Am Donnerstag, den 17. August 2017, feiert die 'neue' Rallye Deutschland vor dem Staatstheater in Saarbrücken Premiere. Der deutsche Lauf der Rallye-Weltmeisterschaft verlässt Trier und gastiert bis zum 20. August im Saarland. Nach fünf Schotterrallyes in Folge ist die Rallye Deutschland die zweite reine Asphaltrallye der Saison nach dem Lauf auf Korsika im April.
Trotz des Ortswechsels mit dem neuen Service Park am Bostalsee bewahrt die Rallye Deutschland ihren typischen Charakter. Sie wird oftmals als drei Rallyes in einer beschrieben, da sich die Prüfungen stark voneinander unterscheiden.
Da sind zum einen die schmalen und mit Haarnadelkurven gespickten Straßen in den Weinbergen entlang der Mosel. Einen Kontrast bilden die teils sehr unebenen Pisten auf dem berühmt-berüchtigten Truppenübungsplatz Baumholder. Die schnellen, glatten Landstraßen des Saarlands sind die dritte Komponente.
Gefragt sind Kompromisse beim Setup und eine kluge Reifenwahl. Fügt man wechselhaftes Wetter als weitere Herausforderung hinzu, wird klar, warum viele Fahrer das Event als die anspruchsvollste Asphaltrallye im Kalender der WRC bezeichnen.
Bereits unmittelbar nach dem Start werden die WRC-Piloten auf die Probe gestellt. Am Donnerstagabend findet auf den Straßen im Zentrum Saarbrückens eine Zuschauerprüfung statt. Und die hat es bereits in sich, wie Thierry Neuville meint.
"Der neue Start in Saarbrücken mit dem gezeiteten City-Rundkurs ist gleich eine erste Standortbestimmung, die wir nutzen möchten, um schnell in einen Rhythmus zu kommen", sagte der Belgier bei einem Pressegespräch vor der Rallye. "Wir werden versuchen, eine gute Mischung aus Angriff und Konzentration zu finden. Ich freue mich - wie jedes Jahr - auf die vielen Fans, die an der Strecke sein werden, um uns anzufeuern."
Am Freitag stehen zwei Prüfungen in den Weinbergen entlang der Mosel auf dem Programm, die jeweils zwei Mal gefahren werden. Außerdem absolvieren die Piloten drei Fahrten über die neue Super Special Stage Wadern-Weiskirchen.
Am Samstag geht es auf den Truppenübungsplatz Baumholder für die berüchtigten Panzerplatte-Prüfungen. Daneben steht mit Freisen eine bekannte und mit Römerstraße eine neue Prüfung auf dem Zeitplan der WRC-Piloten.
Der Finaltag wurde komplett neu gestaltet. Die Prüfungen Losheim am See und St. Wendeler Land werden je zwei Mal gefahren. Die Power Stage endet in der Nähe des Service Parks, womit die Siegerehrung nur wenige Minuten nach der Zieldurchfahrt stattfindet. Zu diesem Zeitpunkt haben die Piloten 309,17 gezeitete Kilometer, verteilt auf 21 Prüfungen, zurückgelegt.
Hyundai: Lokalmatador Neuville fährt auf Sieg
Neuville weiß, wie es sich anfühlt, vor zahlreichen belgischen Fans die Rallye Deutschland zu gewinnen. 2014 setzte er der Siegesserie von Citroen ein Ende und bescherte Hyundai den ersten Erfolg des Comebacks als Werksteam.
Mit drei Siegen im Gepäck, davon einem auf Asphalt, reist Neuville als Führender der Fahrerwertung ins Saarland. Zwar hat der viermalige Weltmeister Sebastien Ogier ebenso viele Punkte wie er, doch Neuville gewann in dieser Saison so oft wie kein anderer Pilot und hat daher die Nase vorn.
"Wir haben viel Erfahrung und tolle Erinnerungen, vor allem an unseren ersten WM-Sieg im Jahr 2014", sagte Neuville. "Als Tabellenführer anzureisen ist für mich neu, aber ich freue mich darauf, als erster Fahrer auf die Prüfungen zu fahren. Hoffentlich können wir erneut eine starke Leistung zeigen und unsere Führung in der Gesamtwertung ausbauen. Es wird nicht einfach, aber ich bin mir sicher, dass wir um die Spitze kämpfen werden."
Neuville und seine Teamkollegen Dani Sordo und Hayden Paddon testeten im Juli zwei Tage in Baumholder sowie Anfang August vier Tage in den Weinbergen. Sordo weist mit zwölf Starts nicht nur einen großen Erfahrungsschatz bei der Rallye Deutschland auf, sondern konnte das Event auch schon gewinnen. 2013 ging er allerdings noch für Citroen an den Start.
