So eine Anfangsphase hatten sich wohl selbst die kühnsten Optimisten nicht ausgemalt, das Ergebnis hätte wohl sogar Realisten enttäuscht: Williams erlebte ein Heimrennen voller Höhen und Tiefen, leider in der falschen Reihenfolge. Felipe Massa und Valtteri Bottas holten die Plätze vier und fünf, nachdem sie bis zum ersten Stopp die Ränge eins und zwei hielten. Nicht zum ersten Mal vergriff sich das Team aus Grove bei der Strategie. Hinzu kam eine unbefriedigende Nasspace vor allem bei Valtteri Bottas, der beinahe noch von Daniil Kvyat abgefangen worden wäre.

Perfekter Start und packender Kampf

Der Raketenstart beeindruckte selbst Toto Wolff, Foto: Sutton
Der Raketenstart beeindruckte selbst Toto Wolff, Foto: Sutton

"Es ist ein gutes Resultat, aber es hätte ein fantastisches Ergebnis werden können", fasste Felipe Massa zusammen. Mit einem Raketenstart schnellten die beiden Williams an die Spitze, Bottas verlor den zweiten Platz aber schnell wieder an Hamilton. Susie Wolff feixte gegen Niki Lauda: "Seid ihr im zweiten Gang gestartet?" Massa jubelte: "Es war unglaublich, toll, fantastisch, die Mercedes so zu überholen!" Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff konnte nicht glauben, was sich da vor seinen Augen abspielte: "Wahnsinn, wie die auch gegenüber Ferrari so weggezogen sind. Die sind wie Raketen gestartet, einfach stark!" Er fügte mit einem Grinsen hinzu, dass man bei Mercedes die Kupplungs-Einstellungen von Williams analysieren werde.

Tatort Restart nach der SC-Phase: Massa gelingt es nicht, Hamilton zu überraschen, doch dieser verbremst sich und Valtteri Bottas stößt vor auf Platz zwei. Tatsächlich lag nun ein Williams-Sieg in der Luft. Doch Bottas wollte mehr und begann nun, Felipe Massa anzugreifen. "Es war ein ganz offenes Rennen", bestätigte Testfahrerin Susie Wolff. "Es tat gut, mal wieder zwei Williams auf den ersten beiden Plätzen zu sehen, das hatten wir ja schon lange nicht mehr."

Bottas machte einen schnelleren Eindruck und griff trotz anders lautender Funk-Messages seinen Teamkollegen an. Daraufhin bekam er die Erlaubnis anzugreifen. Dieser dachte aber nicht daran, klein beizugeben: "Er war im DRS, es war viel leichter für ihn, mir zu folgen. Aber ich war schneller." Bottas fügte hinzu: "Ich durfte gegen ihn kämpfen, aber es war schwierig, vorbeizukommen und ich wollte keine Fehler machen."

Gíbt's geschenkt: Lewis Hamiltons ungestümes Manöver brachte Williams die Doppelführung, Foto: Sutton
Gíbt's geschenkt: Lewis Hamiltons ungestümes Manöver brachte Williams die Doppelführung, Foto: Sutton

Williams übersieht das Vorhersehbare

Doch die Freude währte nur bis zum ersten Boxenstopp. Williams ließ Mercedes das Heft in die Hand nehmen und wurde von Hamiltons Undercut erwischt. "Leider waren wir nicht aggressiv genug; wir mussten den Undercut erwarten, aber waren leider einen Tick zu spät", bestätigte Susie Wolff. "Es war sehr aggressiv von Mercedes, wir haben es nicht erwartet." Auch Rob Smedley gab zu, dass man von Mercedes kalt erwischt worden ist: "Sie sind eine Runde früher rein, da konnten wir nichts machen. Im Nachhinein ist es leicht zu sagen, wir hätten aggressiver sein müssen, aber man will, dass die Reifen auch am Ende gut sind und deshalb nicht zu früh reinkommen."

Schon vorher hätte es strategische Optionen gegeben, etwa die Strategien der Fahrzeuge zu splitten: "Das hatten wir nie vor", entgegnet Smedley. "Wir hatten einen Stopp vorhergesehen; es ging lediglich darum, den einzigen Stopp richtig zu timen, um gute Reifen bis zum Ende zu haben." Doch genau damit fiel Williams auf die Nase. Es blieb nur zu reagieren, als es bereits zu spät gewesen ist. Hamilton überholte beide Williams, Rosberg blieb hängen.

Absturz im Regen

Der Regen besiegelte dann endgültig das Schicksal des britischen Traditionsteams. Zunächst zog Rosberg an beiden Fahrern vorbei, dann bewies Sebastian Vettel ähnlich wie Lewis Hamilton den richtigen Riecher und kam mit einem optimal getimten Stopp ebenfalls vorbei. "Wir haben zu lange gewartet mit dem Stopp und das hat ausgereicht, um das Podium zu verlieren", fluchte Massa. Wolff monierte aber noch mehr: "Wir müssen das Auto im Regen verbessern. Vor allem für Valtteri war es schade, dass der Regen gekommen ist, denn er hatte eigentlich seine Reifen für eine Schlussattacke geschont." Im Regen lief beim Finnen dann gar nichts mehr "Ich hatte große Probleme auf dem Intermediate. Wir müssen uns die Daten ansehen und daraus lernen", bestätigte der 25-Jährige.

So bleibt Williams nur das Wissen, vom Speed her konkurrenzfähig gewesen zu sein. "Es ist sehr enttäuschend, aber jetzt müssen wir das Positive mitnehmen und schauen was wir nächstes Mal besser machen können", führte Wolff aus. Smedley kündigte an, für den Hungaroring Updates bringen zu wollen. "Wir haben den Abstand zu Platz zwei in der Konstrukteurswertung verkleinert und nach hinten den Vorsprung ausgebaut. Vielleicht werden wir auch in Spa und Monza gute Wochenenden haben", blickte er nach vorn an einem Tag, an dem sein Team eine Menge Chancen ausgelassen hat. Felipe Massa und Jackie Stewart sahen sogar eine mögliche Siegchance, wenn es trocken geblieben wäre.