Die Luft war zum Bersten gespannt im Ziel der Rallye Spanien. Dass sich Thierry Neuville den Sieg beim vorletzten Saisonlauf sichern würde, war fast in Stein gemeißelt. Doch was würde Ott Tänak machen? Der Toyota-Fahrer ging als Dritter hinter den Hyundai-Piloten Neuville und Sordo in die finale Powerstage. Sobald er vor, beziehungsweise maximal einen Platz hinter Neuville die Prüfung abschließen würde, wäre er Weltmeister. Und er flog durch die 20,72 km lange WP, baute den Vorsprung kontinuierlich aus, bis er schließlich sogar als Schnellster mit fünf Bonuspunkten die Linie überquerte. Weltmeister!

Ein historischer Moment im Rallye-Sport, denn zum ersten Mal seit 15 Jahren heißt der Weltmeister nicht Sébastien und kommt aus Frankreich. Der Este Tänak hat die Siegesserie von Loeb und Ogier durchbrochen. Dabei fiel es im Jubel rund um den Titel lange Zeit nicht auf, dass er mit seiner Bestzeit nicht nur die Powerstage gewonnen, sondern sogar auf den letzten Metern noch Sordo von Rang zwei der Rallye Spanien verdrängt hatte.

"Es ist schwierig, den Druck zu beschreiben, den ich dieses Wochenende gefühlt habe. Er war auf einem anderen Level", sagte Tänak direkt nach der Zieldurchfahrt. "Das alles zu managen und durchzukommen war das Ziel meines Lebens. Wenn du an der Schwelle dazu stehst, kannst du es nicht fassen."

Neuville fast unangefochten an der Spitze

Zuvor hatte Neuville in Spanien nichts anbrennen lassen. Der Belgier wusste, dass er seine ohnehin schwindenden Titelchancen nur mit einem Sieg am Leben erhalten konnten - und er lieferte. Nur am Freitagabend gab er für eine Prüfung die Führung an seinen Teamkollegen Sébastien Loeb ab, holte sie sich auf der ersten WP am Samstag aber sofort zurück. Loeb selbst haderte ständig mit seinen Zeiten und fand keine Erklärung für den großen Rückstand, den er sich sukzessive einfing. Er beendete die Rallye schließlich auf dem vierten Rang.

Thierry Neuville gab alles, um die Titelentscheidung nach Australien zu vertagen, Foto: LAT Images
Thierry Neuville gab alles, um die Titelentscheidung nach Australien zu vertagen, Foto: LAT Images

Dahinter folgte der zweite Toyota mit Jari-Matti Latvala am Steuer. Teamkollege Kris Meeke war am Samstag an einer Leitplanke angeschlagen und in einen Felsen geschleudert worden. Er und sein Beifahrer blieben unverletzt, mussten am Sonntag jedoch unter Rally 2 wieder an den Start gehen und wurden 29. Die beiden M-Sport-Piloten Elfyn Evans und Teemo Suninen belegten die Ränge sechs und sieben.

Ogier ohne Chance

Auf dem achten Rang folgte der entthronte Weltmeister Sébastien Ogier. Der Citroen-Pilot war voller Motivation nach Spanien gereist, das Ruder nochmals auf der Zielgeraden herumzureißen, wurde jedoch schon auf der zweiten Prüfung von einem Ausfall der Servolenkung seines C3 WRC ausgebremst. Den Mittagsservice erreichte der sechsfache Champion mit 3:36 Minuten Rückstand und lief diesem fortan hinterher.

Mit dem Ergebnis der Rallye Spanien hat Hyundai sich einen Matchball in der Teammeisterschaft erfahren. Mit 18 Punkten Vorsprung reist die Mannschaft aus Südkorea zum Finale nach Australien. Nur mit einem Toyota-Doppelsieg und der Schützenhilfe von beispielsweise Ogier kann das Team rund um Tommi Mäkinen den Titel aus dem Vorjahr noch verteidigen.