Zweimal im Jahr bringen Helmut Zwickl und sein Partner Michael Glöckner den Motorsport in die kleine Gemeinde Gröbming im oberösterreichischen Ennstal – statt sauteuren Eintrittspreisen und hermetisch abgeriegeltem Fahrerlager gibt es Racing aus nächster Nähe. Im Sommer wird bei der "Ennstal-Classic" über die verträumten Alpenstraßen der Tauernregion geglüht, im Winter kämpfen sich die legendären Boliden der Baujahre 1928 bis 1972 durch Schnee und Eis.

Und wie immer hat die publikumsnahe Veranstaltung auch diesmal wieder illustre Gäste angelockt – allen voran der erfolgreichste Rallye-Pilot Österreichs, Zwölffach-Staatsmeister und Neuseeland- Sieger Franz Wittmann (auf einem Volvo 1800 S), sowie dessen Sohn Franz Wittmann Jr. und Raphael Sperrer, sechsfacher Rallye-Staatsmeister im Ruhestand (Colani GT).

Am Dienstag begann der Zweitages-Event mit dem traditionellen Qualifying auf der verschneiten Pferderennbahn. motorsport-magazin.com war ebenfalls vor Ort - denn die Einladung, vor dem Quali ein paar Runden mit Franz Wittmann Jr. in einem Porsche 911 zu absolvieren, kann man natürlich nicht ablehnen…

Franz Wittmann Jr.: Das Vorbild ist der Vater...

Franz Wittmann Jr. ist 23, hat im Jahr 2003 sein Debüt bei der Waldviertel-Rallye gegeben und dabei gleich den Titel "Rookie of the Rallye" eingeheimst. 2004 gab er seinen Einstand in der Rallye-WM. Dass er als Vorbild neben Manfred Stohl und Walter Röhrl seinen Vater angibt, verwundert nicht – Franz Wittmann Senior ist schlicht der erfolgreichste Rallyepilot der Alpenrepublik.

"Mit zehn Jahren habe ich mich das erste Mal hinter das Lenkrad geklemmt", erzählt Wittmann Jr. – er studiert, leistet zurzeit seinen Präsenzdienst ab. Ob Talent vererbbar ist? "Das kann ich nicht sagen, wohl aber die Begeisterung für den Motorsport." Und ziemlich sicher auch der Ehrgeiz - der Hunger nach Erfolgen, der seinen Vater stets angetrieben hat. Der große Name habe ihm zwar den Einstieg erleichtert – das ständige Suchen nach Sponsoren bleibt aber auch ihm nicht erspart – zurzeit ist der Junior noch auf der Suche nach potentiellen Partnern, die ihm dabei helfen, seine Ziele zu erreichen. Und die sind ehrgeizig – Franz Wittmann Jr. möchte in der Rallye-WM mitmischen...

Heute aber steuert er als Vorauspilot einen 330 PS starken Porsche 911, den ihm Tuner Michael Barbach zur Verfügung stellt. Wir sitzen bereits im Auto. Barbach verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung als Rundstrecken- und Rallye-Pilot, er gibt dem Junior letzte Tipps: "Nicht zu wild bremsen..."

Franz Wittmann Jr. ist normalerweise mit allradgetriebenen Fahrzeugen unterwegs, er fährt heute zum ersten Mal einen Hecktriebler, zudem verfügt der Porsche über keine Spikes. "Ich bin schon gespannt", lacht der Junior. "Ich auch", sage ich, während wir die Gurte festzurren...

Der Autor sitzt nicht zum ersten Mal auf dem "heißen Sitz", da er im Jahre Schnee als Copilot in einem Ford Escort eines Kart-Kollegen an der damaligen Semperit-Rallye teilgenommen hat – ein kurzes Vergnügen. Schon in Sonderprüfung 1 landeten wir im Straßengraben, nachdem wir zuvor in der Spitzkehre, in welcher der Belag von Schotter auf Asphalt wechselt, mit einer doppelten Pirouette das Publikum belustigt hatten. Die Reifen waren wohl noch nicht auf Betriebstemperatur...

