Nach einigen chaotischen Rennen lief für Nicki Thiim diesmal alles glatt. Der Sohn des ehemaligen DTM-Champions Kurt Thiim zählte am Saisonbeginn zu den Titelfavoriten, doch vom Sieg auf seiner Lieblingsrennstrecke in der Lausitz abgesehen, gab es reichlich Pech und Pannen bei dem temperamentvollen jungen Dänen. Nach dem gestrigen zweiten Platz ließ der 23-Jährige nun den sauberen Sieg folgen, der ihn in der Tabelle zwar einen Platz nach vorne bringt – doch der fünfte Gesamtrang vor den letzten sechs Saisonläufen war nicht unbedingt das, was Thiim sich gewünscht hatte.

Lange Zeit sah Jaap van Lagen (FE Racing by Land-Motorsport) wie der sichere Zweite aus. Vom zweiten Startplatz aus war der Niederländer ebenfalls gut ins Rennen gekommen und hielt auch den Angriffen des heranstürmenden René Rast stand – bis ein geplatzter Reifen ihn aus dem Rennen warf. So erbte der Tabellenführer und viermalige Saisonsieger zunächst Rang zwei. Doch in der Schlussphase schaffte ausgerechnet sein Teamkollege, den coolen Rast aus der Ruhe zu bringen. Sean Edwards, im Samstagsrennen Vierter, war nur als Siebter gestartet. Nach seinem Rempler an Jaap van Lagen in der letzten Kurve des gestrigen Laufs versetzte ihn die Rennleitung um fünf Startplätze zurück – und damit stand der Brite beim Start wieder hinter seinem deutschen Widersacher. Heute jedoch machte Edwards alles richtig. Mit cleveren und fairen Überholmanövern eroberte er Position um Position, konnte schließlich sogar Rast unter Druck setzen – und holte sich in der letzten Rennrunde verdient den zweiten Rang.

Auch Nicolas Armindo, der bei seinem erst zweiten Carrera-Cup-Einsatz in diesem Jahr Vierter wurde, musste sich Edwards geschlagen geben. Der Carrera-Cup-Champion der Saison 2010 freute sich über die gute Platzierung und die wertvollen Punkte für seine Meistermannschaft Attempto Racing. Hinter dem Franzosen fuhr Philipp Eng nach einem außergewöhnlich starken Rennen als Fünfter ins Ziel. Der Österreicher vom Team MRS GT-Racing kämpfte gegen die Meute hinter ihm wie der sprichwörtliche Löwe und lieferte dabei unter anderem eine Aufsehen erregende Einlage: Wegen eines Schubsers geriet er auf die Wiese, fuhr dort mit hoher Geschwindigkeit weiter und sortierte sich nach etwa 200 Metern wieder vor seinen Verfolgern auf der Strecke ein. Nach dem achten Platz im Samstagslauf jubelte Philipp Frommenwiler heute über Platz sechs. Der Schweizer von Attempto Racing hat sich in seinem zweiten Carrera-Cup-Jahr als sichere Bank für Top-Ten-Plätze etabliert.

Ein sensationelles Rennen fuhr Klaus Bachler. Rang sieben spiegelt die Leistung des Österreichers nur sehr unzureichend wieder. Für den Porsche-Junior, der für das Team Deutsche Post by tolimit startet, sah es zunächst ganz bitter aus: Von der Einführungsrunde fuhr Bachler an die Box statt auf seinen achten Startplatz. Ein Steinchen hatte sich zwischen Bremssattel und Felge festgesetzt. Nachdem das Team es beseitigt hatte, fuhr der 21-Jährige wie entfesselt dem Feld hinterher und bis auf Rang sieben vor. Der zweite Porsche-Junior, gestern noch Fünfter, erwischte heute einen schlechten Tag. Vom sechsten Startplatz aus kam Michael Christensen ganz gut weg, verlor dann aber in der zweiten Runde zwei Plätze. Der Däne von Konrad Motorsport war schließlich Teil einer Kampfgruppe, die sich hinter Philipp Eng festgebissen hatte. Christensen fuhr als Achter ins Ziel, wurde aber nur als 16. gewertet: Er bekam 30 Strafsekunden, weil die Rennleitung der Ansicht war, dass er den Ausrutscher von Eng zu verantworten hätte.

