Daniel Sordo schied auf der Rallye Monte Carlo mit einem Motorschaden aus und verlor seinen zweiten Platz. Für die Rallye Schweden bekam er eine neue Maschine und fünf Strafminuten, weil turnusgemäß noch kein Motorwechsel vorgesehen war. Er beendete die Rallye auf einem unter diesen Bedingungen starken 7. Platz, ohne Strafzeit wäre er wohl Dritter geworden. Am Ende verlor er so durch einen Motorschaden gleich zwei Podestplätze und 12 WM-Punkte.

Suzuki plagt sich seit der Rallye Monte Carlo mit immer gleichen Motorenproblemen. In Mexiko führten diese sogar dazu, dass beide Fahrer noch am Freitag aufgeben mussten. Das eigentliche Problem kann wahrscheinlich erst dann gefunden werden, wenn die Aggregate ausgebaut und analysiert werden. Dabei müssten jedoch FIA-Siegel verletzt werden, was zu je 5 Strafminuten wegen Motorenwechsels führen würde.

Nur überprüfen, bloß keine Siegel brechen., Foto: BP Ford
Nur überprüfen, bloß keine Siegel brechen., Foto: BP Ford

Intuitiv ist wohl jeder Rallye-Fan der Meinung, dass ein Fahrer der in einer Rallye ausfällt nicht noch in der nächsten einen Nachteil davon tragen sollte, da er durch den Ausfall eigentlich schon genug gestraft sei. Spätestens nach einem Doppelausfall sollte es einem Team doch wohl erlaubt sein, den Problemen ohne weitere Sanktionen auf die Spur kommen zu dürfen. Das alles führt zu der einen Frage: Warum ist das Reglement an dieser Stelle so eng gestaltet, warum widerspricht es an dieser Stelle so massiv dem, was der Rallye Fan als "gesunden Menschenverstand" bezeichnen dürfte?

Wie viele andere Regularien, sollen die Motorenparagraphen der Kostenersparnis dienen: Teams die alle 16 Rallyes bestreiten, dürfen ihre Motoren daher fünfmal in einem Jahr wechseln; Teams die 10 Rallyes bestreiten, dreimal. Im Schnitt sind also drei bzw. einmal vier Rallyes mit einer Maschine zu überstehen. Dieses reduziert insofern die Kosten als es den Teams nicht möglich ist, ihre Motoren in der Leistung so weit auszureizen, dass sie beispielsweise nach jeder Tagesetappe gewechselt werden müssten. An dieser Stelle ist die Regelung absolut nachvollziehbar, stellt sie doch einen besseren Weg als z.B. eine Leistungsbegrenzung dar: Der technische Wettkampf der Teams bleibt erhalten, das Team, dem es gelingt den stärksten Motor zu bauen, der vier Rallyes übersteht, behält weiter seinen Vorteil.

Selbst der Weltmeister ist machtlos., Foto: Sutton
Selbst der Weltmeister ist machtlos., Foto: Sutton

Die Regelung macht auch deshalb Sinn, weil eine Kostenersparnis für die Rallye-WM unverzichtbar scheint: Peugeot, Mitsubishi und Skoda stiegen in den letzten Jahren aus der Rallye-WM aus. Citroen war schon ausgestiegen und konnte nur unter Zusicherung günstigerer Rahmenbedingungen zur Rückkehr bewegt werden und auch Suzukis Einstieg wurde durch das geänderte Regelement zumindest begünstigt. Auch wenn der Rallye-Fan am Liebsten technisch aufwendigste Fahrzeuge sehen möchte, ist es doch sein erstes Ziel überhaupt erst einmal Fahrzeuge zu sehen. Bei der derzeit vergleichsweise geringen öffentlichen Wahrnehmung der Rallye-WM und der daraus resultierenden geringen Werbewirkung bedeutet das derzeit leider, dass auch die Hersteller nur in begrenztem Maße bereit sind, Geld in ihr WRC Engagement zu investieren; daher sind Ansätze, die grundsätzlich den Wettkampf erhalten, aber Kosten reduzieren durchaus zu begrüßen.

