Ursprünglich hatte sich Max Verstappen für den Saisonauftakt 2017 in Melbourne sicherlich mehr ausgerechnet als einen fünften Platz. Bis auf wenige Runden verlief das Rennen des Red-Bull-Piloten auch ähnlich unspektakulär, wie das Resultat vermuten lässt. Zur Rennmitte jedoch brachte Verstappen völlig unerwartet die Vorentscheidung im Kampf den Kampf um den Sieg zwischen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel.

Eigentlich lag der 19-Jährige in Runde 17 bereits weit abgeschlagen auf dem fünften Rang, doch dann holte Mercedes Hamilton frühzeitig an die Box, um einen Undercut von Ferrari zu unterbinden. Wie aus heiterem Himmel wurde Verstappen plötzlich zum Mittelpunkt des Rennens: Die Strategen des bis zu diesem Zeitpunkt in Führung gelegenen Hamilton verschätzten sich, sodass der Brite nach dem Reifenwechsel wenige Meter hinter dem Red Bull zurück auf die Strecke kam.

Sechs Runden lang hing Hamilton in der Folge hinter Verstappen fest, der keine Anstalten machte, den Mercedes ziehen zu lassen. Der angesichts des Strategiefehlers leicht zerknirschte Mercedes-Teamchef Toto Wolff machte dem Konkurrenten jedoch keine Vorwürfe. "Verstappen ist sein eigenes Rennen gefahren. Man kann von ihm nicht erwarten, dass er zur Seite geht", zeigte der Österreicher Verständnis, obwohl es diese Runden waren, die seinem Team den Sieg kosteten.

Denn Vettel war es, der von Verstappens Blockade profitierte und nach seinem Reifenwechsel wenige Meter vor dem Duo aus der Box kam. Verstappen startete in Kurve 3 zwar noch einen Angriff auf den Ferrari-Piloten, dieser behauptete seine Position jedoch und fuhr danach einen komfortablen Vorsprung heraus, der ihm am Ende zum Sieg verhelfen sollte. Red-Bull-Teamchef Christian Horner scherzte nach dem Rennen: "Gratulation an Sebastian. Ich denke, er ist uns jetzt ein Bier schuldig!"

Verstappen war Vettels Schutzschild gegen Hamilton, Foto: Sutton
Verstappen war Vettels Schutzschild gegen Hamilton, Foto: Sutton

Strategie-Duell gegen Räikkönen

Abgesehen davon gab Verstappen im Albert Park alles, um für Red Bull die Kohlen aus dem Feuer zu holen, nachdem Teamkollege Daniel Ricciardo schon vor dem Start sein Rennen aufgrund eines Getriebedefektes abschreiben musste. Im Ziel fehlten ihm lediglich sechs Sekunden auf Kimi Räikkönen - und beinahe hätte er den Ferrari-Piloten schon am Start überrumpelt. "Mein Start war wirklich gut, aber leider hatte ich in Turn 1 Dirty Air und das hat Kimi die Möglichkeit gegeben, außen auf gleicher Höhe zu bleiben und sich wieder vor mich zu setzen", so Verstappen.

In der Folge schaffte es Räikkönen allerdings nicht, sich abzusetzen. "Meine Pace war nicht schlecht und ich konnte ihm ziemlich gut folgen, was eine schöne Überraschung war", so Verstappen. Grund genug für ihn und seine Crew, einen Angriff mit einer alternativen Strategie auf die italienische Konkurrenz zu riskieren. Während die Spitze zur Rennhälfte auf Soft-Reifen wechselte, holte sich Verstappen in Runde 25 einen Satz Supersofts ab. "Ich denke, wir haben den richtigen Reifen gewählt und wir hätten von ihm wirklich nicht mehr verlangen können", sagte Horner.

Red Bull versuchte, Verstappen mit dem weicheren Reifen an Räikkönen vorbeizubringen, Foto: Sutton
Red Bull versuchte, Verstappen mit dem weicheren Reifen an Räikkönen vorbeizubringen, Foto: Sutton

Red Bull untersagt Verstappen Angriff auf die schnellste Rennrunde

In der Tat drehte Verstappen auf dem weicheren Reifen nochmal richtig auf und kam Räikkönen gefährlich nahe. Für einen Angriff reichte es jedoch nicht. "Es war schwer, anderen Autos zu folgen und dicht heranzufahren. Sobald du innerhalb von zwei Sekunden am Gegner dran bist, spürst du es sehr stark und es zerstört den Reifen", so der Niederländer, an dessen Red Bull in den Schlussrunden zudem dunkler Rauch von den Bremsen an der Vorderachse aufstieg.

"Er hatte in den letzten drei Runden Probleme mit dem Verschleiß der Bremsen. Von daher war Platz fünf heute das bestmögliche Resultat", erklärte Horner. Sein Pilot hegte wenige Runden vor der Zielflagge dennoch Ambitionen, sich zumindest einen kleinen Erfolg für die persönliche Statistik aus Melbourne mitzunehmen. "Wie schnell ist die aktuelle schnellste Runde?", wollte Verstappen im Funk wissen. Horner wusste den Ehrgeiz des Youngsters jedoch zu unterbinden: "Die ist zu schnell für uns, Max."

Danner überzeugt: Red Bull nur auf Supersoft schnell

Verstappen stellte trotz des überraschenden Kampfes gegen Räikkönen klar, dass sich an Red Bulls momentaner Situation schnellstmöglich etwas ändern muss: "Hinsichtlich China denke ich, dass wir weiterhin hart am Auto Arbeiten müssen. Unsere Rennpace war zwar okay, aber es ist immer noch offensichtlich, dass wir in bestimmten Situationen noch nicht konkurrenzfähig genug sind."

TV-Experte Christian Danner sah im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com allerdings keinen allzu großen Performance-Sprung von Red Bull am Sonntag: "Verstappen ist im Rennen ja zweitweise nur so schnell gefahren, weil er Supersoft-Reifen aufgezogen hatte. Das hat sich ja sonst keiner getraut."