M-Sport: Kremer als vierter Pilot am Start
Mit Armin Kremer können die deutschen Rallyefans zum ersten Mal seit Jahren wieder einen Landsmann in einem aktuellen WRC-Boliden anfeuern. Der mehrfache Deutsche-, Europa- und Asien-Pazifik-Meister und sein Copilot Pirmin Winklhofer gehen in einem Ford Fiesta WRC an den Start, wie ihn auch Ogier pilotiert.
Kremer hat sich 1999 in die Siegerliste der Rallye Deutschland eingetragen. Damals war sie allerdings noch kein WM-Lauf. Zur Vorbereitung auf seinen Start in einem aktuellen WRC-Boliden spulte der Unternehmer rund 170 Testkilometer ab. "Ich fühle mich so wie ein GP2-Pilot, der in Lewis Hamiltons Formel-1-Auto seinen Heim-Grand-Prix bestreiten darf", schwärmte Kremer.
"Unser Abschlusstest hat meine Erwartung noch übertroffen. Ich bin tief beeindruckt - von der professionellen Zusammenarbeit mit dem M-Sport Team und mehr noch vom Ford Fiesta WRC'17. Dieses Auto ist meilenweit weg von allem, was ich bisher gefahren bin", räumte er ein.
Dennoch zeigte sich Kremer angriffslustig: "Auch wenn die Werksteams mit den neusten World Rally Cars tausende Wettbewerbskilometer mehr auf dem Buckel haben als ich, verstecken werden wir uns nicht. Für mich geht es darum, zu versuchen, mit den weltbesten Rallyefahrern mitzuhalten und nicht irgendwo im Nirwana rumzufahren. Und nicht zuletzt wollen wir den deutschen Fans auch eine gute Show bieten."
Die Bürde, M-Sport den ersten Sieg bei der Rallye Deutschland zu bescheren, lastet jedoch auf den Schultern von Ogier. Drei Mal hat er das Event bereits gewonnen: 2011 mit Citroen sowie 2015 und 2016 mit Volkswagen. Ogiers Teamkollegen Ott Tänak und Elfyn Evans können mit diesen Ergebnissen (noch) nicht mithalten. Doch Evans zeigte 2014 immerhin mit seinem ersten Prüfungssieg und Gesamtplatz vier auf.
Citroen: Bringt Loeb die Wende?
Citroen absolvierte nach eigenen Angaben eine der intensivsten Testsessions in der Geschichte des Teams. Dabei griffen nicht nur die drei Starter bei der Rallye Deutschland, Kris Meeke, Craig Breen und Andreas Mikkelsen ins Lenkrad, sondern auch Rekordchampion Sebastien Loeb. Er kam an einem der sieben Testtage zum Einsatz und spulte einen Teil der insgesamt 2.300 Test-Kilometer ab - das entspricht einer halben WM-Saison.
"Das erste Gefühl war, dass es sich ein wenig wie ein Rennauto auf einer Rallye-Prüfung anfühlt", sagte Loeb der offiziellen Webseite der WRC. "Wenn es komplett trocken ist, ist es schnell und effizient. Aber in kniffligen Bedingungen wäre es schön, die Fahrbarkeit zu verbessern, damit es einfacher zu fahren ist."
Seinen Speed auf Asphalt stellte der Citroen C3 WRC bei der Rallye Korsika in den Händen von Meeke unter Beweis. Der Nordire schied in Führung liegend allerdings mit einem technischen Defekt aus und will daher die Revanche.
Mikkelsen peilt das Podium an, sollten die Bedingungen am Freitag trocken sein und er sich im Auto wohlfühlen. Der Norweger absolviert seine erste Asphaltrallye im C3 WRC. Breen bestreitet die Rallye Deutschland zum ersten Mal in einem WRC-Boliden und hat dabei die Top-5 ins Visier genommen.
Mikkelsen ersetzt bei der Rallye Deutschland Stephane Lefebvre, der im vergangenen Jahr einen schweren Unfall auf der Panzerplatte hatte. Dabei wurden er und sein Beifahrer verletzt. Sie mussten für mehrere Wochen pausieren.
Toyota: Sportdirektor Lehtinen tritt zurück
Trotz des jüngsten Erfolgs bei der Rallye Finnland nimmt Toyotas Sportdirektor Jarmo Lehtinen nach der Rallye Deutschland seinen Hut. Die genauen Gründe seines Abschieds sind noch unklar. Finnland-Sieger Lappi reist nicht nur aufgrund seines ersten Triumphs in der WRC optimistisch ins Saarland. 2016 gewann er die WRC2 und sicherte sich in der Gesamtwertung Platz sieben.
Nach zwei zweiten Plätzen wartet Teamkollege Jari-Matti Latvala noch auf seinen ersten Sieg in Deutschland. Er hat im Toyota-Trio mit großem Abstand die meiste Erfahrung auf den kniffligen Asphalt-Pisten. Juho Hänninen war erst ein einziges Mal bei dem Event am Start.
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