Nico Hülkenberg war im Formel-1-Sprint in Österreich am Samstag einmal mehr in seinem Element. Im Wetterchaos von Spielberg ließ der Haas-Pilot auf sein starkes Qualifying ein noch stärkeres Rennen folgen. Die Fahrt zu Platz sechs war nicht nur eine fahrerische, sondern auch eine taktische Meisterleistung. Der Emmericher war nach einem guten Start lange Zeit auf Podestkurs und hatte bei abtrocknenden Bedingungen dann den richtigen Riecher für den Wechsel auf Slicks. Das zweite Punkteresultat der Saison will der Routinier aber nicht überbewerten.

"Es hat sich nach einem Schritt nach vorne für Haas angefühlt, aber eigentlich haben wir nur unsere Möglichkeit ergriffen und es hat gepasst. Deshalb haben wir jetzt ein gutes Ergebnis. Ob das aus eigener Kraft war, würde ich jetzt noch nicht sagen. Wir wissen, dass wir im Qualifying stark sind und das nicht unser Problem ist. Es ist das Rennen, und da würde ich heute nicht als Maßstab nehmen", so Hülkenberg nach seinem Husarenritt auf dem Red Bull Ring.

Von Startplatz vier hatte er sich sofort McLaren-Pilot Lando Norris geschnappt und dann das Duell der Red-Bull-Teamkollegen aus nächster Nähe verfolgt. In Kurve drei schlug er zu, als Sergio Perez von Max Verstappen weit geschickt wurde. "Mein Start war okay, so lala. Richtung Kurve drei hinauf habe ich dann gesehen, dass es zwischen Checo und Max ein bisschen heiß wurde", erklärt er am Mikrofon von ServusTV. "Ich bin dann eng geblieben und hab die Position von Checo übernommen, was ihn wohl ziemlich genervt hat, weil er hinter mir viel Zeit verloren hat."

In den ersten fünf der insgesamt 24 Runden hielt er weitestgehend den Anschluss an Verstappen, doch dann begann sein Intermediate-Reifen auf der zunehmend abtrockenden Streckenoberfläche an Performance zu verlieren. "Mir war klar, dass ich an irgendeinem Punkt mehr Druck von hinten bekommen würde. Es regnete nicht mehr und die Strecke wurde trockener", so Hülkenberg, der in Runde zwölf erst von Perez und einen Umlauf später von Carlos Sainz kassiert wurde.

Hülkenberg brilliert im Reifenpoker

Die Achillesferse des Haas VF-23 machte sich bei diesen Bedingungen abermals bemerkbar. "Ich glaube, ab Runde zehn, wo es dann wirklich abgetrocknet ist", sagt Hülkenberg. "Als es richtig nass war, war es okay. Wenn es dann abtrocknet, geht es so schnell, dass du den Reifen einfach einen Ticken überhitzt und der zahlt es dir dann heim. Ich habe überall eine Menge Untersteuern bekommen, was den Reifen vorne quasi abgehobelt hat und da habe ich dann Zeit verloren."

In der 17. Runde entschied sich Hülkenberg zum Wechsel auf den Medium-Reifen. "Ich denke, für uns war das die einzige Wahl, denn der Intermediate hat einfach zu sehr nachgegeben und ich sah, wie die anderen mich einholten. Ich hatte einfach keinen Grip mehr", erklärt er gegenüber Motorsport-Magazin.com. Eine Runde zuvor hatte Mercedes-Pilot George Russell als erster Fahrer den Wechsel auf Slicks gewagt und sofort schnelle Sektorzeiten hingelegt.

Anders als der Brite entschied er sich allerdings nicht für Soft, sondern für Medium. "Ich bin gestern alle Softs durchgefahren, ich hab die alle verheizt und hatte dann keinen neuen mehr für das Q2 heute Morgen," erklärt Hülkenberg, der schon im Sprint-Shootout mit dem Medium-Compound erfolgreich war. "Mit einem gebrauchten Soft hat es sich nicht so gut angefühlt. Ich habe dann im Q3 gesagt: Leute, gebt mir mal lieber einen neuen Medium, denn wir haben ja eh zwei Versuche. Der hat sich dann gut angefühlt und dabei sind wir geblieben. Das ist schön aufgegangen", freut er sich.

Podium hätte für Hülkenberg sowieso nicht gezählt

Nach dem Reifenwechsel griff er als Zwölfter wieder ins Geschehen ein und musste sich ranhalten, um die Konkurrenten auf den abbauenden Intermediates noch abzufangen. In Runde 20 kassierte er Pierre Gasly für Platz acht und war damit wieder in den Punkterängen. Zwei Umläufe später war Norris an der Reihe. In der letzten Runde drehte er die Fastest Lap und fing auf den letzten Metern auch noch Esteban Ocon ab.

Der sechste Platz im Sprint war nach dem Australien GP sein zweites Punkteresultat in dieser Saison. Durch die drei WM-Zähler ist Haas in der Konstrukteurswertung an Alfa Romeo vorbeigezogen und liegt auf Rang sieben. "Wir haben nicht wirklich damit gerechnet, hier im Sprint in die Punkte zu fahren. Ich bin froh, mehr Punkte angeschrieben zu haben. Das Team und ich haben einen guten Job gemacht und uns dafür belohnt", freut sich Hülkenberg.

In der ersten Rennhälfte hatte es lange Zeit nach noch mehr ausgesehen. Dass er den Podiumskurs nicht halten konnte, stört den Rekordhalter mit den meisten GP-Starts ohne Edelmetall herzlich wenig. "Das wäre sowieso kein echtes Podium gewesen. Heute ist Sprint, also fangen wir damit gar nicht erst an", sagt der 189-fache Grand-Prix-Teilnehmer. Das ganze Rennen der Formel 1 heute in Österreich gibt es hier im Liveticker.