Dem aufmerksamen Beobachter wird jedoch aufgefallen sein, dass dieser Paragraph auch gar nicht für die oben genannten Probleme Daniel Sordos bzw. Suzukis verantwortlich sein kann. Denn auch wenn die Gesamtzahl der Motorenwechsel auf fünf begrenzt ist, hätten die Teams theoretisch zunächst von einem der Motorenwechsel Gebrauch machen können. Dass das nicht möglich war, liegt an einem zweiten Paragraphen, der besagt, dass die Teams vor Beginn der Saison eine Liste abgeben müssen, auf der vermerkt ist, welche Rallye sie mit welchem Motor bestreiten wollen. Ist also für einen Fahrer ein Motorwechsel nach der Rallye Mexiko vorgesehen und er braucht bereits ein neues Aggregat bei der Rallye Schweden, erhält er dafür fünf Strafminuten, nach der nächsten Rallye darf er dann aber kostenfrei den Motor wechseln, auch wenn das in Schweden eingebaute Aggregat noch völlig intakt ist.

Bei der Landung sollte tunlichst nichts kaputt gehen., Foto: Citroen
Bei der Landung sollte tunlichst nichts kaputt gehen., Foto: Citroen

Es fällt schwer, diese Regel nachzuvollziehen. Ihr Ursprung liegt wohl darin begründet, dass es den Teams nicht möglich sein soll, in der ersten Saisonhälfte mit haltbaren Motoren viele Rallyes in Folge zu bestreiten und für das Saisonende legale Motorenwechsel aufzusparen, so dass dann für die letzten Rallyes doch wieder leistungsstärkere Aggregate eingebaut werden könnten: Setzte ein Team also beispielsweise auf eine Maschine mit einer Lebensdauer von sechs Rallyes und bestritte so die ersten zwölf Läufe, dann hätte es für die verbleibenden vier Rallyes noch drei Aggregate zur Verfügung und könnte so fast schon einen Motor für ein Wochenende einsetzen. Natürlich ließe sich dann auch antizyklisch die erste Saisonhälfte mit stärkeren und die zweite mit haltbaren Motoren bestreiten.

An dieser Stelle mögen die Meinungen auseinander gehen. Insgesamt scheint aber zu fragen, warum dieser Zustand unbedingt vermieden werden muss. Natürlich könnte ein Hersteller mit großem Budget tendenziell mehr Vorteile aus einem liberaleren Motorenreglement ziehen, da er viel eher in der Lage wäre diese eben skizzierten zuverlässigen bzw. leistungsstärkeren Maschinen nebeneinander zu entwickeln, doch die Chancengleichheit scheint gar nicht in Frage gestellt. Durch eine Homologation der wesentlichen Komponenten der Motoren am Anfang des Jahres ist in der WRC ohnehin sicher gestellt, dass die Hersteller ihre Motoren im Laufe eines Jahres nicht permanent nachhaltig verändern können. Die Klausel, vor Saisonbeginn eine Liste mit den Einsatzzeitpunkten der einzelnen Motoren abgeben zu müssen, ist also eine Art Überregulation, sie versucht einen Effekt zu vermeiden, der eigentlich schon durch eine andere Instanz, die Motorenhomologation, vermieden wird. Faktisch begrenzt sie demnach eher der taktischen Spielraum der Teams ohne einen eigenen Mehrwert zu produzieren.

