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Die Gate-Affäre: Sebastien Ogier dachte am Samstagabend in Mexiko, der Sack ist zu - stattdessen war es ein Tor mitten auf der Strecke. "So etwas ist mir noch nie passiert, das war eine ganz schöne Überraschung, als wir plötzlich vor einem verschlossen Gatter standen. Ich habe versucht, es mit dem Auto aufzudrücken, aber man konnte es nur aufziehen", lacht der Weltmeister jetzt darüber. In diesem Moment war es aber weniger lustig, denn nichts ging mehr. Einige Zuschauer hatten sich wohl einen Spaß erlaubt und vor dem künftigen Weltmeister das Tor geschlossen. Beifahrer Julien Ingrassia musste sich abschnallen, aussteigen und das Viehgatter manuell öffnen.
Aber schon kurze Zeit später atmete Ogier durch, denn die Zeit wurde gutgeschrieben. Alles wieder erledigt - aber nicht für Volkwagen. Als Ogier und Ingrassia nach Ende der Rallye in den Servicepark fuhren, sperrte das Team dem Weg zu ihrem Platz ab. "Gate closed" stand groß auf dem Schild und das Team amüsierte sich köstlich.
Zuschauer mit Farbflecken: Zuschauer an der Strecke sind bei Rallye keine Seltenheit. Zuschauer auf der Strecke sind eher schockierend - vor allem, wenn sie groß und gefleckt sind und muhen. Die Rede ist von einer etwas irregeleiteten Kuh mitten auf der Piste, die Thierry Neuville auf Sardinien den Weg versperrte. "Das war wild, aber ich habe die Ruhe bewahrt, langsamer gemacht und bin einfach außen herum gefahren", lachte Neuville. Sein Beifahrer Nicolas Gilsoul relativierte: "Er hat total schockiert geschaut und wusste im ersten Moment nicht, was er machen sollte."
Formel 1 im Wald: Die Rallye Finnland trägt diesen Spitznamen seit Jahren. 2013 wurde ihm von Evgeny Novikov und Kris Meeke richtig Leben eingehaucht. Novikov bugsierte seinen Ford Fiesta zielgenau in einen Holzstapel, zerstörte sich die Front und klappte die Motorhaube nach oben. Doch was ein echter Rallye-Fahrer ist, lässt sich von fehlender Sicht doch nicht aufhalten. Er schaut einfach durch den Spalt und gibt weiterhin Gas.
Dumm nur, dass nur knapp hinter dem lahmenden Ford Meeke im Citroen angerauscht kam. Dann ging es im Parallelflug durch die finnischen Wälder. Meeke fluchte, aber Novikov konnte ja nicht gleichzeitig durch den Spalt der Motorhaube und in den Rückspiegel schauen - ein Teufelskreis. Nach gefühlten 100 Kilometern passierte der Ire endlich und flippte im Ziel aus. "Das hier ist doch kein Kindergarten", ärgerte sich Meeke.
Kubicatastisch: Es bleibt nicht viel zu sagen außer: Er kam, sah und siegte. Ein typischer Rundstreckenfahrer kommt mal in der Rallye-WM vorbei und räumt gefühlt alles ab - aber so einfach war es nicht. Citroen baute den DS3 RRC so um, dass Robert Kubica trotz der eingeschränkten Bewegungsfähigkeit seiner rechten Hand fahren konnte. Das beinhaltete eine Schaltwippe an der linken Seite des Lenkrads anstatt eines Schaltknüppels. Auch die Handbremse wurde so modifiziert, dass Kubica nicht ziehen musste, sondern drücken konnte.
Und es klappte: Kubica holte mit insgesamt fünf Siegen aus sieben Rallyes den Titel in der WRC2. In der kommenden Saison steigt der Pole in die Königsklasse auf. Nun muss er beweisen, wie gut er mit Konkurrenten wie Ogier, Hirvonen oder Neuville klarkommt.
Ogier selbst Grippe stoppt ihn nicht: "Diese Rallye war sehr komisch für uns, da ich am Montag noch nicht einmal wusste, ob ich starten kann, weil ich mich so kaputt fühlte", gestand Ogier unmittelbar nach der Zieldurchfahrt in Portugal. Tatsächlich musste der Weltmeister in Portugal kein Wort sagen - wie schlecht es ihn ging, machte ein Blick deutlich. Immer wieder fehlte es an Energie und die Interviews fielen oftmals kürzer als gewohnt aus. Kein Wunder, hatte Ogier auch die letzten beiden Wochen Antibiotikum geschluckt und dementsprechend nicht trainiert.
