45 Sekunden dahinter. So viel Rückstand hatte Sebastian Vettel beim Spanien Grand Prix auf Rennsieger Nico Rosberg. Eine Zahl, die sinnbildlich für das aktuelle Kräfteverhältnis in der Formel 1 steht. In Folge der großen Update-Welle waren alle gespannt, ob Ferrari noch dichter zu Mercedes würde aufschließen können. Zumindest in Barcelona schien es jedoch, dass den Silberpfeilen der größere Fortschritt gelungen ist. Diese Annahme gab es bereits nach dem 1. Training am Freitag - sie bestätigte sich auch im Rennen.

"Wir haben an diesem Wochenende den Entwicklungswettkampf gegen Ferrari gewonnen. Das ist ein wichtiger Indikator für den Rest der Saison", sagte Rosberg nach seinem ersten Saisonsieg. Der Vorsprung sei nun viel größer gewesen als zuletzt. Rosberg: "Viel größer als in Bahrain, viel größer als in Shanghai und Malaysia. Es ist ein großer Schritt in die richtige Richtung für uns. Das ist eine kleine Überraschung, aber es zeigt auch, dass wir derzeit ein unglaubliches Team haben."

König von Spanien für einen Tag: Nico Rosberg, Foto: Sutton
König von Spanien für einen Tag: Nico Rosberg, Foto: Sutton

Vettel: Hoffentlich behalte ich Recht...

Barcelona gilt wegen seines Layouts traditionell als Indikator für den Rest der Saison. Doch hat Mercedes in den vergangenen Wochen einfach bessere Arbeit geleistet als Ferrari? Nicht wenige glaubten, dass die Rahmenbedingungen einen Teil zur Mercedes-Dominanz beitrugen und das Kräfteverhältnis zumindest ein wenig verzerrten. Alle Fahrer hatten am Wochenende mit der Balance ihrer Autos und den Reifen zu kämpfen. Der starke Wind tat sein Übriges dazu. Deshalb resignierte das rote Lager auch nicht angesichts der Mercedes-Power.

"Die Bedingungen kamen ihnen am Wochenende entgegen und haben uns das Leben ein bisschen schwer gemacht", sagte der Drittplatzierte Vettel. "Deshalb hoffe ich, dass ich Recht habe und es in den nächsten Rennen wieder enger wird. Das neue Paket ist ein Schritt nach vorne, aber es bleibt der Eindruck, dass das Wochenende schwierig und Mercedes ein bisschen weiter weg war. Ich glaube, wir sind dieses Wochenende ein bisschen nach hinten gefallen und ich hoffe, dass wir die nächsten Rennen wieder näher dran sein werden."

So sehen Sieger aus: Nico Rosberg stimmt die Silberpfeile ein, Foto: Sutton
So sehen Sieger aus: Nico Rosberg stimmt die Silberpfeile ein, Foto: Sutton

3. Sektor als Erfolgsschlüssel

Auffällig war der Vorteil der Mercedes-Silberpfeile im 3. Sektor auf dem Circuit de Catalunya. Hier nahmen Rosberg und Hamilton ihren Ferrari-Gegnern in schöner Regelmäßigkeit eine halbe Sekunde ab. Der Vorteil in diesem Streckenabschnitt gilt für die meisten Beobachter als Schlüssel für die Überlegenheit, nachdem sich beide Teams in den restlichen Abschnitten nicht allzu viel nahmen. "Wenn ich hier einen Faktor nennen müsste, würde ich sagen, dass wir im 3. Sektor schnell waren", bestätigte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.

Während Rosberg geradezu euphorisch wirkte angesichts des großen Vorsprungs, dämpfte Wolff die Erwartungshaltung für die kommenden Rennen in Monaco und Montreal. "Wir sind immer skeptisch über diese so genannten Vorsprünge", mahnte er. "Das kann sich schnell gegen dich wenden, wenn du nicht immer wachsam bist. Wir haben in den vergangenen Wochen nicht nach links oder rechts geschaut, sondern uns ganz auf unseren Job konzentriert, die Updates ans Auto zu bringen. Und da haben die Jungs beim Chassis und auch beim Motor beeindruckende Arbeit geleistet."

Keine Siegchance trotz starkem Start: Sebastian Vettel, Foto: Sutton
Keine Siegchance trotz starkem Start: Sebastian Vettel, Foto: Sutton

Malaysia als Warnhinweis

Doch Wolff hat den Malaysia Grand Prix und Vettels unerwarteten Sieg noch bestens in Erinnerung. Deshalb sagte er anschließend: "Ich würde nicht über-optimistisch sein und sagen, dass es jetzt so weiter geht. Es passiert leicht, dass man zurückfällt. Das haben wir in Malaysia gesehen. Wir halten unsere Füße weiter auf dem Boden." Auf der Gegenseite machte sich Kimi Räikkönen stark dafür, Ferrari jetzt noch nicht abzuschreiben. Optimal sei das Wochenende in Spanien zwar nicht verlaufen, doch die Strecke habe eine große Rolle gespielt.

"Ich glaube, sie hatten etwas mehr Power und Abtrieb. Das kann auf dieser Strecke schon einen großen Unterschied machen - größer als unter normalen Bedingungen", sagte Räikkönen über das Mercedes-Duo. "Aber für uns war es kein Desaster. Wir wissen, wo wir uns noch verbessern müssen. Unser Ziel ist es, zumindest mit ihnen zu kämpfen an jedem Wochenende und in jedem Rennen."

Dominanter Sieg von Rosberg vor Hamilton, Foto: Sutton
Dominanter Sieg von Rosberg vor Hamilton, Foto: Sutton

Arrivabene: Podium ist mir egal

Auch Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene dürfte wissen, wo es noch hapert bei den Roten. Öffentlich wollte er aber nicht mit dem Finger auf das eigene Team zeigen und nach Fehlern suchen. Doch Arrivabene hat in Barcelona deutlich gesehen: Mit der aktuellen Konstellation wird es schwierig, weitere Siege zu erzielen - und damit seine eigene Vorgabe für die Saison 2015 zu erfüllen.

"Ich habe gesagt, dass wir drei Rennen gewinnen wollen", so Arrivabene. "Und ich glaube, dass das auch möglich ist. Es ist mir egal, ob wir auf dem Podium stehen. Was mich interessiert, ist der Abstand. Mich interessiert, wie wir dorthin kommen, ein Rennen zu gewinnen. Da sind wir nämlich noch nicht. Es ist nicht genug, nur die Lücke zu schließen."