Daniel Ricciardo wird nach seinem Premierensieg in Montreal von allen Seiten mit Lob überschüttet. "Er hat in dieser Saison noch keinen Fehler gemacht", streut auch Gerhard Berger dem stets lächelnden Australier Rosen. Der Österreicher ist überzeugt, dass Ricciardo über das Potenzial verfügt, ein ganz Großer seiner Zunft zu werden. "Das ist ein neuer Star. Wenn das Auto irgendwann passt, kann er auch Weltmeister werden", so Berger gegenüber der APA.

Momentan hat der Australier im stallinternen Duell bei Red Bull gegen Sebastian Vettel die Nase vorne, was für Berger nur bedingt überraschend kommt. "Wir wissen, wie schnell und gut Vettel ist, vierfacher Weltmeister", sagte er. "Ricciardo ist in dem Team aber im Moment das Maß der Dinge - und das auf sehr sympathische Art und Weise."

Ricciardo fährt Vettel momentan davon, Foto: Sutton
Ricciardo fährt Vettel momentan davon, Foto: Sutton

Der Australier rangiert momentan auf dem dritten Rang der Gesamtwertung, hat aber schon gehörigen Rückstand auf das Mercedes-Gespann Lewis Hamilton und Nico Rosberg. Allerdings erinnerte Berger: "Wenn Ricciardo am Anfang der Saison keine Strafen kassiert hätte, wäre er in der WM nur knapp hinter Lewis Hamilton." In Melbourne wurde der Lokalmatador bekanntlich nachträglich disqualifiziert und ihm sein zweiter Platz wieder aberkannt.

Momentan hat Ricciardo 19 Punkte Vorsprung auf Vettel, der als regierender Champion nur auf dem fünften Platz des Klassements anzutreffen ist. "Sebastian kann sich über einen dritten Platz nicht groß freuen, Ricciardo freut sich über alles - das ist einfach eine andere Ausgangsposition", erklärte Berger. "Aber Sebastian hat Haare auf den Zähnen, er bekommt das schon wieder hin."

Cleverness spricht für Rosberg

Obwohl Hamilton nach seinem Ausfall in Montreal gegenüber Rosberg ins Hintertreffen geraten ist, geht Berger nicht davon aus, dass die Meisterschaft bereits vorentschieden ist. "Lewis ist im Moment wahrscheinlich der Schnellste in der Formel 1", sagte der Tiroler. "Aber ich traue Nico mehr Ausdauer und mehr Detailarbeit zu. Das Durchhaltevermögen und die Cleverness von Nico sprechen für ihn."

Wer macht bei Mercedes das Rennen?, Foto: Sutton
Wer macht bei Mercedes das Rennen?, Foto: Sutton

Dass die immer wieder hochkochende Rivalität zwischen den Stallkollegen bisher nicht ausgeartet sei, sei laut Berger nicht zuletzt Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda zu verdanken. "Mit ihm haben sie das ideale Management für solche Krisenherde", ist er überzeugt. "Niki ist ein sehr geradliniger Typ. Er kennt alle Psychospielchen, alle Mätzchen und alle Tricks aus eigener Erfahrung. Da macht ihm niemand etwas vor."

Beim bevorstehenden Grand Prix in Österreich sieht Berger einmal mehr die Silberpfeile als große Favoriten - dank der Motorenpower, die auf der Berg- und Talbahn von Spielberg eine entscheidende Rolle spielen wird. "Ich glaube nicht, dass ohne technische Probleme jemand Mercedes ernsthaft gefährden kann", so der zehnfache Grand-Prix-Sieger. Allerdings: "Die Formel 1 dreht sich aber sehr schnell. Wenn Renault halbwegs die Füße auf den Boden kommt, werden sie schnell wieder dabei sein."