Am liebsten würde Suzuki vom Start bis ins Ziel ohne Probleme fahren., Foto: Suzuki
Am liebsten würde Suzuki vom Start bis ins Ziel ohne Probleme fahren., Foto: Suzuki

Ein Streichen dieser Klausel würde obige Probleme demnach massiv entschärfen ohne signifikant neue zu schaffen. Würde den Teams der Zeitpunkt eines Motorenwechsels freigestellt, erhielten sie quasi 5 legale Motorenwechsel. Diese könnten dann sogar zu einer Art taktischem Instrument werden, wobei es in anderem Kontext sogar vertretbar schiene, einem Team, dass das ganze Jahr sehr zuverlässige Motoren einsetzte, am Ende einen Vorteil in Form geringfügig stärkerer Motoren davon tragen zu lassen und für seine Zuverlässigkeit zu belohnen.

Die jetzige Regelung ähnelt hingegen einem Lotteriespiel, welches abgesehen von dem Umstand, dass es für alle gleich ist, nicht sehr fair scheint: Hätte Sébastien Loeb nicht turnusgemäß vor der Rallye Mexiko einen neuen Motor erhalten, hätte auch er nach seinem Ausfall in Schweden und dem durch den Überschlag entstandenen Schaden an seiner Maschine fünf Strafminuten für die Rallye Mexiko erhalten. Damit hätte er dort nicht gewonnen, vielmehr hätte er mit Henning Solberg um den vierten Platz kämpfen müssen und wäre höchstwahrscheinlich noch hinter Hirvonen ins Ziel gekommen. So hatte er Glück...

Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein Fahrer nach einem Ausfall in der nächsten Rallye noch dafür bestraft werden sollte. Genau deshalb reicht es auch nicht ganz nur die Klausel, nach der vor Saisonbeginn die Motoren Rallyes zugeordnet werden müssen, zu streichen. Denn, wenn ein Team schon zur Saisonmitte seine fünf Motorenwechsel verbraucht hätte, würden sich die Probleme erneut stellen. Vielmehr scheint es neben dem Streichen dieser Klausel sinnvoll nach Motorschäden, die zu Ausfällen geführt haben, oder nach dem Nachweis massiver Motorprobleme, generell einen Motorwechsel zu erlauben.

Das FIA-Reglement ist gerne mal ein undurchsichtiger Dschungel., Foto: Suzuki
Das FIA-Reglement ist gerne mal ein undurchsichtiger Dschungel., Foto: Suzuki

Selbstverständlich müsste dann - wie auch in der Formel 1, in der ausgefallene Fahrzeuge beim nächsten Grand Prix eine neue Maschine erhalten - am Ende jeder Motorschaden seitens der FIA untersucht werden, um sicherzustellen, dass er nicht bewusst herbeigeführt wurde. Andenfalls könnten die Teams beispielsweise ein aussichtslos zurückliegendes Fahrzeug bewusst ausfallen lassen um einen kostenlosen Motorenwechsel zu erlangen, doch das ließe sich wohl kontrollieren... Theoretisch wäre es mit dieser Regelung dann zwar wieder denkbar, dass ein Team strategisch bewusst periodisch einen Motorschaden riskieren könnte, um beispielsweise jede zweite Rallye gut abzuschneiden, aber um die WM ließe sich mit dieser Taktik mit Sicherheit nicht fahren... und vom Werbewert wären mit Ausfällen erkaufte gute Positionen wohl auch nicht besonders hoch einzuschätzen...

Dennoch, gerade dieser letzte Punkt macht noch einmal deutlich, wie komplex das Thema "Motorenreglement" eigentlich ist. Das ändert jedoch nichts daran, dass einige Bereiche dringend neu gestaltet werden sollten! Schon ein Ausfall ist unter den heutigen Bedingungen in der Rallye WRC zumindest ohne Probleme der Konkurrenz nur sehr schwer aufholbar. Zwei durch einen Defekt bedingte Punktausfälle sind schnell WM entscheidend. Es kann bei aller Spannung nicht im Sinne einer Weltmeisterschaft und höchsten Kategorie einer Sportart sein, wenn ein künftiger WM-Kampf zumindest potentiell durch eine Mischung aus Glück und zufällig richtiger Motorwechselstrategie entschieden werden könnte.