Raketenstart von Red Bull. Mit dieser Initialzündung gleich zum Saisonstart hat wohl niemand in Österreich und Milton Keynes gerechnet. Nach drei Saisonrennen liegt Red Bull in der Konstrukteursweltmeisterschaft gerade einmal vier Punkte hinter Ferrari. Damit ist das Team verdienter Vierter - die Pace des RB12 ist klar besser als alles, was danach kommt - ob Williams, Toro Rosso oder Force India.

Entsprechend richtet Red Bull den Blick nach vorne. Das Podium scheint in Reichweite, zumindest liegt man in Schlagdistanz. Auch in Russland? Das große Update für die Power Unit lässt jedenfalls, allerdings gemäß Renault-Fahrplan, weiter auf sich warten ...

Das letzte Rennen: Mega-Performance in China

In China unterstrich Red Bull zuletzt seinen unerwartet starken Saisonstart noch einmal besonders fett. Schon im Qualifying stellte Daniel Ricciardo den RB12 in Reihe eins vor die beiden Ferrari, die allerdings aufgrund von Fahrfehlern viel Zeit verloren hatten. Gleich am Start setzte sich der Australier sogar in Führung, fiel aufgrund eines Reifenschadens jedoch weit zurück. Eine sensationelle Aufholjagd bis auf Rang vier zeugt jedoch von der Performance des Chassis Red Bulls.

Teamkollege Daniil Kvyat katapultierte sich unterdessen früh in die absolute Spitzengruppe, hielt den Attacken Sebastian Vettel lange Zeit stand, ehe sich der Russe dem Deutschen geschlagen geben musste. Einen starken dritten Platz feierte Kvyat dennoch.

Kvyat hielt in China gut mit Vettel mit:

Die Neuerungen: Weiter im Wartezimmer

Bis auf die üblichen Anpassungen am Chassis und die Feinabstimmung des Setups sind von Red Bull in Russland keine Wundertaten in Sachen Weiterentwicklung bekannt. Das ganz große Paket kommt erst beim siebten Lauf in Kanada, wenn Renault ein Upgrade seiner Power Unit raushauen will.

Das soll das größte Defizit des RB12 - sein aus Red Bulls Sicht bei 50 PS liegendes Leistungsmanko - zu einem guten Stück beseitigen, um nur noch mehr vom großartigen Chassis zu profitieren. Denn das sei wortwörtlich erste Liga, wie Motorsportberater Helmut Marko gegenüber Motorsport-Magazin.com bestätigte: "Wir haben ganz sicher das beste Chassis!"

Die Erwartungen: Keine gute Red-Bull-Strecke - oder doch?

Obwohl Red Bull in Russland bislang nicht brillierte, blickt Daniel Ricciardo dem Rennen zuversichtlich entgegen. "Diese Strecke hat uns in den beiden vergangenen Jahren nicht gelegen, aber wir hatten in diesem Jahr bisher ein paar starke Rennen auf Kursen, von denen wir auch nicht gedacht haben, dass sie uns liegen, als warten wir mal ab", sagt der Australier.

Damit spielt Ricciardo etwa auf die Vollgaspassagen zuletzt in China an - dort befand sich immerhin die längste Gerade im gesamten Rennkalender. "Uns ist es gelungen, mit minimalem Abtrieb auf den Geraden halbwegs mitzuhalten ohne dabei in den Kurven abzufallen", erklärt Helmut Marko dazu gegenüber Motorsport-Magazin.com den Schlüssel.

Für Daniil Kvyat kommt kommendes Wochenende ein weiterer Faktor hinzu. "Es ist mein Heimrennen und das gibt mir einen Extra-Boost. Es ist sehr schön, ein Heimrennen zu haben. Da habe ich echt Glück", sagt der China-Dritte.

Die Statistik: Red Bull beim Russland GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Red Bull - --- 20-
Daniel Ricciardo - --- 6-
Daniil Kvyat - --- 10-

Red Bull: Team und Fahrer beim Russland GP

Red Bull in Russland: Für Red Bull hat sich das Sochi Autodrom in dessen beiden ersten Jahren nicht als gutes, aber als solides Pflaster erwiesen: Drei von vier möglichen Zielankünften sammelten die Bullen in Russland. Das beste Resultat ist der fünfte Platz Daniil Kvyats im Vorjahr. Das schlechteste ein später Ausfall Daniel Ricciardos, ebenfalls 2015.

Daniel Ricciardo in Russland: Beim ersten Russland GP 2014 sah Daniel Ricciardo die Zielflagge mit mehr als einer Minute Rückstand auf Debütsieger Lewis Hamilton erst als Siebter - aber damit noch unmittelbar vor Teamkollege Sebastian Vettel. 2015 lief es schlechter: Durch einen Aufhängungsschaden schied Ricciardo sechs Runden vor Rennende aus.

Daniil Kvyat in Russland: In seinem F1-Debütjahr reichte es für Daniil Kvyat trotz eines bärenstarken Qualifyings wegen hohen Reifenverschleißes seines Toro Rosso beim Heimrennen nur zu einem unbefriedigenden 14. Platz - mit Rundenrückstand. Viel besser 2015: Im Red Bull wurde der junge Russe Fünfter - das beste Resultat für das Team im größten Land der Erde.

Die Prognose: Dritte Kraft

  • Mittelprächtige Russland-Bilanz
  • Red Bull reitet auf Erfolgswelle
  • Ricciardo Stammgast auf P4
  • Kvyat: Heimrennen Fluch oder Segen?
  • Weiter Defizit von ca. 50 PS

Motorsport-Magazin.com meint: Ja, Red Bull ist eine der größten Überraschungen der Saison. Ja, Red Bull war in China nah an Ferrari dran. Ja, Red Bull fehlen in der WM nur vier Punkte. Aber nein, zum Überholmanöver gegen die Roten reicht es (noch) nicht, auch nicht in Russland. Gerade weil Ferrari offenbar ein frühes Update seiner Power Unit plant. Das sollte den nur noch kleinen Vorsprung der Scuderia wieder etwas aufstocken. Noch dazu ließ Ferrari beim Saisonstart viele Punkte liegen, die performancetechnisch locker drin gewesen wären. Entsprechend ist Red Bull klare Nummer drei in Sochi - aber genauso mit Abstand nach hinten. (Jonas Fehling)