Warum ist der Sieg für Hamilton so besonders?

Ein Sieg vor eigenem Publikum ist immer etwas ganz Besonderes - erst recht, wenn die Zuschauerränge zum Bersten gefüllt sind. Lewis Hamilton durfte dieses großartige Gefühl in Silverstone zum bereits dritten Mal erleben, was mit Nigel Mansell und Jim Clark nur zwei Briten vor ihm vergönnt gewesen war. Gewinnt Hamilton noch ein weiteres Mal auf dem ehemaligen Militärflughafen, ist er der erfolgreichste Silverstone-Lokalmatador der Formel-1-Geschichte.

Darüber hinaus brach der Brite einen Uraltrekord von Jackie Stewart: Hamilton hält nun bei 18 Rennen, die er in Folge anführte, und löste Stewart, dem dies von 1968 bis 1970 17 Mal gelungen war, ab. Sollte Hamilton kein völlig verkorkstes Qualifying hinlegen oder sich bei Mercedes der Technikteufel einschleichen, ist nicht abzusehen, wann diese unglaubliche Serie endet.

Wie kam Vettel auf das Podium?

Lange Zeit sah es nicht so aus, als würde Sebastian Vettel einen Pokal aus Silverstone mit nach Hause nehmen. Mercedes und Williams waren Ferrari in puncto Pace eindeutig überlegen, sodass Platz fünf vermutlich das Höchste der Gefühle gewesen wäre - hätte nicht in der Schlussphase des Rennens Regen eingesetzt.

Vettel erwischte im Gegensatz zu den Williams-Piloten genau das richtige Timing, um auf Intermediates zu wechseln, was ihm gegenüber Valtteri Bottas und Felipe Massa einen entscheidenden Vorteil und letztlich Platz drei brachte. "Ohne den Regen wäre ich sicher nicht am Podium", war sich Vettel der glücklichen Fügung vollauf bewusst.

Was lief bei Williams schief?

Die Plätze vier und fünf sind nicht das Ziel, wenn man zwischenzeitlich auf den Positionen eins und zwei liegt. Was passierte, war eine Kombination aus falscher Strategie und fehlender Pace im Nassen. Zunächst fiel Williams einem Undercut von Lewis Hamilton zum Opfer - ein Manöver, das durchaus vorhersehbar gewesen wäre. "Es war sehr aggressiv von Mercedes, wir haben es nicht erwartet", bestätigte Williams-Testfahrerin Susie Wolff.

Williams führte das Rennen lange Zeit an, Foto: Sutton
Williams führte das Rennen lange Zeit an, Foto: Sutton

Der Regen legte dann die Schwächen des FW37 offen, wie Felipe Massa zugab. Nico Rosberg ließ beide Williams stehen, als würden sie mit angezogener Handbremse fahren. Als der Regen heftig wurde, kam Sebastian Vettel in derselben Runde wie Lewis Hamilton zum Stopp hinein und erwischte dadurch auch noch beide Williams. Ein Gegenangriff war aufgrund der schwachen Nass-Perforance nicht mehr möglich. Am ende musste Valtteri Bottas, der seine Intermdiates nicht zum Arbeiten brachte, sogar noch um Platz fünf gegen Daniil Kvyat kämpfen.

War der angetäuschte Mercedes-Stopp regelkonform?

Williams hatte Mercedes eiskalt erwischt. Die amtierenden Champions zogen sogar alle Register, um ihren Gegner in die Falle zu locken. In Runde 14 nahm die Mercedes-Boxenmannschaft Aufstellung - bereit für einen vorgezogenen Stopps von Hamilton oder Rosberg. Williams reagierte cool - nämlich gar nicht. Die Mercedes-Mannen zogen unverrichteter Dinge wieder ab.

