Beim Saisonfinale in Australien gönnten die Protagonisten der Rallye-Weltmeisterschaft sich und den Zuschauern keine Verschnaufpause: Die WRC-Piloten lieferten sich auf den anspruchsvollen Pisten rund um Perth atemberaubende Duelle, so dass die Entscheidung über den Sieg praktisch erst auf den allerletzten Metern fiel. François Duval behielt bei all der Aufregung einen kühlen Kopf und sicherte sich mit seinem Michelin-bereifen Citroën Xsara WRC nach 355 WP-Kilometern seinen ersten WM-Sieg vor Mitsubishi-Pilot Harri Rovanperä und dem ebenfalls auf Reifen aus Clermont-Ferrand vertrauenden Privatier Manfred Stohl. "Über meinen Premieren-Erfolg in der Weltmeisterschaft bin ich überglücklich", strahlte Duval im Ziel. "Vor allem, weil ich bis zum Schluss alles dafür geben musste, denn meine Verfolger setzten mich enorm unter Druck."

Der junge Belgier fand während der gesamten Veranstaltung auf dem fünften Kontinent stets die richtige Mischung zwischen Aggressivität und Zurückhaltung - im Gegensatz zu vielen seiner Mitstreiter. Duvals Teamkollege Sébastien Loeb beispielsweise machte bereits am Freitag unliebsamen Kontakt mit einem Baum und schied aus. "Es tut mir leid, dass ich die erfolgreiche Saison auf diese Art beenden muss", sagte der sichtlich enttäuschte Weltmeister, der kurz zuvor die Führung von Petter Solberg übernommen hatte. Doch auch der Subaru-Pilot konnte sich nicht allzu lange über seinen wiedergewonnenen Platz an der Sonne erfreuen. Am Samstag stellte sich auf der 13. Wertungsprüfung ein Känguru mutig in den Weg des Norwegers, der eine Kollision nicht vermeiden konnte und aufgrund eines beschädigten Kühlers ebenfalls aufgeben musste.

Altmeister Colin McRae wusste zu beeindrucken

Für ausgesprochen positive Schlagzeilen sorgte Skoda: Ex-Weltmeister Colin McRae glänzte am Steuer des Fabia WRC mit konstant schnellen Zeiten und hielt sich damit lange in Sichtweite der Spitze. Am Ende des zweiten Tages belegte er den zweiten Gesamtrang, nur rund 24 Sekunden hinter dem führenden Duval. "Ein Traumergebnis", strahlte McRae am Samstagabend. "Ich werde François weiter unter Druck setzen und versuchen die Rallye Australien zu gewinnen." Doch es sollte nicht sein: Während des letzten Service am Sonntagnachmittag traten beim Wechsel der Kupplung Probleme auf. McRae schaffe es nicht, innerhalb der erlaubten Zeit die Weiterfahrt anzutreten und musste aufgeben. "Ich bin unglaublich enttäuscht, vor allem für das Team", rang der Schotte nach Worten. "Diese Dinge können natürlich immer mal passieren - aber dass es gerade jetzt sein muss..." Trösten konnte sich die Skoda-Mannschaft mit dem achten Rang für Armin Schwarz, der damit seinen letzten WM-Einsatz mit einem Punkteergebnis krönte. "Schön, dass ich eine zugegeben schwierige Saison mit diesem erfreulichen Ergebnis beenden konnte", freute sich der Franke.

Einen Grund zum Feiern gab es auch für Manfred Stohl: Der österreichische Privatfahrer hielt auf den letzten WP-Kilometern den vehement anstürmenden Subaru-Fahrer Chris Atkinson auf Distanz und erreichte das Ziel mit sechs Sekunden Vorsprung auf den Australier als Dritter. Nach seinem zweiten Platz bei der diesjährigen Rallye Zypern durfte der Michelin-Pilot damit zum zweiten Mal in dieser Saison einer Siegerehrung von Podium aus beiwohnen. "Ein super Ergebnis. Damit konnte ich im Vorfeld wirklich nicht rechnen", so Stohl.

Erfolgreiches Debüt für den neuen Ford Focus

Ein positives Fazit der Rallye Australien zogen auch die Verantwortlichen des Michelin-Partners Ford: Roman Kresta erzielte beim Debüt des nach dem Reglement für die kommende Saison aufgebauten Ford Focus WRC06 eine WP-Bestzeit und belegte im Gesamtklassement den sechsten Rang. Toni Gardemeister behauptete sich bis zu seinem Ausfall auf der vorletzten WP auf Platz fünf. "Das war ein fantastisches Wochenende für uns", bilanzierte Teamchef Malcolm Wilson. "Auch wenn Toni Gardemeister leider kurz vor Schluss aufgeben musste, konnten wir das Potenzial unseres Autos eindrucksvoll unter Beweis stellen." Wie gut auch die Vorgängermodelle des neuen Modells noch funktionieren, unterstrich Daniel Solà: Der Spanier erreichte mit seinem Michelin-bereiften Focus WRC aus dem Jahr 2004 den siebten Rang.

Michelin sagt der Rallye-Weltmeisterschaft "au revoir"

Mit dem Erfolg von François Duval in Rallye Australien stockte Michelin seine Statistik in der Rallye-Weltmeisterschaft auf 224 Siege auf - ein unangefochtener Rekord. Den ersten Triumph für den französischen Reifenhersteller erzielte Jean-Claude Andruet am Steuer eines Alpine-Renault A110 im Januar 1973 bei der Rallye Monte Carlo, dem ersten WM-Lauf der Rallye-Geschichte. Insgesamt sammelten die Reifenexperten aus Clermont-Ferrand in der Rallye-Weltmeisterschaft bis heute 20 Konstrukteurs- und 18 Fahrertitel. Mit dem Ende der aktuellen Saison verabschiedet sich Michelin von der WRC-Bühne und übergibt die Verantwortung im kommenden Jahr an seine Tochtermarke BFGoodrich, die die ersten Testfahrten für die Weltmeisterschaft 2006 bereits Anfang Dezember absolviert.