Als Achter wurde Routinier Norbert Siedler (Österreich, Konrad Motorsport) abgewinkt, der früh im Rennen seinen Frontsplitter verloren hatte und daher mit stumpfen Waffen kämpfte. Für die beiden, die hinter ihm ins Ziel fuhren, war der Sonntagslauf dagegen schlicht das absolute Highlight ihrer Carrera-Cup-Geschichte: Die Amateure Christina Nielsen (Dänemark, Farnbacher ESET Racing) und Bill Barazetti (Esslingen, MRS GT-Racing) feierten das mit Abstand beste Resultat ihrer ersten Saison mit dem 450 PS starken Porsche 911 GT3 Cup.

Nicki Thiim (Sieger): "Das war ein gigantisches Wochenende, absolut perfekt für mich und das Team. Wir hatten schon vom ersten Training an einen sehr guten Speed und haben uns immer weiter nach vorne entwickelt. Mein Ingenieur und ich haben zusammen einen guten Job gemacht. Mein Elfer lag einfach super. Jetzt stehen wir da, wo wir schon länger stehen sollten. Ich hoffe, dass es so weitergeht."

Sean Edwards (Zweiter): "Meine Strafe, fünf Startplätze zurückversetzt zu werden, fand ich etwas übertrieben. Aber ich hatte mit einem frischen Reifensatz heute ein perfektes Auto, mit dem ich vom siebten Startplatz aus bis auf Rang zwei fahren konnte. Alle Duelle waren absolut fair und sauber, auch der mit René am Ende. Es sind noch sechs Rennen, daher ist für mich noch alles möglich im Titelkampf."

René Rast (Dritter): "Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis, denn ich bin immer noch Tabellenführer mit 15 Punkten Vorsprung. Das war mein Ziel. In der Rennmitte hat mich Jaap ein bisschen aufgehalten, dadurch ist Sean herangekommen. Ich habe mir zwei Bremsplatten eingefangen und konnte daher nicht mehr so schnell fahren. Gegen Sean als Teamkollegen wollte ich auch nicht so hart dagegenhalten, also kam er vorbei."

Klaus Bachler (Porsche-Junior, Siebter): "Das war ein tolles Rennen. In der Einführungsrunde habe ich gemerkt, dass was nicht stimmt und dachte schon, es ist gleich zu Ende. Aber nachdem der Stein beseitigt war, hat es sehr großen Spaß gemacht, das Feld von hinten aufzurollen. Da noch Siebter zu werden, ist einfach super."

Michael Christensen (Porsche-Junior, 16.): "Das war heute vom Resultat her das schlechteste Rennen der Saison. Ich blieb hinter Philipp Eng hängen. Ich habe echt gepusht, aber der hat seinen Platz mit allen Mitteln verteidigt. In meinen Augen nicht immer ganz fair, aber das gehört halt auch zum Motorsport. Ich hatte eigentlich den Speed, aber das Rennen ist einfach ganz anders gelaufen, als ich es wollte."

Timo Bernhard (Porsche-Werksfahrer, Junior-Coach): "Die Jungs haben am Wochenende insgesamt einen guten Job gemacht. Gestern ist Michael ein tolles Rennen gefahren, heute Klaus. Der war dafür gestern in ein paar Situationen verwickelt, aus denen er gelernt hat. Und heute ging es Michael so. Die beiden zeigen eine steile Lernkurve und nehmen Hilfestellung wirklich gut an. Mir hat mein Aushilfsjob als Junior-Coach großen Spaß gemacht."