Toto Wolff räumte nach dem Rennen ein: "Ja, es war ein angetäuschter Versuch, um Williams unter Druck zu setzen." Seine Ehefrau Susie, in Diensten des Gegners, schrieb ihm direkt eine SMS: "Ihr denkt wohl, ihr könnt uns veräppeln. Hahaha." Toto Wolff fürchtete danach, am Abend alleine essen gehen zu müssen. Soweit kam es dann aber doch nicht, wie Susie via Twitter enthüllte. "Love not war - aber nur nach dem Rennen."

Erlaubt war die Aktion übrigens. Das Reglement verbietet zwar, dass sich Teampersonal ohne Grund (also einen Boxenstopp) in der Boxengasse aufhalten darf. Doch diese Praktik ist in der Formel 1 bereits seit vielen Jahrzehnten gang und gäbe.

Worüber freute sich Alonso?

Es ist vollbracht! Bis Anfang Juli musste sich Fernando Alonso gedulden, ehe er sich endlich über den ersten Punkt in Diensten von McLaren-Honda freuen durfte. Trotz einer chaotischen Anfangsphase, in der er mit seinem Teamkollegen Jenson Button kollidierte, was für diesen das Aus bedeutete, beendete Alonso den Grand Prix als Zehnter und nahm dafür einen Zähler mit nach Hause.

"Es ist nur ein Punkt, deshalb feiern wir keine Party. Ich weiß, wie wichtig er für das Team und die Motivation ist. Das ganze Team ist voll fokussiert auf den Job und arbeitet Tag und Nacht", war Alonso vor allem die moralische Bedeutung des seltenen Erfolgserlebnisses bewusst. Bisher hatte McLaren nur durch Buttons achten Platz in Monaco gepunktet.

Warum fiel Räikkönen so weit zurück?

Kimi Räikkönen war ein Opfer der Strategie. Der Ferrari-Pilot wechselte wegen des einsetzenden Regens bereits in Runde 38 auf Intermediates, was jedoch viel zu früh war, und verlor dadurch einige Plätze. Weil sich der Finne seine Reifen auf der weitestgehend trockenen Strecke ruinierte, musste er in Runde 47 noch einen dritten Stopp einlegen und kam schlussendlich nicht über den achten Platz hinaus. "Ich dachte, es würde weiterregnen, aber es war vier Runden zu früh. Es war die falsche Entscheidung", gestand Räikkönen, der sich auch noch drehte, den taktischen Fauxpas ein.

Räikkönen erlebte ein Wochenende zum Vergessen, Foto: Sutton
Räikkönen erlebte ein Wochenende zum Vergessen, Foto: Sutton

Warum kam Kvyat ein Dreher teuer zu stehen?

Daniil Kvyat belegte den guten sechsten Platz, doch für den Russen wäre vermutlich noch mehr möglich gewesen. Als der Regen einsetzte, drehte sich Kvyat auf dem Weg zur Box, wo er sich Intermediates abholen wollte, was ihn mehr als zehn Sekunden kostete. "Ich denke, wäre ihm das nicht passiert, wäre er in der Lage gewesen, mit Sebastian Vettel um das Podium zu kämpfen", meinte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Allerdings stoppte Kvyat eine Runde nach Vettel, was einen nicht zu verachtenden Vorteil für den Ferrari-Piloten bedeutete, sodass Vettel wohl auch ohne Kvyats Dreher die Oberhand im Kampf um Rang drei gehabt hätte.

Was war in der dritten Kurve los?

Das Rennen begann gleich mit einem Knall. In Kurve drei kam es zu einer Kollision zwischen beiden Lotus-Piloten sowie beiden McLaren. Die TV-Bilder gaben keinen Aufschluss darüber, wer oder was genau der Auslöser war. Nach Aussage von Lotus-Pilot überschätzte Daniel Ricciardo im Red Bull seine Bremsen. Was genau er damit meinte, sagte er nicht.

