Teamorder oder nicht Teamorder? Das war die große Frage rund um Ferrari nach dem Monaco Grand Prix. Wurde Kimi Räikkönen seines ersten Formel-1-Sieges seit Australien 2013 beraubt? Die Meinungen gehen auseinander, die Beteiligten halten sich größtenteils bedeckt. Fest steht: Angesichts des engen Duells zwischen Ferrari und Mercedes schwingt der ungeliebte Begriff der Teamorder nun bei jedem Rennen mit.

Das wäre natürlich besonders bitter für Räikkönen und Valtteri Bottas auf der Gegenseite. Beide Fahrer können sich ausmalen, was passiert, wenn es Vettel und Hamilton es unter sich ausmachen. Würde Bottas für seinen Mercedes-Kollegen zurückstecken?

Team kennt mein Potenzial

"Ich will das nicht beantworten, weil wir noch nicht an diesem Punkt angelangt sind", sagte der finnische Neuzugang. Und machte dabei deutlich, dass er nicht freiwillig die zweite Geige bei den Silberpfeilen spielen will. Zumindest nicht zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison. Bottas: "Ich habe eine gute Performance an diesem Wochenende gezeigt. Es ist noch ein langer Weg und das Team kennt mein Potenzial."

In Monaco verlor Bottas das Podium an Daniel Ricciardo, machte aber sechs Punkte auf Hamilton gut. Es wäre kaum möglich gewesen, den Podestplatz gegen Red Bull zu verteidigen, denn auch Bottas hatte im ersten Stint Probleme mit seinen Ultrasoft-Reifen. So wurde er von Red Bull wortwörtlich in die Zange genommen. "Wir konnten entscheiden, ob wir gegen Daniel oder gegen Max verlieren", fasste es Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zu sammen.

Aber Bottas merkt: Da könnte was gehen in seiner ersten Saison bei Mercedes. Hamilton hatte in Russland und auch in Monaco arge Probleme. Lief es nicht beim Briten, sprang Bottas in die Bresche. Auch deshalb hätte er sich mehr über einen Räikkönen-Sieg in Monte Carlo gefreut. Stattdessen konnte Vettel sein Punktepolster an der Spitze der Weltmeisterschaft noch weiter ausbauen.

Kann Valtteri Bottas von Lewis Hamiltons Problemen profitieren?, Foto: Sutton
Kann Valtteri Bottas von Lewis Hamiltons Problemen profitieren?, Foto: Sutton

Lieber ein Finne als ein Deutscher

"Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn ein Finne statt ein Deutscher gewonnen hätte", meinte Bottas. "Das ist Fakt. Kimi hat sich ja auch bei meinem ersten Sieg gefreut. Aber ich bin jetzt nicht traurig wegen anderen Fahrern, weil wir ja gegeneinander fahren. Auch gegen Kimi. Aber natürlich hätte ich ihn bevorzugt, auch wegen der Punkte."

Bottas ist bis auf 29 Punkte an Hamilton herangerückt, viel trennt die beiden Teamkollegen aktuell nicht. Doch wenn Vettel weiter davonmarschiert, wird Mercedes zu einem Zeitpunkt entscheiden müssen, auf wen sie in der Fahrer-WM setzen wollen. "Ich habe mit dem Team nicht gesprochen und habe es auch nicht vor", versicherte Hamilton nach der Pleite in Monaco. "Ich habe nicht das Gefühl, dass wir einen bevorzugen müssen. Es ist wichtiger als je zuvor, dass wir als ein Team arbeiten."

Vettel-Sieg durch Ferrari-Teamorder?: (05:02 Min.)

Hamilton: Ferrari hat sich festgelegt

Gleichzeitig war Hamilton sicher, dass die Entscheidung bei Ferrari gefallen sei. Er habe schon im Vorfeld damit gerechnet, dass Vettel in Monaco siegen würde. "Für mich ist offensichtlich, dass Ferrari sich auf seinen Nummer-eins-Fahrer festgelegt hat", sagte Hamilton. "Sie tun alles, damit Sebastian die maximal möglichen Punkte mitnimmt."

Will Hamilton nicht den Anschluss verlieren, muss er bald zu alter Stärke zurückkehren. Am besten schon in Kanada. Dort, wo erneut die weichsten Reifenmischungen von Pirelli zum Einsatz kommen, die Hamilton zuletzt so häufig Probleme bereiteten. "Es kann schon sein, dass die Position zu einem bestimmten Zeitpunkt wertvoll werden kann", räumte er ein. "Aber wer weiß, was passiert? Vielleicht muss ich ja auch Valtteri die Oberhand überlassen..."