Der rennentscheidende Crash zwischen Raffaele Marciello (Toro-Racing-BMW) und Antonio Fuoco (AF-Corse-Ferrari) in der vorletzten Runde des Macau GT World Cup 2024 sorgt für rege Diskussionen. Zwischen den beiden Sieganwärtern knallte es auf dem Weg in die berüchtigte Lisboa-Kurve. Marciello erwischte den Ferrari 296 GT3 bei der Anfahrt am Heck, sodass beide Fahrer in die Auslaufzone rutschten statt die enge Rechtskurve zu kriegen.
Der Lachende Dritte dieses Vorfalls war Maro Engel (GruppeM-Mercedes), der in der vorletzten der 16 Runden die Führung erbte und seinen vierten Sieg in Macau nach 2014, 2015 und 2022 - trotz einer diskutablen Strafe - nach Hause fuhr. Fuoco konnte die Fahrt fortsetzen, landete aber auf dem enttäuschenden neunten Platz. Für Marciello, den Macau-Sieger von 2019 und 2023 mit Mercedes, war das Rennen bei seinem Debüt im BMW M4 GT3 vorzeitig beendet.
Marciello gegen Fuoco in Macau: Wer ist schuld?
Die Rennleitung sparte es sich, Strafen im Fall Marciello/Fuoco auszusprechen. Beide Fahrer erschienen durch die Kollision ohnehin ausreichend 'gestraft'. Es bleibt aber die Frage: Gibt es einen Schuldigen? Für Fuoco, der zum ersten Mal seit 2014 (Formel 3) nach Macau zurückgekehrt war und trotz seiner mangelnden Erfahrung im GT3-Ferrari eine starke Leistung am Wochenende ablieferte, war die Angelegenheit eindeutig.
Gegenüber Autosport sprach der amtierende Le-Mans-Sieger von einem "dreckigen Manöver" seitens Marciello. Fuoco überholte den BMW-Piloten in der R-Bend-Kurve, an der gleichen Stelle, wo er zuvor bereits Dries Vanthoor (BMW) für Platz zwei kassiert hatte. Marciello saugte sich mit seinem Topspeed-starken BMW an Vordermann Fuoco heran und fuhr ihm schließlich in den Kofferraum, als dieser auf der Bremse die Innenseite zum Kurveneingang zumachen wollte.
"Er hat mich berührt, sonst hätte ich die Kurve bekommen", war Fuoco überzeugt. "Er hat mich am Heck getroffen und konnte sein Auto noch nicht mal stoppen. Man kann sich also vorstellen, an welcher Stelle er gebremst hat. Unser Auto war toll, wir waren sehr schnell - mehr gibt es nicht zu sagen."
Marciello wirft Fuoco 'Moving under Braking' vor
Marciello räumte ein, "spät dran" gewesen zu sein, bewertete die Gesamtsituation aber wenig überraschend anders. "Er hat beim Bremsvorgang die Linie gewechselt, und dann hatte ich keinen Platz mehr", warf der Italo-Schweizer seinem Unfallgegner das stets heiß diskutierte 'Moving under Braking' vor. Auf der Plattform X, ehemals Twitter, veröffentlichte Marciello dazu eine Onboard-Aufnahme aus seinem BMW, die Fuocos Fehlverhalten zeigen soll.
Tatsächlich ist auf den Bildern zu sehen, wie Fuoco erst leicht nach rechts 'zuckt', als Marciello mit überschüssiger Geschwindigkeit in Richtung Innenbahn heranrauscht. Der Ferrari-Pilot lenkt dann noch ein zweites Mal ein, um die Türe zuzumachen. Ob Marciello auf der nassen Piste so spät die Kurve überhaupt bekommen hätte, ist unklar und dürfte das Fahrerlager noch eine Weile beschäftigen.
Auch Marciellos BMW-Markenkollege Dries Vanthoor und dessen Bruder Laurens waren unsicher, ob es hier einen eindeutig Schuldigen gab. "Lello (Marciello) hat zu spät gebremst, die Kurve hätte er nie bekommen", meinte Dries im gemeinsamen Podcast der Vanthoor-Brüder. "Antonio war rechts, aber er hat die Türe zugemacht, als er gesehen hat, das Lello kommt. Moving under Braking ist nicht erlaubt. Das Manöver half nicht, denn dann geht das Auto noch mehr ins ABS und du bist Passagier. Der Ferrari war schneller und Lello hätte so eine Chance nicht noch mal bekommen."
BMW in Macau: Gemischte Gefühle trotz Doppelpodium
BMW verlor den nächsten GT3-Sieg in Macau nach 2018 (Augusto Farfus im Schnitzer-BMW) nach der Marciello/Fuoco-Situation und einer vorangegangenen Kollision zwischen Dries Vanthoor und Maro Engel quasi doppelt. Die Münchner konnten sich immerhin mit einem doppelten Podesterfolg durch den Brasilianer Farfus sowie Sheldon van der Linde auf den Plätzen zwei und drei trösten.
"Natürlich ist es ein schönes Ergebnis, zwei Autos auf dem Podium zu haben", sagte BMW-Motorsportchef Andreas Roos. "Aber wenn man hier antritt, will man das Rennen gewinnen. Und ich glaube, wir hatten mitunter das stärkste Aufgebot, aber nicht die Chance auf den Sieg."
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