Franz Tost erklärte Rang fünf (oder besser) in der Konstrukteurswertung zum Saisonziel, am Ende wurde es der vorletzte Platz. Nach einer überdurchschnittlich guten Saison 2021 und Rang sechs in der WM stürzte AlphaTauri in den Tabellenkeller. Nur Williams erzielte weniger Punkte. Nummer-Eins-Fahrer Pierre Gasly sammelte Strafpunkte statt Top-10-Resultate. Yuki Tsunoda verbesserte sich fahrerisch, aber war sich mit (zu) vielen Fehlern manchmal selbst im Weg. Die Saisonbilanz.

So startete AlphaTauri in die neue Formel 1: Mit Momentum aus dem Vorjahr ging es für AlphaTauri gut in die neue Ära. Zwar fiel in den ersten beiden Rennen jeweils ein Pilot aus, dennoch erzielte das Team Punkte auf den ersten vier Stationen des Kalenders. 17 der 35 Punkte fuhr Franz Tosts Rennstall auf den ersten sieben Kursen ein. Problematisch: Schon in der Anfangsphase des Jahres flogen AlphaTauri die Honda-Motoren um die Ohren. Früh war das Team über dem erlaubten Kontingent: Tsunoda war in Kanada schon bei der 4. ICE. Insgesamt verbrauchte der Japaner sechs Verbrennungsmotoren, Gasly vier.

Der AT03 kämpfte zwar mit etwa 12 Kilo Übergewicht, das Konzept des Autos schien aber grundsätzlich vielversprechend. Nur Pierre Gaslys Fahrstil passte nicht zur schwachen Front. Zusätzlich verlor AlphaTauri durch das zu schwere Auto etwa 3,5 Zehntel pro Runde. Vor allem im Qualifying eine Achillesferse, oft fehlten wenige Zehntel zum Einzug in Q3. Dazu kamen Probleme mit der Aerodynamik, ein zu hoher Luftwiderstand, hoher Reifenverschleiß und eine dementsprechend langsamere Pace.

So entwickelte sich AlphaTauri 2022: Trotz gutem Konzept verlor AlphaTauri im Verlauf der Saison immer mehr Boden auf die Konkurrenz im Mittelfeld. Wenige Highlights wie in Imola und Baku lenkten nicht von den Problemen ab: Das Auto war nach wie vor zu schwer, die Updates dauerten zu lange oder brachten nicht den erwünschten Erfolg. Die Konkurrenz entschied das Entwicklungsrennen klar für sich und fuhr AlphaTauri merklich davon. Ab Japan tauchten auch noch bei beiden Piloten unerklärliche Probleme mit den Bremsen auf.

Dazu kamen mangelnde fahrerische Leistungen von Pierre Gasly und Yuki Tsunoda. Unfälle, Motorschäden, Strafen: Und zwischendurch fuhren sich beide Piloten gegenseitig über den Haufen (Silverstone). Spätestens seit der Bekanntgabe seines Wechsels zu Alpine war bei Gasly die Luft draußen und seine Motivationsprobleme wurden immer deutlicher.

Pierre Gasly geht, Franz Tost in seine 17. Saison als Teamchef, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool
Pierre Gasly geht, Franz Tost in seine 17. Saison als Teamchef, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Das ist AlphaTauris größte Stärke: Das Team bewies in den vorherigen Saisonen, dass viel Potenzial in ihnen steckt. Immer wieder Podien, mit Sebastian Vettel 2008 und Pierre Gasly 2020 auch Siege. Davon waren sie 2022 weit entfernt. Aber: Bei Pierre Gaslys fünften Platz in Baku blitzte dieses Potential kurz auf, auf wenigen Strecken funktionierte der AT03. Die Teamstruktur ist nach wie vor intakt, Franz Tost als Oberhaupt seit 17 Jahren eine Bank. Und er hat ein Händchen für Rookies, was seine Vorzeigeprojekte Sebastian Vettel und Max Verstappen zeigten.

Eine weitere Konstante ist der starke Honda-Motor mit überragendem Topspeed. Einst die Achillesferse von Red Bull, mauserte sich das Aggregat aus Japan nach Zuverlässigkeits-Problemen zu Saisonbeginn zum Klassenbesten in der Motoren-Liga. Ernennungswert: AlphaTauri hat insgesamt die drittschnellsten Boxenstopps des ganzen Feldes. Nur Red Bull und McLaren lieferten eine bessere Performance beim Reifenwechseln ab.

Ein siebter Platz in Imola war 2022 das Maximum für Yuki Tsunoda, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool
Ein siebter Platz in Imola war 2022 das Maximum für Yuki Tsunoda, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Das ist AlphaTauris größte Schwäche: "Es geht nicht darum, von wo du startest. Sondern wie gut du das Auto permanent weiterentwickelst", orakelte Pierre Gasly schon zu Saisonbeginn. Genau das stellte sich im Laufe der Saison zur größten Schwäche seines Teams heraus. Kein großes Update-Paket in Barcelona, keine Gewichtsreduktion des übergewichtigen Bullen, keine Punkte. "Leider schafften wir das nicht!" Das Entwicklungs-Rennen ein aussichtsloser Kampf für AlphaTauri.

Frustration machte sich breit, spätestens als Haas beim Schwesterteam von Red Bull genau bei dessen Heimrennen in Österreich in der Konstrukteurs-WM vorbeizog. Die anderen Teams im Mittelfeld entwickelten und verbesserten sich, für AlphaTauri ging es zurück statt nach vorne. Das erste und einzige größere Update-Paket in Frankreich zeigte nur bedingt seine Wirkung, die Aerodynamik ließ noch immer zu wünschen übrig. Der neue Frontflügel in Singapur blieb zeittechnisch unter den Erwartungen, sollte laut technischem Direktor Jody Egginton aber schon Erkenntnisse für 2023 bringen.

2022-Schlussstrich für AlphaTauri: Insgesamt war es für AlphaTauri eine Saison zum Vergessen. Nicht nur im Vergleich zu 2021 (P6 in der WM) stürzte das Team aus Faenza komplett ab. Ein grundsätzlich gutes Auto konnte sein Potenzial durch zu wenig Entwicklung, zu viel Gewicht und technische Probleme nicht entfalten. Dazu kamen durchwachsene fahrerische Leistungen beider Piloten.

Yuki Tsunoda zeigte im Vergleich zu seinem Rookie-Jahr in der Formel 1 leichte Fortschritte. Er bekam einen Psychologen, wirkte etwas ruhiger und rastete nicht mehr so oft am Funk aus. "Ich habe mich generell verbessert: physisch, mental und fahrerisch", schätzt Tsunoda. Zwischendurch blitzte immer wieder das Potenzial des jungen Japaners durch, zu oft warf er die Chance auf Punkte jedoch selbst aus dem Fenster.

Pierre Gaslys Abgang zu Alpine ist definitiv ein Verlust, ein gleichwertiger Ersatz durch Nyck de Vries in seinem ersten Jahr in der Königsklasse ist fraglich. Trotz Motivationsproblemen. Die große Frage bleibt das Auto. Mit einem guten Auto ist es leicht, gut zu performen. "Sie haben mir gesagt, das nächstjährige Auto wird das Beste jemals, und sie werden an der Spitze mitkämpfen", wurde Pierre Gasly vor seinem Abgang anscheinend noch verraten. Genaueres wissen wir dann spätestens in einem Jahr.

AlphaTauri: Was führte zum massiven Absturz? Die F1-Teambilanz (09:51 Min.)