Hockenheim 2012. Es ist relativ kühl. Motorsport-Magazin.com hat es sich im Red-Bull-Motorhome gemütlich gemacht. Uns gegenüber sitzt ein junger Mann aus Perth, der gerade seine erste volle Formel-1-Saison für die Nachwuchsschmiede Toro Rosso bestreitet. Könnte er der nächste Superstar aus dem Dosenimperium werden? Daniel Ricciardo lacht. "Oh, sagen wir so, ich wäre es gerne." Es folgt sein Markenzeichen-Lächeln, das er sich bis heute, knapp zwei Jahre danach, behalten hat: das breitestete und ansteckendste Grinsen des Formel-1-Paddocks.

Seit dem Großen Preis von Kanada strahlt Ricciardo noch einmal mehr: nach 57 Rennen in der Königsklasse gehört auch er nun zum illustren Kreis der GP-Sieger. "Er ist die größte Überraschung in dieser Saison", sagt Johnny Hebert gegenüber Motorsport-Magazin.com. Dabei zeichnet sich der Australier vor allem durch seine Konstanz aus: "In der Vergangenheit war er im Qualifying gut, hatte aber immer etwas Schwierigkeiten im Rennen", erinnert Herbert. "In diesem Jahr ist er in beidem großartig."

Daniel Ricciardo: GP-Sieger, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo: GP-Sieger, Foto: Sutton

Selbst sein Teamkollege Sebastian Vettel, immerhin vierfacher Weltmeister, steht in dieser Saison etwas im Schatten des Sonnyboys mit dem entwaffnenden Lächeln. "Daniel hat alle Kritiker Lügen gestraft, er ist hochmotiviert und weniger empfindlich als Sebastian, wenn das Auto nicht so gut ist", erklärt Ex-Formel-1-Pilot Marc Surer. "Das ist eine Einstellungssache, für ihn ist es die große Chance und er macht einfach das Beste daraus."

Ricciardo gab sich schon immer offen, ehrlich und freundlich. Auch nach seinem Wechsel von der Talentschmiede zum Weltmeisterrennstall hob der Australier nicht ab. Stattdessen erinnert er sich noch immer an all jene, die ihn in den vergangenen Jahren unterstützten. "Ich habe schon viele Fahrer zu einem großen Team wechseln sehen und es hat ihren Charakter verändert", sagt Herbert. "Bei Daniel hat sich bisher nichts verändert. Er lacht immer noch."

Im Fahrerlager gab es in Montreal kaum jemanden, der sich nicht über den ersten Sieg des dauerlächelnden Australiers freute. Selbst in den Pressemitteilungen der Teams fanden sich unzählige Glückwunschbekundungen, die in diesem Fall wohl wirklich als ehrlich angesehen werden dürfen - sogar Mercedes gratulierte artig, obwohl die Silberpfeile derzeit alles andere als ein gutes Verhältnis zu Red Bull pflegen.

Der frisch gebackene GP-Sieger geht stets mit einem Lächeln durchs Fahrerlager. "Das mag man oder eben nicht", sagt Motorsport-Magazin-com-Experte Christian Danner und fügt scherzhaft hinzu: "Mancher sagt vielleicht auch: 'Haut dem endlich mal einer in die Fresse, damit er aufhört zu grinsen.' Nur: Rennfahrer haben eine Vergleichsbasis - die Rundenzeiten. Da muss ich ganz ehrlich sagen: Chapeau!"

Eine ausführliche Hintergrundgeschichte zur Saison von Daniel Ricciardo lesen Sie in der nächsten Ausgabe des Motorsport-Magazins. Ab 18. Juni im Zeitschriftenhandel erhältlich oder am besten gleich online vorbestellen: