Mercedes erlebte am Samstagmorgen in Österreich einen grauenvollen Start in den Sprint-Tag. "Natürlich ein totales Desaster" nennt es Teamchef Toto Wolff nach dem Sprint. Dass George Russell, nur von Platz 15 losgefahren, auf Rang acht ins Ziel kam, ist dann schon Grund zur Freude. Russell hatte bei abtrocknenden Bedingungen richtig gezockt. Anti-Zocker Lewis Hamilton traute sich nicht, und ging leer aus.

Zu verlieren hatte Mercedes im Sprint von Österreich nichts. "Wir sind von so weit hinten losgefahren, dass wir einfach das Beste versucht haben ohne zu glauben, dass da ein Preis zu gewinnen sei", räumt Wolff ein. "Bei einem verregneten Sprintrennen war nichts zu erwarten. Einfach was versuchen, schauen was rauskommt, Daten sammeln." Russell hatte im Sprint Shootout nach einem Hydraulik-Defekt, den das Team noch nie zuvor gesehen hatte, in Q2 abstellen müssen.

Hamilton geriet währenddessen mit Max Verstappen aneinander, die beiden behinderten sich gegenseitig. Eine Track-Limit-Streichung warf ihn dann in Q1 vom sechsten auf den 18. Platz zurück und damit vorzeitig aus dem Qualifying.

Russell & Mercedes schaffen perfekten Boxenstopp

Ein guter Start bei nassen Bedingungen half Russell und Hamilton nur bedingt. Nun steckten sie auf den Plätzen 12 und 13 hinter Kevin Magnussen fest. Ohne DRS gab es kein Vorbeikommen, wie Russell erklärt: "Ich versuche keinen Banzai-Move, um ein Auto für null Punkte zu überholen." Aber der Regen, der kurz vor dem Start des Sprints über die Strecke gezogen war, hatte aufgehört, und die Strecke begann aufzutrocknen.

Hamilton und Russell lagen anfangs eng beisammen, Foto: LAT Images
Hamilton und Russell lagen anfangs eng beisammen, Foto: LAT Images

So weit hinten liegend hatte Mercedes nichts zu verlieren. Russell meldete bald Interesse an Slicks: "Bei diesen Bedingungen ist es schwierig einzuschätzen, aber ich war zuversichtlich mit Slicks. Es waren nur noch 13 Runden zu fahren. Ich sagte dem Team, dass ich Slicks nehmen würde, wenn es das Qualifying wäre." Die Strategen berieten und stimmten zu. In Runde 15 von 24 wechselte Russell als erster Fahrer auf Slicks.

"Eine brillante Entscheidung des Strategie-Teams", lobt Wolff später. "Ich dachte, es wäre ein oder zwei Runden zu früh, aber sie haben den Call spektakulär richtig hinbekommen." Russell war nur kurz Letzter, aber sofort schnell. Einige vor ihm reagierten und stoppten ebenfalls, aber jetzt zu spät. Und die, die auf Intermediates draußenblieben, fing Russell nach der Reihe ab. Teils war er bis zu vier Sekunden schneller, kam bis zu Esteban oCON, und scheiterte auf der Ziellinie nur um neun Tausendstel am siebten Platz.

Russell mag Österreich-Wetter - Hamilton nicht

Mit zum achten Platz und damit zu einem WM-Punkt verhalf Russell, dass er sich richtig gut im W14 zurechtfand: "Die kühleren Bedingungen helfen der Balance des Autos. Von der ersten Runde an hatte ich Vertrauen, viel mehr als gestern." Da war er in Q2 ausgeschieden. "Ich liebe dieses Wetter, diesen Übergang, dieses Grip-Gefühl. Zwei weitere Runden, und ich wäre noch drei Plätze weiter vorne."

Hamilton war nach dem Sprint nicht in der gleichen Feierstimmung. Für ihn verdeutlichte das Nasse nur noch stärker die nach wie vor vorhandenen Probleme des W14: "Das gibt dir kein Vertrauen. Abgesehen davon bin ich viel zu spät auf den Slick gegangen." Hamilton stoppte zwei Runden nach Russell. Zu spät, um noch groß etwas auszurichten. War er davor direkt hinter seinem Teamkollegen gefahren, beendete er das Rennen auf Platz 10 mit 9,764 Sekunden Rückstand.

"Ich mag dieses Gambling nicht, und habe es nicht getan", erklärt Hamilton. "Dafür habe ich den Preis bezahlt." Abgesehen davon war er mit dem Rennen aber zufrieden. Besonders seine starke erste Runde, in der er von Platz 18 auf 13 vorfuhr, erinnerte ihn an alte Kart-Tage.

Nach mäßigem Freitag und schwachem Samstagmorgen ist der Sprint das erste positive Zeichen für Mercedes in Österreich. Im Rennen wird Hamilton vom fünften Startplatz losfahren, Russell vom elften. Anhand des Samstags will das Team aber keine großen Erwartungen aufkommen lassen. "Die Pace war gut", stellt Toto Wolff fest, hebt aber hervor, dass bei Mischbedingungen die Vergleichbarkeit nicht gegeben war. Erst recht nicht mit den Top-5 von Red Bull, Ferrari und Aston Martin, die nie Slicks aufzogen und trotzdem vor Mercedes landeten. Das ganze Rennen der Formel 1 heute in Österreich gibt es hier im Liveticker.