Wir nehmen die Kurve quer – sogar sehr quer...

Trotz dieser Erfahrung ist der Adrenalinschub nicht zu vermeiden, auch bei Franz Wittmann Jr.: "Ein bissl nervös ist man immer." Wir erhalten das Zeichen, fahren los. Schon auf den ersten Metern wird klar – Franz Wittmann Jr. hat nicht vor, hier eine Spazierfahrt abzuliefern. Er steigt aufs Gas, die erste Kurve kommt auf uns zu – wir nehmen diese so, wie es sich im Rallye-Sport gehört, nämlich quer. "Das Querfahren bringt mir im Schnee eine gewisse Sicherheit, denn da kann ich in der gesamten Kurve noch mit dem Gaspedal korrigieren – wenn man wie auf Asphalt die Kurve gerade nimmt, kann man leicht rausrutschen", hat mir Franz Jr. noch vor unserem kleinen Ausflug erklärt.

Und deshalb nehmen wir all die Kurven jetzt auch quer. Doch wir nehmen sie bald schon sehr quer – ich blicke in erstaunte Gesichter, als wir zunächst auf die Zuschauer zurasen. Und schon kommt jener Moment, wo man spürt: Das geht sich nimmer aus! Während ich überlege, ob das nur so ein Gefühl ist oder ob es sich wirklich nicht mehr ausgeht, bricht das Heck nun vollends aus, wir drehen uns, stehen nun gegen die Fahrtrichtung.

"Du fährst eh vorsichtig..."

Jetzt bockt der erste Gang, ein Helfer kommt – doch dann ist das Getriebe wieder willig, Franz Jr. setzt an zu einem U-Turn. Jetzt kann´s endlich losgehen, wird er sich wohl gedacht haben. Ich bin innerlich zweigeteilt – eine Hälfte sondiert die Blanken, Bäume, Objekte und Zuschauer rund um die Bahn und überlegt, wo ein Einschlag am wenigsten weh tun würde. Die andere Hälfte verfolgt genüsslich das virtuose Spiel des 23jährigen, wie er das 330 PS-Geschoss mit dem Gaspedal um die vereisten Kurven wuchtet. Der Autor muss zugeben, dass ihm nach dem Dreher ein suggestives "Du fährst eh vorsichtig" herausgerutscht ist – doch nach einer Runde war das Vertrauen wiederhergestellt, die Sinne wieder frei für den Genuss. Dieser ist, wie soft im Leben, natürlich viel zu kurz...

So richtig loskommen vom Rennsport kann auch Franz Wittmann Senior nicht, der zurzeit zwar pausiert, dem es aber auch ein Anliegen ist, "dass ich nie zurückgetreten bin". Und deshalb steuert er hier einen Volvo 1800 S, deshalb kann er sich vorstellen, beim 25 Jahr-Jubiläum des Audi Quattro, im Jahr 2006, eventuell wieder bei der Jänner-Rallye mitzufahren.

Auf Wittmann, Sperrer und Co warten noch zwei aufregende Tage bei der Planai-Classic – spektakuläre Drifts beim Qualifying auf der Trabrennbahn, Schneematsch, Eis und Sturm bei der Nachtprüfung, am nächsten Tag die Bergprüfung auf der berüchtigten Planai. Die Motorsportfreunde vor Ort erleben nicht nur Racing pur – als Abschluss der Veranstaltung treten beim Nachtriesenslalom traditionsgemäß die Ski-Legenden gegen die Autolegenden an...

Die Sieger der Planai-Classic 2005 heißen Brandstetter/Hochfelsner auf einem Ford Escort RS 2000 – bei dem Gleichmäßigkeitsbewerb konnten sie eine Abweichung von lediglich 43 Hunderstelsekunden erzielen...

Ausführliche Interviews mit Franz Wittmann Sen. und Franz Wittmann Jr. finden Sie demnächst auf motorsport-magazin.com