand zumindest die theoretische Gefahr, Positionen zu verlieren.

3. Warum wurde auf Intermediates neu gestartet?

Als das Rennen nach dem Starkregen noch einmal aufgenommen wurde, fuhren die Piloten auf Intermediates hinter dem Safety Car los. Das Reglement verlangt eigentlich, dass die Regenreifen bei solch einem Prozedere verpflichtend aufgezogen werden müssen. Aber Rennleiter Niels Wittich passte in seinen Event Notes die Regeln für das Zandvoort-Rennen an. Aus Angst vor einer Boxenstopporgie nach dem Restart, bei der alle von Regen- auf Intermediatereifen wechseln, traf Wittich selbst die Entscheidung über die Reifen beim Restart.

Die Boxengasse in Zandvoort ist besonders eng, man wollte unzählige zeitgleiche Boxenstopps wie in Spa verhindern. Hintergrund: Sobald es irgendwie möglich ist, wechseln die Teams von Full Wets auf Intermediates, weil der Performance-Unterschied gravierend ist.

4. Warum war Ferrari so schlecht?

Ferrari ist in der Formel-1-Saison 2023 kein Sieganwärter, aber Zandvoort war ein weiterer Tiefpunkt. Die Probleme begannen am Freitag: Im 1. Freien Training wollte man hauptsächlich Daten für die Korrelation zwischen Strecke und Simulator sammeln. Dabei stellte man aber schon fest, dass man auf ein falsches Aero-Paket gesetzt hatte. Ferrari hatte zu wenig Abtrieb im Gepäck. Das Problem wurde durch die regnerischen Bedingungen verstärkt. Dazu kam, dass Sainz beim Restart nur noch einen stark abgefahrenen Satz Intermediate-Reifen zur Verfügung hatte.

Charles Leclerc im Kiesbett in Zandvoort.
Vor allem Charles Leclerc kämpfte das gesamte Zandvoort-Wochenende mit seinem SF-23, Foto: LAT Images

Bei Charles Leclerc lief im Rennen noch weniger. Nachdem der Monegasse Platz um Platz verloren hatte, gab er auf. Durch eine kleine Berührung mit Oscar Piastri verlor Leclerc seine Frontflügel-Endplatte. Als das Teil abfiel, beschädigte es auch noch den Unterboden. Deshalb reichte der Flügelwechsel nicht aus.

5. Warum gingen so viele Boxenstopps schief?

Ferrari machte sich mal wieder zur Lachnummer, als Charles Leclerc beim Boxenstopp stand, aber keine Reifen vorhanden waren. Auch andere Teams hatten in Zandvoort Probleme mit den Stopps. Das hatte zwei Gründe: Einerseits die schnell wechselnden Bedingungen. Leclerc stand unangemeldet vor der Ferrari-Garage. So erging es mehreren Teams. Außerdem erschwert die Enge in der Boxengasse die Logistik. Es dauert etwas länger, die Reifen von den entsprechenden Orten zu holen.

6. Warum fiel Lando Norris so weit zurück?

Nach Startplatz zwei wurde es für den McLaren-Piloten im Rennen nur Position sieben. Der Brite machte dafür auch die schwächere Rennpace des MCL60 mitverantwortlich. Noch immer, so Norris, wäre McLaren auf eine Runde schneller. Das größere Problem aber waren die Startrunden. McLaren hatte es versäumt, Norris und Piastri rechtzeitig an die Box zu holen. Norris fiel nach seinem Stopp in Runde drei auf Platz 15 zurück. Bei Piastri saß McLaren den Regenschauer zu Beginn aus und ließ den Australier so lange auf Slicks, bis es wieder trocken wurde. Auch diese Strategie war nicht von Erfolg gekrönt.

Max Verstappen gewinnt den Start vor Lando Norris und George Russell
Von P2 gestartet, fiel Lando Norris im Lauf des Rennens immer weiter zurück, Foto: LAT Images

7. Warum wurde Russell Letzter?

Von Platz drei losgefahren, erging es George Russell ähnlich wie Lando Norris. Der Mercedes-Pilot stoppte schlicht zu spät. Russell kam sogar erst in Runde vier zum Wechsel auf Intermediates. Dadurch fiel er auf Rang 16 zurück. Trotzdem kämpfte er sich zwischenzeitlich wieder zurück in die Punkteränge. Eine kleine Kollision mit Norris kurz vor Rennende schlitzte Russell den linken Hinterreifen auf, weshalb er noch einmal an die Box kommen musste und deshalb Letzter wurde.

8. Warum wurde Liam Lawson bestraft?

Der Neuseeländer fuhr ein sehr ordentliches Formel-1-Debüt bei sehr schwierigen Verhältnissen. Für die Zehn-Sekunden-Strafe, die er früh im Rennen kassierte, konnte er nichts. Das Team holte am Ende von Runde eins beide Piloten zum Reifenwechsel. Lawson musste dabei hinter Teamkollege Yuki Tsunoda anstehen. Dabei blockierte er die Boxenausfahrt von Kevin Magnussen. Die Stewards sahen darin einen Regelbruch und bestraften Lawson. Dem Neuseeländer blieb aber nichts anderes übrig, als hinter Tsunoda zu warten.

9. Warum musste Red Bull bei Rot Autos reparieren?

Während einer Rennunterbrechung dürfen die Mechaniker an den Autos arbeiten. Bei Red Bull gab es gleich eine ganze Menge zu tun. Sowohl am Auto von Sergio Perez, als auch am RB19 von Max Verstappen wurde gearbeitet. Perez war unmittelbar vor der Unterbrechung leicht mit dem Heck in die Tecpro-Barriere am Ausgang von Kurve eins eingeschlagen. Auf dem Weg zum Wechsel auf Regenreifen touchierte er auch noch leicht die Boxengasse. Max Verstappen hatte sich früh im Rennen im Zweikampf mit Pierre Gasly den Frontflügel leicht beschädigt.