Milliarden-Industrie Formel 1. Zweistellige Millionensummen wechseln den Besitzer, damit sich einer der hoffnungsvollen Nachwuchspiloten in der Königsklasse des Formelsports beweisen kann. Und eine Saison später sein Cockpit vielleicht an den nächsten zahlungskräftigen Piloten abtreten muss. Längst hat sich die F1 zu einer eigenen, kleinen Welt gebildet, in der Summen fließen, die für den menschlichen Verstand oft nur schwer nachvollziehbar sind. Ein Platz in der Formel 1 für 20 Millionen Euro ist heutzutage keine Seltenheit mehr. Der ungeliebte Begriff des Bezahlfahrers hat sich etabliert.

Nun könnte man meinen, dass ausschließlich in der F1 Unsummen auf den Tisch gelegt werden, um im Reigen der Großen mitzumischen. Dass auch in den unteren Klassen bereits Millionen vonnöten sind, ist vielen nicht bewusst. Im Rahmen seiner großen Talente-Serie verschafft Motorsport-Magazin.com einen Überblick der Summen, die aufgewendet werden müssen, um den Traum von der F1 überhaupt am Leben zu erhalten.

Allgemein gilt die GP2 als Sprungbrett in die Formel 1. 2005 löste sie die internationale Formel 3000 ab und brachte seitdem eine Vielzahl künftiger F1-Piloten hervor. Nico Rosberg, Lewis Hamilton und Nico Hülkenberg sind nur einige Beispiele. Zur Saison 2013 stiegen gar fünf Piloten aus der GP2 als Einsatz- oder Testfahrer in die Formel 1 auf. Doch schon auf dem Vorhof der Königsklasse geht es um Millionen: Für ein Jahr in der GP2 muss ein Fahrer zwischen 1,5 und 2 Millionen Euro aufbringen. Doch während früher maximal zwei Jahre reichten, um den Aufstieg zu schaffen, haben sich die Zeiten inzwischen geändert.

Nico Rosberg wurde 2005 in seinem Rookie-Jahr GP2-Meister, Foto: Sutton
Nico Rosberg wurde 2005 in seinem Rookie-Jahr GP2-Meister, Foto: Sutton

Davide Valsecchi, amtierender GP2-Champion, fuhr seit der Saison 2008 in der Serie. In seiner fünften Saison gewann der 26-Jährige den Titel und stieg zum Ersatzmann bei Lotus auf. Für diesen Schritt musste der junge Mann in den vergangenen Jahren allein etwa acht Millionen Euro auftreiben. Warteschlange GP2: Jeder will den Sprung in die F1 schaffen, doch die Cockpits sind seit einigen Jahren arg begrenzt und der Schritt zurück kommt für viele nicht infrage. Es ist keine Seltenheit mehr, mehrere Jahre in der GP2 zu verweilen, zu hoffen, dass die Sponsoren weiter zahlen und sich irgendwann die Tür zur Formel 1 öffnet.

Schon in jungen Jahren ist den Nachwuchsfahrern bewusst, welche immense Rolle der Faktor Geld spielt. Lange vorbei sind die romantischen Zeiten, als vor allem das Talent ausschlaggebend war. "Wenn ein Pilot aus Venezuela von Sponsoren 30 Millionen bekommt, hat er im ersten Moment natürlich glänzende Karten. Als Fahrer muss man lernen, damit umzugehen und das auf andere Art und Weise zu kompensieren. Wenn es ohne das Geld nicht geht, geht es halt nicht", macht sich etwa Daniel Abt im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com keine Illusionen.

Der Shootingstar wählte vor zwei Jahren den riskanten Weg, von der Formel 3 Euro Serie in die 2010 gegründete GP3 aufzusteigen. Eine Serie, die wie die GP2, von Bruno Michel organisiert wird. Etwa eine Million Euro ist nötig, um hier ein Jahr lang fahren zu dürfen. Es gibt viele Befürworter, jedoch auch zahlreiche Kritiker der Serie. Zu Zweiteren gehört Peter Mücke. Der langjährige Teamchef startete 2010 und 2011 selbst mit Mücke Motorsport in der GP3. Ein Engagement, das als Alternative zur damals schwächelnden Formel 3 Euro Serie gedacht war. "Ich muss leider sagen, dass die GP3 für mich nicht mehr als eine Warteschleife ist", so Mücke gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Wenn ein Fahrer zwei bis drei Jahre Erfahrungen in der Formel 3 sammelt, kann er sofort in jeder anderen Kategorie antreten. Wenn ich sehe, dass es in der GP2 Fahrer gibt, die dort vier, fünf Jahre unterwegs sind, frage ich mich, was das soll."

