Schon jetzt sei Valtteri Bottas auf Rosberg-Niveau, meinte Niki Lauda kurz nach Rennende in Melbourne. Der amtierende Weltmeister scheint nach seinem Rücktritt nicht allzu schmerzlich bei Mercedes vermisst zu werden. Bottas gelang bei seinem Silberpfeil-Debüt ein ordentlicher Einstand. Platz drei im Qualifying, Platz drei im Rennen - der Finne lieferte ab, ohne komplett zu überraschen. Sein erfahrener Teamkollege Lewis Hamilton war ihm erwartungsgemäß überlegen.

Allgemein gab es jedoch Applaus für Bottas, der in die weltmeisterlichen Fußstapfen von Nico Rosberg tritt. Auch von Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner: "Bottas ist stark gefahren hier. Das muss man sich einmal vorstellen: Der war aus dem Stand auf Rosberg-Niveau. Mein Kompliment!"

Lauda-Lob schmeichelt Bottas

Bottas fühlte sich durchaus geschmeichelt von den Lobeshymnen seines Chefs. Angesprochen auf Laudas Kommentar, sagte er: "Okay... Ich weiß nicht, das ist schwierig zu vergleichen. Aber wenn er das sagt, freut es mich." Könnte er Rosberg gar vergessen machen, wenn er mehr Erfahrung im Silberpfeil sammeln kann? Zumindest kündigte er an: "Da kommt noch mehr. Das war nur das erste Rennen, ich kann mich noch stark verbessern."

Bottas befindet sich in keiner einfachen Situation beim Weltmeister-Team. Auf der einen Seite wird von ihm nicht erwartet, dass er Hamilton auf Anhieb Paroli bietet. Allzu viel Eingewöhnungszeit hat man mit einem WM-Auto allerdings auch nicht. Mit dem dritten Podestplatz in Melbourne sammelte er zumindest direkt gute Punkte.

Expertengespräch: So stark sind Bottas und Räikkönen 2017: (05:22 Min.)

Gewaltiger Druck

"Ich bin sehr beeindruckt von Valtteri", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Er steht unter gewaltigem Druck, im Mercedes zu sitzen - in Nicos Auto. Er ist sehr gut gefahren und im Rennen hat er das bestätigt." Am Sonntag hatte Bottas keinerlei Probleme, seine erste Podiumsplatzierung einzufahren - an der Spitze waren Sieger Sebastian Vettel und Hamilton zu weit weg. Von hinten drohte kein ernstzunehmender Ärger.

Nur mit dem Qualifying haderte Bottas. Es dürfte Mercedes kollektiv geärgert haben, dass sich Vettel zwischen das Silberpfeil-Duo quetschen konnte - und den Drittplatzierten Bottas noch ein Stück weit mehr. "Damit war ich nicht glücklich", räumte er ein. "Ich musste mir ein hohes Ziel stecken, habe es aber nicht wirklich erreicht. Daraus lernt man. Es funktioniert für mich, wenn ich mir hohe Ziele setze. An diesem Wochenende hatte ich keine negativen Gefühle."

Valttrei Bottas feiert seinen ersten Podesterfolg für Mercedes, Foto: Sutton
Valttrei Bottas feiert seinen ersten Podesterfolg für Mercedes, Foto: Sutton

Abstand relativiert sich

Gegen Rennende holte der frühere Williams-Pilot sogar beträchtlich zu Hamilton auf. Nicht wenige dürften sich in diesem Moment gefragt haben, ob er sich ein Überholmanöver gegen den dreimaligen Weltmeister trauen würde. Dazu kam es nicht, beim Zieleinlauf hatte Bottas 1,2 Sekunden Rückstand auf den Teamkollegen. Tatsächlich hatte es Bottas ohnehin nicht in Betracht gezogen, wirklich anzugreifen.

"Wenn man auf den gleichen Reifen fährt, ist das Überholen auf so einer Strecke extrem schwierig", erklärte Bottas den Grund. "Und mit den neuen Autos ist es schwieriger, zu folgen. Wenn man innerhalb von zwei Sekunden rankommt, verliert man viel Grip. Für einen Überholversuch brauchst du einen großen Performance-Unterschied. Das ist schade. Deshalb hatte ich nicht erwartet, dass sich eine Gelegenheit bieten würde, solange er keinen Fehler macht."

Nachdem klar war, dass Hamilton keine Siegeschance mehr hatte, nahm er ohnehin Gas raus, um den Motor zu schonen. Dadurch relativieren sich die 1,2 Sekunden etwas. "Wir haben bei Lewis früh die Pace rausgenommen, als klar war, dass er unter normalen Umständen nicht gewinnen kann", bestätigte Wolff.

Nur beim Start hatte Bottas kurz die Chance auf Platz zwei, Foto: Sutton
Nur beim Start hatte Bottas kurz die Chance auf Platz zwei, Foto: Sutton

Keine bösen Worte

Eine potenziell brenzlige Situation auf der Strecke hätte sich bei Mercedes zu diesem Zeitpunkt ohnehin niemand gewünscht. Nach den intensiven Jahren zwischen Rosberg und Hamilton soll es nun etwas ruhiger hinter den Kulissen zugehen. Bottas: "Die Zusammenarbeit mit Lewis war an diesem Wochenende sehr gut. Wir haben als Teamkollegen gearbeitet. Da fielen keine bösen Worte. Er muss mir auch nichts beweisen. Ich habe das gleiche Gefühl: Es ist schön, ihn als Teamkollegen zu haben."

Das könnte sich allerdings ganz schnell ändern, wenn Bottas sein Versprechen in die Tat umsetzt und noch schneller wird. Auf lange Zeit wird er sich nicht mit der Rolle des Hinterher-Fahrers begnügen. Erst in brenzligen Situationen wird sich zeigen, ob er wirklich auf dem Niveau von Vorgänger Rosberg fahren kann.