Seit ein paar Monaten poppt ein Thema im GT-Sport immer mal wieder nach oben: die GT-Konvergenzgespräche. Bisher haben wir bei Motorsport-Magazin.com nur am Rande darüber berichtet, doch da die großen Instanzen des GT-Sports nach 2013 und 2014 nun wieder fleißig um die Zukunft desselben verhandeln, möchten wir nachfolgend in aller Übersicht die wichtigsten Fragen zum Thema beantworten.

Worum geht's in den neuen GT-Konvergenzgesprächen?

Im Wesentlichen geht's wie schon bei früheren Gesprächen darum, für die beiden weltweit aktiven GT-Klassen GTE und GT3 ein gemeinsames Reglement zu finden, also eine technische Basis, von der sich zwei ähnliche, aber nicht gänzlich gleiche GT-Autos ableiten lassen – eines für den Kundensport und eines für den Werkssport. Wie genau die Trennung zwischen Kunden- und Werkssport erfolgen soll, das ist das zweite große Thema der Gespräche. Ebenfalls auf der Agenda: die BoP (Balance of Performance). Ziel ist es hier, den Einfluss des umstrittenen Systems zur Leistungsangleichung zu verringern, und zwar bei Erhalt der gegenwärtigen Konzeptvielfalt im GT-Sport (Sauger und Turbos als Front-, Mittel- und Heckmotoren). Sollte es zu einer Einigung kommen, würde ein neues GT-Reglement frühestens 2019 in Kraft treten.

Wie gestaltet sich der Status quo im GT-Sport?

Derzeit stehen sich mit GTE und GT3 zwei völlig unterschiedliche Motorsport-Philosophien gegenüber – zumindest in der Theorie. Die GTE-Autos werden klassischerweise nach einem technischen Reglement gebaut, während es bei den GT3-Fahrzeugen fast gar keine Konstruktionsvorgaben gibt, denn diese werden einander nachträglich mittels BoP angeglichen. Wie zum Beispiel in der Formel 1 sollte das technische Reglement in der GTE gewährleisten, dass die Autos auch ohne nachträgliche Angleichung ähnlich schnell sind, doch da das aktuelle GTE-Reglement dies nicht zu leisten vermag – und zwar trotz diverser technischer Sondergenehmigungen –, wurde auch im GT-Werkssport eine BoP eingeführt. Hinzu kommt, dass die GT3-Fahrzeuge allesamt von der FIA homologiert werden, was bedeutet, dass die technischen Freiheiten dieser Klasse letztlich nur relativ sind. All das will sagen: GTE und GT3 laufen so ziemlich auf dasselbe hinaus, weshalb die Hersteller die Koexistenz der beiden Klassen als widersinnig betrachten.

In den USA schon im direkten Vergleich: GT3- und GTE-Boliden in der IMSA-Serie, Foto: Porsche
In den USA schon im direkten Vergleich: GT3- und GTE-Boliden in der IMSA-Serie, Foto: Porsche

Wer ist an den Gesprächen beteiligt?

Zuallererst natürlich die Hersteller, denn die sind aus finanziellen Gründen am meisten an einer Vereinheitlichung interessiert. An zweiter Stelle ist Christian Schacht zu nennen: Der Deutsche ist der oberste GT-Funktionär der FIA und gilt als aufgeschlossen gegenüber den Herstellern, weshalb Szenekenner munkeln, es gehe auf ihn zurück, dass private Konstrukteure von den Gesprächen ausgeschlossen worden sind. Drittens und viertens mit am Tisch: die Promoter ACO (Le Mans) und SRO (GT3). Da die FIA zur Austragung der Langstrecken-WM WEC mit dem ACO kooperiert, dürften diese beiden Verbände in ihren Ansichten weitgehend konform gehen. Von der SRO hingegen könnten die Gespräche gebremst werden, denn Stéphane Ratel dürfte wegen des großen Erfolges seiner GT3-Formel nur bedingt Interesse haben an einer globalen Neuausrichtung des GT-Sports.

Warum scheiterten frühere Konvergenzgespräche?

Gespräche über die Vereinheitlichung der GT-Klassen haben schon fast Tradition – die letzten scheiterten 2014, als man sich schon so gut wie einig war. Sargnägel der damaligen Verhandlungen: die sogenannten sonischen Restriktoren. Einige Hersteller wollten zum Leistungsausgleich der verschiedenen Motoren weiter die althergebrachten Luftmengenbegrenzer verwenden, während die FIA mit Blick auf moderne Turbotechnik auf eine drehmomentbasierte Lösung pochte. Zwei Jahre später dürfte es an diesem Punkt aber nicht mehr scheitern, denn heute werden die Turbotriebwerke nicht mehr mit Luftmengenbegrenzern kontrolliert, sondern elektronisch, genauer gesagt über fest definierte Verhältnisse zwischen Drehzahl und Ladedruck. Obendrein wäre eine Drehmomentmessung ähnlich der damals von der FIA vorgeschlagenen in Bälde einsatzreif, womit ein präziser Leistungsausgleich durchaus gewährleistet werden könnte.

Sauger gegen Turbo, Heckmotor gegen Mittelmotor gegen Frontmotor: Es gibt viele Variablen im GT-Sport, Foto: Porsche
Sauger gegen Turbo, Heckmotor gegen Mittelmotor gegen Frontmotor: Es gibt viele Variablen im GT-Sport, Foto: Porsche

Ein paar wenige Ideen aus den vergangenen Gesprächen wurden aber dennoch in die Praxis umgesetzt: Ferrari beispielsweise baut die GTE- sowie die GT3-Version des 488 auf ein und derselben Basis. Die zwei Renner unterscheiden sich abgesehen vom Diffusor nur in Details. Als traditionsbeschwerte Edelmarke können sich die Italiener dies natürlich erlauben; die meisten anderen Hersteller dagegen fürchteten erhöhte Kosten für die Kundschaft und verzichteten daher bei ihren neusten GT-Autos auf diese Lösung.

Ebenfalls umgesetzt wurde eine Absprache zu den Performance-Fenstern, in denen sich die Fahrzeuge beider Klassen befinden sollen. Dazu werden die Verhältnisse der folgenden Faktoren berücksichtigt: Abtrieb bei Luftwiederstand, maximale Leistung und Luftwiderstand sowie durchschnittliche Leistung und Gewicht.

Steht mit den Konvergenzgesprächen eine neue GT-WM in Aussicht?

Jein. Die FIA hätte zwar gerne eine neue GT-WM, und tatsächlich hat erst die Idee dazu die Konvergenzgespräche wieder ins Rollen gebracht, doch die Hersteller wünschen erst mal Klarheit beim Reglement. Wenn man die Trennung zwischen GTE und GT3 überwunden habe, dann könne man auch wieder über Titel und Pokale reden – so ungefähr der Tenor. Und sicher ist, dass eine neue GT-WM auf das Wohlwollen der Hersteller angewiesen wäre, denn erstens könnten private Rennställe die Kosten nicht tragen, zweitens besteht mit der Langstrecken-WM bereits eine teure Spielwiese für GT-Hersteller, und drittens forciert mit der Intercontinental GT Challenge nun auch Ratel wieder ein WM-ähnliches Format – Werke willkommen! Ferner spricht gegen einen neue Weltmeisterschaft, dass wohl nur wenige der werksverbundenen GT-Teams überhaupt Kapazitäten frei hätten für eine Teilnahme – zumindest bei erfolgreichem Fortbestehen der WEC und der Ratel-Serien.