Für den einen geht die Karriere zu Ende, der andere zählt trotz seiner acht Jahre in der Formel 1 noch zu den jüngeren Fahrern: Sebastian Vettel und Max Verstappen. Beide einstige Red-Bull-Wunderkinder und jetzt mehrfache Weltmeister. Inklusive kurzer Zündschnuren, ausgefahrenen Ellenbogen und dem Vettel-Finger.

Vettel vs. Verstappen: Analyse vs. Gefühl

"Einer geht analytischer vor, einer mehr mit Gefühl", meint Dr. Helmut Marko auf ServusTV. "Aber im Endeffekt ergibt es das gleiche Resultat." Zumindest fast: Sebastian Vettel gewann von 2010 bis 2013 vier Weltmeisterschaften in Folge, Max Verstappen steht mit 2021 und 2022 (noch) bei zwei Titeln. Marko ist jedenfalls zuversichtlich: "Ich glaube, wir können auch den vierfachen Gewinn der Meisterschaft mit Max erreichen."

Beim Temperament liegt der Holländer schon jetzt vorne. "Die kürzere Zündschnur hat Max, vor allem am Anfang. Oder in Singapur: So schnell habe ich ihn noch nie aus dem Auto steigen und durch die Box laufen sehen", scherzt der Doktor bei der ServusTV-Jahresabschlussgala. "Jeder wäre sofort umgefallen, wenn er nicht aus dem Weg gegangen wäre." Die empfohlene Reaktion: Nichts tun und abwarten, es bessere sich stetig. "Er bekommt mehr Routine und Gelassenheit."

Vettel störte junger Rowdy-Verstappen in der Formel 1 nicht

Mit Max Verstappens Temperament machte Sebastian Vettel während seiner Formel-1-Karriere auch mehrmals Bekanntschaft. "Wir haben uns oft auf der Strecke duelliert", erinnert er sich. Wie in Mexiko 2017, als die beiden kollidierten: Verstappen gewann und für Vettel war das Rennen vorbei. Trotzdem hat er viel Lob für den jungen Holländer übrig, vor allem aus seiner Fahrer-Perspektive.

"Oft sieht man etwas bei anderen und denkt sich: Okay, das probiere ich auch, das müsste gehen. Aber bei Max geht das nicht so" erzählt Sebastian Vettel. Zumindest in seiner Formel-1-Zeit hat er so etwas noch nicht erlebt. "Da kommt einer daher und ist vielleicht ein bisschen frech am Anfang, was absolut okay ist. Und der auch etwas die Ellenbogen ausfährt."

Drei in einer Kurve waren 2017 in Mexiko zu viel: Hamilton und Vettel raus, Verstappen gewann, Foto: LAT Images
Drei in einer Kurve waren 2017 in Mexiko zu viel: Hamilton und Vettel raus, Verstappen gewann, Foto: LAT Images

Red-Bull-Wunderkinder unter sich

Und alle verzaubert. "Max hat diesen magischen Staub um sich", meinte Christian Horner schon 2018. Dem würde Sebastian Vettel 2022 zustimmen: "Es sind so ein, zwei Aktionen wo er was mit dem Auto anstellt, und man sich überlegt: Ja, ich weiß jetzt nicht, ob ich das so hinkriegen würde." In Brasilien 2016 etwa, wo der Red-Bull-Pilot auf nassem Kurs in Kart-Manier munter Überholmanöver durchführte und sich den Titel des Regen-Gottes verdiente.

"Einige Manöver, was Überholen angeht, auf gewissen Streckenbedingungen. Wo man selbst danach im Auto sitzt und denkt: Ich weiß jetzt auch nicht", ist Vettel beeindruckt. "Er hat ein unglaubliches Gespür für das Fahrzeug und eine unglaubliche Kontrolle."

Nicht nur 2018 war Sebastian Vettel etwas neidisch auf Max Verstappen, Foto: LAT Images
Nicht nur 2018 war Sebastian Vettel etwas neidisch auf Max Verstappen, Foto: LAT Images

Vettel zieht vor Neid den Hut

Eine weitere Stärke Verstappens, die besonders bei wechselhaften Bedingungen Red Bull die Reifenwahl erleichtert: "Er liest die Situationen immer extrem schnell", lobt Vettel. Im Nachhinein ließen sich leicht Analysen treffen. "Aber das in dem Moment zu erkennen und dann sofort zu reagieren", gibt er nicht neidlos zu. "Da kann man nur ein bisschen mit Neid den Hut ziehen."

"Ich wünsche, dass es für ihn so weitergeht und dass er Spaß hat", ist es für den vierfachen und (noch immer) jüngsten Weltmeister scheinbar in Ordnung, wenn sein holländisches Wunderkind-Pendant weiterhin seine Rekorde bricht. 2022 hat Max Verstappen mit 15 Siegen in einer Saison schon Sebastian Vettels und Michael Schumachers 13 gebrochen. Für den 35-Jährigen Frühpensionisten geht es 2023 beim Race of Champions weiter. Gemeinsam mit Mick Schumacher tritt Sebastian Vettel im eisigen Schweden für Team Deutschland an.