Die McLaren-Piloten gerieten aneinander, Foto: Sutton
Die McLaren-Piloten gerieten aneinander, Foto: Sutton

Die Folge jedenfalls war eine Karambolage zwischen Grosjean und seinem Teamkollegen Pastor Maldonado, die beiden das Rennen kostete. "Ich dachte erst, dass ich einen Plattfuß hätte, an die Box zurückfahren und anschließend das Rennen wieder aufnehmen kann, aber leider war der Schaden am Auto größer und ich musste aufgeben", so Maldonado, der sein Auto nach ein paar hundert Metern abstellte. Grosjean kam erst gar nicht so weit.

Doch nicht nur die beiden Lotus-Piloten waren in den Unfall involviert. Fernando Alonso versuchte, nicht in die beiden Streithähne zu krachen und vermied den Unfall durch einen halben Dreher. Dummerweise traf er dabei den Hinterreifen seines Teamkollegen Jenson Button. Dessen Auto hob kurz ab, krachte nach unten und der Motor schaltete sich umgehend ab. Somit war auch für den Briten das Rennen ganz früh beendet. Er nahm es mit Galgenhumor: "Ich habe alles gegeben in den drei Kurven."

Warum schied Ricciardo aus?

Daniel Ricciardo musste im neunten Saisonrennen den ersten Ausfall hinnehmen. Nach einem Renndrittel begann der Renault-Motor des Red-Bull-Piloten zu streiken, was der Anfang vom Ende war. "Wir hatten ein elektronisches Problem, das uns zur Aufgabe zwang", schilderte Ricciardo. Zwar versuchte Red Bull alles, um das Rennen fortsetzen zu können, indem man die Power Unit in der Box neu startete, doch die Bemühungen blieben erfolglos.

Warum war das Wochenende für Toro Rosso so enttäuschend?

So gut das Silverstone-Wochenende für Toro Rosso begonnen hatte, so schlecht endete es. Im Freien Training gelang es Max Verstappen noch, ähnliche Longrun-Zeiten wie Nico Rosberg zu fahren, und sowohl er als auch sein Teamkollege Carlos Sainz platzierten sich im Spitzenfeld. Das Qualifying lief dann schon nicht mehr so gut - Sainz wurde Achter und Verstappen verpasste den Einzug in Q3 -, doch die richtig kalte Dusche sollte erst im Rennen folgen.

Verstappen verlor die Kontrolle über seinen STR10, Foto: Sutton
Verstappen verlor die Kontrolle über seinen STR10, Foto: Sutton

Verstappen verlor nach der frühen Safety-Car-Phase in Kurve zwei die Kontrolle über seinen Wagen und schlitterte ins Kiesbett, wo er frontal gegen die Leitplanken stieß, was für ihn das Aus bedeutete. "Obwohl ich mir nur den Frontflügel leicht angeknackst habe, konnte ich nicht zurücksetzen", schilderte der Teenager. Sainz wurde indessen auf Punktekurs liegend ein Elektronikdefekt zum Verhängnis, sodass Toro Rosso einen Doppelausfall zu beklagen hatte und trotz des verheißungsvollen Auftakts mit leeren Händen aus Silverstone abreisen musste.

Warum konnte Nasr nicht starten?

Für Felipe Nasr war der Großbritannien GP schon vorbei, bevor er überhaupt begonnen hatte. Der Sauber-Pilot erlitt auf dem Weg in die Startaufstellung einen Getriebeschaden und blieb mitten auf der Strecke stehen. Zwar gelang es, seinen Wagen an die Box zu bringen, an einen Start war jedoch nicht zu denken. "Als ich zur Startaufstellung fahren wollte, blockierte plötzlich mein Getriebe im sechsten Gang", erklärte der Brasilianer. Weil Marcus Ericsson aufgrund einer verkorksten Strategie nicht über den elften Platz hinauskam, ging Sauber in Silverstone leer aus.

Nasr blieb auf dem Weg in die Startaufstellung liegen, Foto: Sutton
Nasr blieb auf dem Weg in die Startaufstellung liegen, Foto: Sutton