Alain Prost fühlt sich verfolgt. Sie kommen von links, von rechts und schicken sich an, den Professor zu überholen. "Innerhalb von zwei Wochen muss ich gleichzeitig in beide Rückspiegel schauen. Das ist nicht einfach", kommentierte der Professor das wilde Treiben um ihn herum auf seiner Twitter-Seite.

Die Antwort zu diesem kleinen Prost-Rätsel: 42. So viele Siege haben Sebastian Vettel und Lewis Hamilton bislang jeweils in der Formel 1 erzielt. Nachdem das dynamische Duo der Neuzeit in der ewigen Siegerliste an Ayrton Senna (41 GP-Siege) vorbeigezogen ist, haben sie es auf Prost abgesehen. Noch liegt die Motorsport-Ikone auf dem zweiten Platz der Allzeit-Liste mit 51 Siegen, hinter Spitzenreiter Michael Schumacher mit 91 Grand-Prix-Erfolgen. Doch Prosts Rekord wackelt gewaltig.

Hamilton und Vettel sind die Superstars dieser Formel-1-Epoche. In dieser Saison standen die beiden acht Mal zusammen auf dem Podium. Sollte Ferrari im kommenden Jahr noch weiter zulegen, könnte es zu einem echten Duell auf Augenhöhe kommen. "Das könnte eine der großartigen Rivalitäten im Sport sein", glaubte auch Toto Wolff. "Beide sitzen in sehr starken Autos, es könnte passieren." Dabei wollte der Mercedes-Motorsportchef auch Nico Rosberg nicht unerwähnt lassen: "Natürlich hat Lewis seine eigene Rivalität innerhalb des Teams."

Für die meisten Fans ist der Kampf zweier unterschiedlicher Rennställe dann aber doch spannender. Das sah auch Wolff so. "Das ist toll für den Sport und pusht uns", sagte er. "Ferrari ist das Team, mit dem du dich duellieren willst. Die werden nächstes Jahr sehr stark sein. Sie hatten früher als erwartet eine großartige Performance. Sie sind ein gutes Team und ich freue mich schon jetzt auf einen guten Kampf mit ihnen im kommenden Jahr."

Vettel und Hamilton hatten Spaß nach dem Russland Grand Prix, Foto: Sutton
Vettel und Hamilton hatten Spaß nach dem Russland Grand Prix, Foto: Sutton

Der teaminterne Zweikampf zwischen Hamilton und Rosberg sorgte oftmals für Spannung. Ein Duell des angehenden WM-Titelverteidigers mit Ferrari-Superstar Vettel könnte jedoch eigene Dimensionen erreichen und eine neue Ära in der Königsklasse begründen. Prost gegen Senna, Schumacher gegen Häkkinen – folgen nun Hamilton und Vettel, die bald sieben Weltmeisterschaften unter sich aufteilen, in der Reihe legendärer Zweikämpfe?

Geht es nach Vettel, könnte er sich mit einem Mercedes-Kampf auf gleichem Level gut anfreunden. "Ich hoffe es, das ist unser Ziel", sagte der vierfache Champion mit Blick auf 2016. "Natürlich wollen wir in den Rennen noch besser werden und sicherstellen, dass wir gute Herausforderer für Mercedes sind. Aktuell liegen sie noch etwas vorn. Ich denke aber, dass wir sehr gute Arbeit leisten. Wir haben eine gute Richtung eingeschlagen, und hoffentlich sind wir im nächsten Jahr näher dran."

Hamilton schaute sich Vettels Ferrari in Sochi ganz genau an, Foto: Sutton
Hamilton schaute sich Vettels Ferrari in Sochi ganz genau an, Foto: Sutton

Nach den Pleitejahren wirkte Vettel wie ein Heilsbringer für die angeschlagene Scuderia. Nun hat er sogar gut Chancen, im ersten Ferrari-Jahr hinter Hamilton die Vize-Weltmeistershaft zu gewinnen. Das wäre ein größerer Erfolg als zunächst erwartet. Dabei sind die Ansprüche in Maranello gestiegen. Nach Vettels drittem Saisonsieg in Singapur erhöhte Teamchef Maurizio Arrivabene das interne Ziel gar auf fünf Siege im Jahr 2015. "Das ist erst der Anfang der Geschichte", sagte er gewohnt vollmundig.

Zustimmung erhielt Arrivabene von seinem Chef Sergio Marchionne. Der kündigte nach Singapur an: "Ich kann versprechen, dass dieser Erfolg kein einmaliger Triumph bleiben wird, sondern ein riesiger Schritt auf unserem Weg zurück an die Spitze ist." Es folgten zwei Siege von Hamilton, der damit gleichzeitig sein Vorbild Senna in der Bestenliste übertrumpfte und den entscheidenden Schritt zur Titelverteidigung schaffte.

Teamkollege Rosberg bekam Ferraris Stärke deutlicher zu spüren, blieb hinsichtlich der Zukunft aber zuversichtlich. "Ferrari macht einen tollen Job", sagte er nach seinem Ausfall in Russland. "Wir respektieren ihren Angriff auf uns. Aber wir konnten immer wieder wegziehen, wie wir nach Singapur gezeigt haben."