Jari- Matti Latvala hat den ersten Tag der Rallye Sardinien für sich entscheiden können. Mit vier von sechs möglichen Bestzeiten wusste er seine späte Startposition optimal zu nutzen und beendete den Tag 39,8 Sekunden vor seinem Teamkollegen Mikko Hirvonen.

Bevor es soweit war, wurde der heutige Tag aber durch heftige Taktikspiele überschattet. Nachdem bereits im Mittagservice sowohl Citroen als auch Ford keinen Hehl daraus gemacht hatten, für den morgigen Samstag möglichst eine Startposition hinter den direkten Rivalen einnehmen zu wollen, war es auf der letzten Tagesetappe soweit: Sébastien Loeb hielt kurz vor der Ziellinie an und ließ 23 Sekunden verstreichen, bevor er ins Etappenziel rollte.

Sébastien Loeb wartete vor der Ziellinie., Foto: Sutton
Sébastien Loeb wartete vor der Ziellinie., Foto: Sutton

Mikko Hirvonen, der den ganzen Tag in Schlagdistanz hinter Loeb gelegen hatte, verlangsamte daraufhin ebenfalls. Allerdings verrechnete sich der Finne, so dass er in der Addition letztlich drei Sekunden vor Loeb das Tagesziel erreichte. Als Reaktion darauf entschloss Ford, Latvala seine Spitze behaupten zu lassen, so dass zumindest ein Pilot aus der Spitzengruppe von Taktikspielen verschont blieb.

Damit waren die Spekulationen in Sachen Teamstrategie allerdings noch nicht beendet. So war Daniel Sordo bereits auf der ersten Tagesetappe drei Minuten zu spät zum Start erschienen und hatte dafür zwar eine 30 sekündige Strafzeit erhalten, war in der Startreihenfolge jedoch gleichzeitig hinter Mikko Hirvonen gerückt. Auf Seiten von Citroen sprach man in diesem Zusammenhang von Problemen mit dem Turbolader und wies jegliche Taktikspekulationen zurück, auf Seiten von Ford wurde der Zwischenfall hingegen als taktische Maßnahme bewertet.

Zweifelsohne eine gute Leistung zeigte wieder einmal Petter Solberg, der das Verfolgerfeld fast schon wie gewohnt anführt. Obwohl er am Morgen trotz der neuen Spezifikationen an seinem Xsara mit Temperaturproblemen zu kämpfen hatte, lag er im Tagesziel - natürlich auch begünstigt durch dessen Verlangsamen - nur 3,6 Sekunden hinter Sébastien Loeb.

Mikko Hirvonen verrechnete sich., Foto: Sutton
Mikko Hirvonen verrechnete sich., Foto: Sutton

Lediglich 18,3 Sekunden hinter Solberg schob sich Evgeny Novikov auf einen starken fünften Zwischenrang. Er behielt bei seiner erst vierten WRC Rallye damit die Oberhand über Henning Solberg, der Glück hatte, dass seine Sicht unbehelligt blieb, als sich auf der fünften Etappe seine Motorhaube löste und über das Fahrzeug flog. Knapp dahinter folgte Mads Östberg, der an diesem Wochenende erstmals in der WRC mit seiner Freundin Veronica Engan als Beifahererin antritt.

Nur zu Rang acht reichte es für Daniel Sordo. Nach dem Zwischenfall vor der ersten Etappe, verlor der Spanier mit einer beschädigten Frontaufhängung weitere 30 Sekunden auf der dritten Wertungsprüfung und nachdem die Reparatur im Service Park nicht rechtzeitig ausgeführt werden konnte, wiederholte sich das Szenario der Auftaktetappe: Erneut zu spät am Start erhielt er eine weitere 30- sekündige Zeitstrafe und fiel auch in der Startreihenfolge einen weiteren Platz - dieses Mal hinter Petter Solberg - zurück. Insgesamt erreichte Sordo das Tagesziel 1:37,3 Minuten hinter der Spitze.

Evgeny Novikov war die sportliche Überraschung des Tages, Foto: Sutton
Evgeny Novikov war die sportliche Überraschung des Tages, Foto: Sutton

Die ersten Zehn komplettierten Matthew Wilson und Khalid Al- Qassimi, wobei der Stoabart Pilot am Vormittag mit Hydraulikproblemen viel Zeit verlor. Durch ein Leck im Hydrauliksystem wurde er nicht nur gezwungen, auf die manuelle Schaltung zurückzugreifen, auch sein Zentraldifferential fiel aus. Nicht der Tag war es auch für Sébastien Ogier. Der Franzose schied auf der fünften Etappe mit einer gebrochenen Aufhängung aus, nachdem er zuvor auf Rang fünf gelegen hatte. Nicht besser war es zuvor bereits Federico Villagra ergangen, der auf der vierten Etappe mit Kupplungsproblemen hatte aufgeben müssen.

Der heutige Tag erreichte im Taktikduell zwischen Citroen und Ford einen neuen Höhepunkt. Nachdem die Regeln auch für dieses Jahr nicht geändert wurden, scheuen sich nun beide Hersteller offensichtlich nicht mehr, Taktiken offen anzuwenden. Rein sportlich hinterließ der Freitag eine spannende Ausgangssituation für das weitere Wochenende. Jari- Matti Latvala wird nun irgendwie versuchen müssen, seinen Vorsprung zu verteidigen, während Mikko Hirvonen und Sébastien Loeb die Flucht nach vorne antreten dürften. Noch nicht völlig aus dem Rennen um eine vordere Platzierung scheint auch Daniel Sordo zu sein. Mit dem Vorteil des achten Startplatzes könnte der Spanier morgen durchaus wieder den Anschluss an die Spitzengruppe finden.