In früheren Zeiten galt die Formel 3 als klassische Vorstufe zur Formel 1, hier erlernten die Talente das nötige Rüstzeug für den weiteren Karriereweg. Prominente Beispiele früherer F3-Piloten, die es später in die F1 schafften: Sebastian Vettel, Lewis Hamilton und Nico Hülkenberg. Seit 2003 gab es die Formel 3 Euro Serie, ein Zusammenschluss aus deutscher und französischer Formel-3-Meisterschaft. Die Piloten, meist im Alter zwischen 18 und 20 Jahren, bekamen hier oft zum ersten Mal aufgezeigt, wie teuer Formelsport ist. Zwischen 500.000 und 800.000 Euro kostete eine Saison in der F3 Euro Serie, die für 2013 zur Formel 3 Europameisterschaft umfunktioniert wird.

Vettel, Hamilton, Di Resta 2005 in der F3 Euro Serie, Foto: Mercedes
Vettel, Hamilton, Di Resta 2005 in der F3 Euro Serie, Foto: Mercedes

Wer in der Euro Serie auf sich aufmerksam machte, hatte - zahlungskräftige Geldgeber vorausgesetzt - gute Chancen auf einen Platz in der GP3 oder sogar GP3. Eine Alternative bietet die World Series by Renault, die seit 2005 ihren Namen trägt. Die Top-Klasse Formel Renault 3.5, hat sich inzwischen auf ein Niveau nahe der GP2 gemausert und bietet ebenfalls die Möglichkeit, direkt in die Formel 1 aufzusteigen. Die Serie ist vor allem beliebt, weil sie einiges kostengünstiger ist als die GP2: Ein Jahr in der 3.5-Liter-Klasse verschlingt etwa eine Million Euro. Ihre Unterkategorie, die Formel Renault 2.0, schlägt mit etwa 300.000 Euro zu Buche. Ein Gesamtsieg in dieser Klasse lohnt sich: Renault zahlt 500.000 Euro Fördergeld für den Aufstieg in die Formel Renault 3.5.

Auf diesem Wege schaffte es Robin Frijns als Testfahrer für Sauber in die Formel 1. Der hochtalentierte Niederländer konnte ausschließlich wegen seines Triumphes in der 2-Liter-Klasse die nächste Stufe auf der Karriereleiter erklimmen und siegte im Folgejahr auch in der Formel Renault 3.5. Für ein Stammcockpit in der F1 konnte er allerdings bei weitem nicht genügend Geld auftreiben und muss sich erst einmal mit einem Platz auf der Reservebank zufrieden geben.

Robin Frijns 2010 in der Formel BMW für Kaufmann Racing, Foto: BMW AG
Robin Frijns 2010 in der Formel BMW für Kaufmann Racing, Foto: BMW AG

Aus deutscher Sicht war die Formel BMW ADAC zwischen 2002 und 2007 (ab 2005 als Formel BMW Deutschland) der Klassiker für den Einstieg in den Formelsport. Der Münchner Hersteller gastierte mit seiner eigenen Serie sogar im Rahmen der Formel 1, was die Angelegenheit jedoch nicht erschwinglicher bereitete: Etwa 200.000 Euro mussten die meist 15-jährigen Fahrer aufbringen. "Das sind gewaltige Summen und wir sprechen hier von einem Sport für Kinder", sagt Kevin Mirocha, selbst früher von Red Bull gefördert in der BMW-Serie aktiv.

Legitimer Nachfolger der Serie ist das ADAC Formel Masters, mit etwas mehr als 100.000 Euro jährlichen Kosten vergleichsweise günstig. Es wird klar: Wer sich in jungen Jahren eine Karriere in der Formel 1 erträumt, muss nicht nur viel Talent, sondern vor allem einen prall gefüllten Geldbeutel und zahlungswillige Sponsoren mitbringen.