Gott sei Dank kommt es nicht mehr so häufig vor, dass ich eine Rennstrecke nicht kenne. Denn das perfekte Erlernen eines Kurses ist gar nicht so einfach. Der beste Weg ist es, wenn man vor dem Rennwochenende auf der Strecke testen kann - das bringt mehr als alles andere. Auf einem Stadtkurs wie dem Norisring ist das nicht möglich, deshalb musste ich mich dort anderer Hilfsmittel bedienen.

Im Cockpit spielen Streckenskizzen keine große Rolle mehr., Foto: Speed Academy
Im Cockpit spielen Streckenskizzen keine große Rolle mehr., Foto: Speed Academy

Es gibt zwar die Möglichkeit, die Strecke über ein DTM-Computerspiel abzufahren, aber ich habe mir vor allem Infos über das Internet besorgt und dort Streckenbeschreibungen gelesen. Vom reinen Streckenplan selbst kann man nicht sehr viel lernen. Das einzige was er einem verrät, ist, wie viele Kurven es gibt und ob links oder rechts herum geht - das war's dann auch schon. Deswegen sind Streckenbeschreibungen eine größere Hilfe. Aus ihnen kann man herauslesen, an welchen Stellen man aufpassen muss, zum Beispiel weil dort starke Bodenwellen sind. Auf diese Weise kann ich mich ein bisschen auf die Streckenbedingungen einstellen.

Die wichtigste Lernhilfe ist jedoch der Streckenrundgang. Am Donnerstagabend haben wir die Möglichkeit, eine Stunde lang über die Strecke zu gehen. In Nürnberg bin ich beispielsweise drei Runden herumgelaufen, habe mir die Kurven und kritischen Stellen angeschaut. Dabei achte ich vor allem darauf, wo sich der Streckenbelag ändert, wie die Kerbs beschaffen sind und wie hoch sie sind - kann man getrost über die Kerbs rumpeln oder sollte man sie besser meiden? Am Norisring ist der Teerbelag in der Anbremszone zur Dutzendteichkehre sehr wellig, solche Dinge verraten einem nur die eigenen Augen vor Ort und keine dünnen Linien auf Streckenskizzen. Trotzdem kann nichts das Gefühl beim Fahren ersetzen. Beim Ablaufen der Strecke kann man schon sehr viel erkennen, aber im Auto geht alles viel schneller und sind die Eindrücke auch wirklich korrekt.

Einmal herumgelaufen - Zeit, herumzufahren., Foto: Steffi Halm
Einmal herumgelaufen - Zeit, herumzufahren., Foto: Steffi Halm

Sobald ich im Auto sitze, geht das Lernen der Strecke ruckzuck. Schon nach der ersten halbe Stunde im Freien Training war ich in Nürnberg mit der Strecke im Reinen. Das lag sicher daran, dass der Kurs nicht besonders viele Kurven hat, aber das bedeutet noch lange nicht, dass er einfach ist. Besonders an die vielen Bodenwellen musste ich mich erst gewöhnen. In diesem Ausmaß kenne ich das von "echten" Rennstrecken nicht. Es war neu für mich, dass eine Strecke so uneben sein kann, und dass ich während der Fahrt nur Leitplanken und Mauern sehe.

Auf den ersten drei, vier Runden habe ich es gemächlich angehen lassen, um mir noch einmal alles anzusehen. Es könnte ja sein, dass ich beim Rundgang etwas anders wahrgenommen oder falsch eingeschätzt habe. Aber mit jeder Runde wurden meine Zeiten schneller. Es langsam angehen zu lassen, bedeutet ja nicht, dass ich auf der Geraden nicht Vollgas gebe. Es heißt nur, dass ich früher bremse, langsamer in die Kurve fahre und ein bisschen später auf das Gas gehe - so taste ich mich auf einer unbekannten Strecke an das Limit heran und habe jederzeit einen kleinen Puffer, um nicht auf den ersten Runden in der Leitplanke zu landen.

Die Wahl der Gänge und die Kurvengeschwindigkeiten stimmen meist schon nach fünf Minuten. Dabei ist es eine große Hilfe, dass ich mir vorher die Daten des Teams aus dem letzten Jahr ansehen kann. Dadurch kann ich mich auf der Strecke früh darauf konzentrieren, die beste Linie zu finden. Wenn man sich richtig vorbereitet, ist das Lernen einer neuen Strecke also gar nicht so schlimm - und das Fahren macht ohnehin überall Spaß.