Robert Kubica muss die Saison 2011 von zuhause verfolgen, Foto: Sutton
Robert Kubica muss die Saison 2011 von zuhause verfolgen, Foto: Sutton

"Möchtest Du etwas trinken?", fragt Robert Kubica, ohne lange nachzudenken. Keine Pressesprecherin und keine Bedienung in Sicht. Als ob es eine Selbstverständlichkeit wäre, übernimmt der Pole, selbst nach einem langen und harten Testtag, bei unserem Interviewtermin gerne noch die Rolle des Gastgebers. Kubica ist ein höflicher, ehrlicher und sympathischer Zeitgenosse, aber alles andere als extrovertiert; Interviews zählen sicher nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Trotzdem denkt er an diesem Testtag für BMW Sauber im Februar 2007 an alles. Ein echter Perfektionist eben.

Klar, seine monotonen Aussagen bei Presserunden an den Rennwochenenden erinnern fast ein wenig an die legendären Antworten von Kimi Räikkönen und lassen schnell den Verdacht aufkommen, dass er jetzt lieber woanders wäre, am liebsten wahrscheinlich im Rennauto, als an einem Tisch in der Team-Hospitality zu sitzen und mal wieder die Fragen der Journalisten zu beantworten. Die PR-Welt und der Glamour des Paddock interessieren Kubica nicht, er ist einzig und allein zum Rennfahren da, und zwar nicht nur in der Formel 1, sondern auch im Rallye-Auto oder jedem anderen Gefährt, mit dem man ihn auf einer Rennstrecke loslässt.

Spricht man mit ihm über das Thema Rallye, weicht der gleichgültige Tonfall echter Begeisterung. Mit leuchtenden Augen zückt er schon mal das Armbändchen von der letzten WRC-Rallye, die er besucht hat, das noch um sein Handgelenk baumelt - immerhin waren seine Jugendhelden nicht Ayrton Senna und Michael Schumacher, es waren Colin McRae und Carlos Sainz. Vielleicht liegt es ja daran, dass Kimi und Robert die gleichen Vorlieben teilen, vor allem jene für Rallyes, nicht nur die für wenig mitreißende Reden.

Den Fans fehlt Robert Kubica sehr, Foto: Lotus Renault
Den Fans fehlt Robert Kubica sehr, Foto: Lotus Renault

Viele Experten waren sich im Winter einig: In dieser Saison hätte es anders kommen können - denn angesichts des verbesserten Lotus Renault galt Kubica nach dem ersten Test in Valencia als Geheimfavorit, zumindest auf Siege, wenn nicht sogar auf mehr. Das hätte auch ihn bei Interviews aufblühen lassen.

Zu diesem Zeitpunkt war ich noch etwas skeptisch, was die Leistungsfähigkeit des R31 anging, nicht umsonst gab es bei den folgenden Tests auch einige Probleme, doch wenn selbst der, um es positiv zu formulieren, weniger hoch angesehene Vitaly Petrov in Melbourne aufs Podium fahren konnte, wollte man sich am Abend der Feierlichkeiten in Australien bei Lotus Renault besser nicht die - ohnehin rein hypothetische - Frage stellen, was der einmalige GP-Sieger aus Krakau mit dem schwarz-goldenen Renner beim Auftaktrennen hätte erreichen können.

Ich gebe zu, ich war nie ein besonderer Kubica-Fan. Stattdessen empfand ich die Lobeshymnen und Ferrari-Gerüchte in den vergangenen Jahren eher als übertrieben und stufte ihn als überschätzt ein. Immerhin sah seine Bilanz gegen Teamkollege Nick Heidfeld alles andere als überlegen aus. Tatsache bleibt jedoch - Überflieger hin oder her, ein Spitzenrennfahrer ist er allemal. Ob er auch vom Schlage eines Sebastian Vettel, Fernando Alonso und Lewis Hamilton ist, steht auf einem anderen Blatt. Jackie Stewart zählt ihn zum Beispiel dazu.

Das Team wünscht Kubica eine schnelle und vollständige Genesung, Foto: Sutton
Das Team wünscht Kubica eine schnelle und vollständige Genesung, Foto: Sutton

Gerne würden wir es herausfinden, doch nach seiner schweren Verletzung ist seine Zukunft weiterhin ungewiss – den Comeback-Ankündigungen seines Managers zum Trotz gibt es im Fahrerlager nicht wenige, die bezweifeln, dass Kubica wirklich noch einmal in einem Formel-1-Auto Rennen bestreiten wird. Seine neuerliche Operation im August mindert die Zweifel nicht gerade. Wenn Kubica sich erholt und wieder Rennen fahren kann, darf er uns gerne eines Besseren belehren und zeigen, dass er es tatsächlich mit den Topfahrern seiner Zunft aufnehmen kann. Diesmal kümmern wir uns auch um die Getränke.

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