Aber stoppen kann so ein grippaler Infekt den Franzosen nicht. Knapp eine Minute nahm er in den drei Tagen dem zweitplatzierten Hirvonen ab. Schon damals stellte sich die Frage, wer ernsthaft daran zweifelte, dass ein fitter Ogier 2013 seinen Namensvetter Loeb an der WM-Spitze ablösen würde. Die einzige Unbekannte ist nun noch, ob er auf lange Sicht die Rekorde des Meisters egalisieren oder sogar schlagen kann.
Flops
Crashikov: Evgeny Novikov hatte die Chance, mit M-Sport richtig durchzustarten. Stattdessen fiel der Russe von der Strecke - buchstäblich. Kaum eine Rallye, in der er nicht mindestens einmal von der Piste abkam, sich spektakulär überschlug oder seinen Fiesta gleich komplett schrottete. Seinen wohl kürzesten Auftritt erledigte er in Deutschland. Nach nicht einmal fünf Kilometer ging es ab in die Büsche - ähnliches hatte er zuvor nur auf Sardinien geschafft, als eine Steinmauer auf WP2 seinen spektakulären Ausfall markierte.
Hirvonen flucht französisch: Mikko Hirvonen hat diese Saison einmal richtig in den Pechtopf gegriffen und die komplette Breitseite kassiert. Kein einziger Sieg, lediglich vier Mal auf dem Podium und Gesamtrang vier. Einige seiner Patzer waren 2013 nicht mehr seltsam, sondern einfach nur kurios. In Schweden ging es einfach geradeaus in die Schneeprärie, Auf Sardinien hieß es: bergab. Ohne Not rutschte er von der Strecke und blieb stecken - Game over, obwohl der Citroen nicht beschädigt war.
Australien brachte das Fass schließlich zum Überlaufen. Hirvonen auf Platz zwei und auf der letzten Prüfung sagt ein Reifen auf Wiedersehen. Podest futsch, große WM-Punkte ade und Hirvonen auf 180 - zumindest geistig. "Ich kann mein f....ng Pech dieses Jahr nicht fassen... Putain de merde!!!!!!", twitterte der sonst so gelassene Finne. Dazu passend der Saisonabschluss: Einfach mal den Berg runterrollen, beide Scheiben verlieren und den ganzen Modder ins Cockpit lassen.
Zeiten aus der Lostrommel: Wenn Fahrer auf der Strecke Sekunden und Minuten verlieren, liegt das an Reifenschäden, Fahrfehlern oder Hindernisse auf der Strecke - zumindest außerhalb der WRC. In der Rallye-WM lagen derartige Zeitenpatzer immer wieder an der Zeitnahme. In Monte Carlo gab es teilweise keine Zeiten, in Schweden verlor Hirvonen urplötzlich sieben Sekunden und Rang drei - 30 Minuten später die Entschuldigung der Zeitnahme: ein Fehler und die Gutschrift für Hirvonen. "Kann vielleicht mal jemand mit einer Stoppuhr in Mexiko vorbeischauen", hieß es von Citroen danach süffisant auf Twitter.
Doch dann lief der Motor endlich an, die Übersetzung stimmte und die Zahnräder griffen ineinander - bis zum krönenden Abschluss in Wales. Die Ergebnisse der letzten Prüfungen mussten manuell ausgewertet werden. Fans und Teilnehmer mussten sich lange gedulden, ehe ein offizielles Ergebnis herausgegeben wurde. Laut dem Zeitnehmer SIT ein Hackerangriff. Eine - weniger - schöne Abrundung der Geschehnisse.
Ende mit einem Knall: Es war alles perfekt - einfach nur perfekt. Sebastien Loeb - der neunfache Champion - tritt seine letzte Rallye in Frankreich an. Wie es kein Drehbuchautor besser hätte schreiben können, führte seine letzte Wertungsprüfung in der WRC ausgerechnet durch seinen Geburtsort Haguenau. Tausende Fans säumten die Strecke, die emotionale Abschiedszeremonie war vorbereitet. "Meine WRC-Karriere in meinem Heimatort mit meiner Familie und all meinen Freunden zu beenden, wird mich emotional bewegen. Ich denke, das ist wirklich symbolträchtig", sagte Loeb noch im Vorfeld.
Es sollte alles anders kommen, denn die Karriere endete einige Prüfungen früher - unrühmlich auf dem Dach seines Citroen DS3 im Graben. Der neunfache Weltmeister ging mit etwas zu viel Speed in eine Rechtskurve und verlor beim Bremsen das Heck. "Ich bin mit dem Ziel gestartet, Druck zu machen und die Rallye zu gewinnen", war er enttäuscht. "Meine vorrangige Erinnerung wird aber immer das großartige Duell bleiben, das wir mit Dani, Jari-Matti und Sebastien hatten."
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