Nun, die Überraschung des Jahres ist leicht gefunden. Ben Spies hat bei seiner Ankunft in der Superbike Weltmeisterschaft so beeindruckt wie noch kein Fahrer vor ihm. Mit vielen Vorschusslorbeeren war er im März auf Phillip Island zu seinem ersten WM-Einsatz gekommen. In Lauf eins wurde er, trotz der Poleposition, noch beschmunzelt. Er musste gleich zwei Mal in die Wiese, wurde nur 16. Doch Rennen zwei entschied der US-Amerikaner für sich. Elf Siege bei 20 Rennteilnahmen, die meisten Strecken davon kannte Spies nicht. Es gibt eigentlich keinen Ausdruck, welcher sein Talent richtig beschreibt. Denn die Konkurrenz ist doch stark.

Ohne Zweifel: Mr. Elbowz Ben Spies ist die Überraschung der Saison., Foto: WorldSBK
Ohne Zweifel: Mr. Elbowz Ben Spies ist die Überraschung der Saison., Foto: WorldSBK

Dass Noriyuki Haga jetzt an der Spitze der Tabelle steht, könnte man als "erwartungsgemäß" bezeichnen. Zumindest waren das die Erwartungen des italienischen Ducati-Werkes, als klar wurde, dass der Japaner als Ersatz für Troy Bayliss in die Xerox-Mannschaft kommt. Haga sollte unmissverständlich den Titel für die Roten holen. Seit 1998 versucht er Weltmeister zu werden. Momentan sieht es ganz gut für ihn aus. Er konnte trotz der Verletzungen vom Donington-Sturz in Brünn seine WM-Führung behaupten. Wenn auch nur um sieben Zähler. Doch die noch ausstehenden Pisten liegen Haga. Dennoch bleibt der Tipp, dass die Krone erst im letzten Rennen in Portimao vergeben wird. Spies wird nicht locker lassen.

Michel Fabrizio ist zwar noch ganz gut unterwegs. Aber es wurde etwas mehr von ihm erwartet., Foto: Ducati
Michel Fabrizio ist zwar noch ganz gut unterwegs. Aber es wurde etwas mehr von ihm erwartet., Foto: Ducati

Etwas abgeschlagen liegt Michel Fabrizio. Der Italiener hat seinerseits ebenfall noch WM-Chancen, liegt 53 Punkte hinter seinem Teamkollegen Haga. Zwölf Podestplätze in 20 Rennen können sich durchaus sehen lassen. Aber es war bisher nur ein Sieg, bei seinem Heimrennen in Monza dabei, als dem Führenden Ben Spies in der letzten Kurve, letzte Runde, der Sprit ausging. Von daher muss man klar sagen, dass von Fabrizio etwas mehr kommen hätte müssen. Denn er selbst hatte sich zum Anfang der Saison, als Haga noch Anpassungsschwierigkeiten mit der Ducati hatte, mehr zum Bayliss-Nachfolger erklärt als den Japaner. Er ist zwar noch nicht aus dem Rennen, aber es ist zu bezweifeln, dass Haga UND Spies bei den letzten acht Läufen patzen werden.

Pechvogel Neukirchner

So viel Pech wie Max Neukirchner dieses Jahr kann man eigentlich gar nicht haben., Foto: Alstare
So viel Pech wie Max Neukirchner dieses Jahr kann man eigentlich gar nicht haben., Foto: Alstare

Der Pechvogel der Saison ist ganz klar Max Neukirchner. Der Stollberger wurde beim Mega-Startcrash in Monza abgeschossen, verletzte sich schwer. Nach monatelanger Pause wollte er in Brünn wieder am Start stehen. Stattdessen stürzte er bei dem eine Woche zuvor stattfindenden Test in Imola erneut und - verletzte sich erneut. Sein Mut ist dennoch ungebrochen. Neukirchner will noch dieses Jahr auf das Motorrad zurückkehren und nächstes Jahr zum großen Schlag ausholen. Die Szene, Fans, seine Freunde und die Fachwelt sind sich aber einig: So viel Pech kann man eigentlich gar nicht haben.

Enttäuschungen und Flops

Zu den Enttäuschungen der Saison zählen einige Fahrer und sicher auch Teams. Allen voran der Brite Shane Byrne. Nach den sensationellen Testergebnissen stand der Ducati-Pilot ganz oben auf der Favoritenliste für den Titel. Stattdessen dümpelt er auf Rang neun der WM-Tabelle rum, hat 192 Zähler Rückstand auf Haga. Platz zwei im Flag-to-Flag Rennen von Misano ist das bisher beste Ergebnis der Saison und der einzige Podestplatz.

Kiyonari und Checa zählen zu den großen Enttäuschungen der Saison., Foto: Honda
Kiyonari und Checa zählen zu den großen Enttäuschungen der Saison., Foto: Honda

Enttäuschend ist auch die Gesamtleistung des Ten Kate-Teams mit Ausnahme des Rookies Jonathan Rea. Der liegt in seiner ersten Superbike WM-Saison auf dem vierten Gesamtrang, hat vier Podestplätze eingefahren, darunter ein Sieg. Sensationelle Leistung! Sein Teamkollege Carlos Checa, der dieses Jahr den WM-Titel für das Team aus den Niederlanden holen sollte, steht da klar im Schatten, stand nur zwei Mal als Zweiter auf dem Podest. Der derzeitige Gesamtrang acht dürfte dem Spanier nur wenig helfen, wenn er nächstes Jahr noch weiter fahren möchte. Auch Ryuichi Kiyonari enttäuschte diese Saison, fuhr zu unbeständig.

Neu- und Wiedereinsteiger

Die Neu- und Wiedereinsteiger BMW und Aprilia schlugen sich bisher sehr beachtlich. Max Biaggi schenkte seinen italienischen Landsleuten in Brünn den ersten Sieg der neuen Aprilia RSV4, mischte fast immer vorne mit. Teamkollege Shinya Nakano kam aber über einen vierten Rang noch nicht hinaus. Für den Japaner war dieses Jahr vieles neu: die Superbike-Szene als solches, viele Strecken und das Motorrad selbst sowieso. Aber Nakano war auch in seinen letzten MotoGP-Jahren oftmals Bisslos. In der Superbike Weltmeisterschaft hatte man dieses Jahr nur selten den Eindruck, als entwickele er den nötigen Ehrgeiz um ganz vorne zu sein. Ob er nächstes Jahr noch eine Chance bekommt, steht in den Sternen. Der große Überflieger wird er aber wohl nicht mehr.

Corser und Xaus entwickeln die BMW langsam aber sicher zur Waffe., Foto: WorldSBK
Corser und Xaus entwickeln die BMW langsam aber sicher zur Waffe., Foto: WorldSBK

BMW ist im Aufwärtstrend. Die Entwicklungsfahrer Troy Corser und Ruben Xaus machen einen sehr guten Job und treiben das bayerische Projekt immer weiter voran. Es hat sicher keiner Podestplätze vom Australier und Spanier erwartet. Im Laufe der Saison waren aber klare Leistungssteigerungen zu verzeichnen. Und Corser hat schon geäußert, dass er daran glaubt, dass noch dieses Jahr Podestplätze mit der BMW S1000RR möglich seien. Nächste Saison sollte dann sicher um einiges besser werden, was die Resultate angeht. Denn dann hat man wertvolle Renndaten, auf die man zurückgreifen kann und nicht mehr auf jeder Piste von Null beginnen muss.